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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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will sich von der schroffen Antwort nicht entmutigen lassen.
    »Nein, ich meine am Knutstag vor zwei Jahren. Als du mit den anderen Mädchen bei uns geklingelt und gesungen hast. Wer war da noch dabei? Zumindest die Fanny mit ihrer Geige. Die anderen Mädchen sind dann gegangen, aber du bist hiergeblieben. Hast da unter dem Bild mit dem Engel gesessen, so wie jetzt.«
    »Kann schon sein, dass ich geblieben bin. Aber ist es nicht ein bisschen unbarmherzig, mich daran zu erinnern?«
    »Wieso? Ich hab das Bild betrachtet und dich und mir gedacht …«
    »Das Engelbild von der verstorbenen Seelia.«
    »Hä?«
    »Deshalb bin ich geblieben. Weil mir die Kinder so leidtaten. Weil sie keine Mutter mehr hatten. Ich weiß nicht, was du dir eingebildet hast.«
    »Wieso das Bild von Seelia?«
    »So hast du es den Kindern doch gesagt. Hat Seelia es dort aufgehängt? Oder warst du es?«
    »Neeiin …«
    Sakari findet, dass Saida jetzt alles unnötig durcheinanderbringt, wo er sich doch nur an den einen bestimmten Abend zurückerinnern will.
    »Das Bild stammt von einem gewissen Huuskonen«, sagt er. »Der hat hier kurze Zeit gewohnt, dann hat ihn der Schlag getroffen. Und ich bekam ein eigenes Dach überm Kopf. Damals war ich noch nicht verheiratet. Ich hab dem Engel gar keine Beachtung geschenkt, weil er halt immer da war. Außer dann, als du unter ihm gesessen und so verdammt schön ausgesehen hast.«
    Saida ist wegen der Worte ihres Mannes sichtlich verdutzt. Um es zu verbergen, nimmt sie einen weiteren Schluck.
    »Hab ich nicht.«
    »Damals hattest du auch das rote Kleid an. Aber schön wärst du auch in Lumpen. Da kommt man nicht drumrum.«
    Saida fährt hoch und kehrt ihrem Mann den Rücken zu.
    »So einen Unfug reden nur Betrunkene. Das hast du alles erfunden. Deine tote Frau war es, um die du getrauert und die du vermisst hast. Und du vermisst sie immer noch. Aber jeder darf vermissen, wen er will. Was geht mich das an?«
    »Hä?«
    »Es vergeht kein Tag, an dem du nicht auch an den Vorhängen da herumfummelst. Die Seelia aufgehängt hat.«
    »Was denn? Das ist halt so eine Angewohnheit. Hab ich schon als Kind gehabt. Meine Mutter hat immer darüber gelacht. Alles durfte von mir aus so durcheinander sein, wie es wollte, aber die Schranktüren mussten immer abgesperrt sein und die Vorhänge abends zu und morgens offen. Mir ist es einerlei, wer die da vors Fenster gehängt hat.«
    »Ich kümmere mich ja um den Haushalt und die Kinder der heiligen Seelia. Aber ohne blödsinniges Gequatsche, wenn ich bitten darf! Uns ist doch beiden klar, warum wir verheiratet sind.«
    »Wieso? Unterstell bloß nicht anderen Leuten deine Gedanken!«
    Sakari steht auf und dreht Saida herum. Ihre Augen glänzen vor Tränen.
    »Von dir weiß ich’s nicht, aber ich bin verrückt nach dir, solang ich mich erinnern kann«, sagt er. »Die Kinder haben damit nichts zu tun. Und der Scheißhaushalt auch nicht.«
    Saida lacht bitter auf und wischt sich die Augen.
    »Es ist schon klar, dass du jemanden gebraucht hast, irgendwen, der das Heiligtum deiner verstorbenen Frau hütet. Und du hast geglaubt, ein armes Mädchen, das in die Klemme geraten ist, kann es sich nicht leisten, dein Angebot auszuschlagen.«
    »Was? Verdammt noch mal, so war das nicht!«
    »Doch. Und ich habe meinen Teil erfüllt. Und erfülle ihn immer noch. Außer dass ich nicht weiß, wie lange noch.«
    Sakari ergreift ihre Schultern und versucht ihren Blick einzufangen.
    »Was meinst du damit?«
    »Allmählich hab ich genug von all dem.«
    »Willst du mich sitzen lassen?«
    »Kann sein. Wahrscheinlich. Ich geh nach Turku und arbeite in Barkers Fabrik.«
    »Als Wattemädchen? Das kannst du nicht machen.«
    »Und ob ich das kann. Lass mich los!«
    Saida stößt ihn heftig von sich. Sakari spürt ein Entsetzen in sich aufsteigen, wie er es noch nie erlebt hat. Er weiß nicht, was er mit seinen Händen anstellen soll.
    »Wenn du mich sitzen lässt, geh ich ins Wasser.«
    »Ja, bestimmt.«
    Saidas Stimme klingt kalt und höhnisch.
    »Ich geh auf der Stelle, wenn du deine Drohung nicht zurücknimmst.«
    »Wer droht denn hier?«
    »Ich nicht. Ich bring mich um, wenn du mich sitzen lässt.«
    »Nur zu.«
    Sakari steht mit geballten Fäusten da. Sein Blick fällt auf die Vorhänge. Mit einem Satz ist er am Fenster und reißt sie mitsamt den Stangen herunter. Er zerrt die Stoffe von den hölzernen Stangen, walkt sie und versucht sie zu zerreißen. Da es nicht gelingt, wirft er sie auf den Boden

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