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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Gleichgewicht zu halten. Schließlich kippte die Maschine mit lautem Krachen um und war nicht mehr zu retten.
    Der linke Flügel wurde völlig zerquetscht, und der Propeller schlug dermaßen auf das Eis, dass die Brocken nur so flogen. Der Motor hielt dem Aufprall zwar stand, aber ansonsten wurde das arme Fräulein schlicht und einfach in Schutt und Asche gelegt.
    »Ein Wunder, dass uns nichts passiert ist. Oder?«
    Selma stützt sich blinzelnd auf den Arm.
    Joel sagt, er merke, dass Selma schon ein bisschen müde sei, weshalb es wohl Zeit wäre, die Geschichte zu beenden. Wie hatte sie sich nur so in die Länge ziehen können? Eines müsse er aber noch schnell erzählen, nämlich dass Direktor Aarno, also Kalle, im Nachhinein in sehr bewegender Form seinen Dank über seine Rettung ausgesprochen habe. Er habe sich besonders bei Joel dafür bedankt, dass dieser bis zum Schluss unter Beibehaltung des Gleichgewichts auf der Maschine ausgeharrt habe. Genau genommen habe man an ebenjenem Tag im Restaurant auf das Du angestoßen. Dort habe Kalle dann auch zum Ausdruck seines Danks seinen Helfern die zerstörten Rumpfbestandteile der Demoiselle geschenkt.
    Zunächst hatte Kalle beschlossen, den Darracq-Motor mit den Propellerstümpfen selbst zu behalten, aber dann verkaufte er ihn doch an einen Studenten der Technischen Hochschule. Dieser hatte nämlich vor, sich einen motorbetriebenen Schlitten zu bauen. Für den Zweck war der Motor jedoch nicht geeignet.
    Zu seinem Verdruss musste Joel dann später hören, dass der Motor über mehrere Ecken in Kauhava gelandet war, wo er die Antriebskraft einer Dreschmaschine verstärkte.
    Das war für ihn unerträglich. Joel blieb darum schlicht und einfach nichts anderes übrig, als unverzügliche Rettungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Und das tat er, indem er in Turku einen eigenen Aeroklub gründete. Es vergingen nicht mehr als wenige Monate, da hatte der Klub schon über zehn Mitglieder. Und zwar nicht irgendwelche, sondern hoch geachtete Personen, die für solche fortschrittlichen und gesellschaftlich bedeutsamen Vorhaben ein paar überschüssige Mittel in der Hosentasche hatten.
    Der entscheidende Finanzier des tollkühnen Unternehmens war der Amtsgerichtsrat Rainer Sahlberg, der telefonische Verhandlungen mit Kauhava führte. Und zu guter Letzt kam Joel die Freude und die Ehre zu, als Bevollmächtigter des Aeroklubs Turku mit der Eisenbahn nach Kauhava zu fahren und den Motor des Fräuleins zurückzuholen.
    »Hm«, brummt Selma.
    Joel legt die Hand auf den Geschirrschrank aus Eichenholz, zupft an den Rockschößen und erklärt mit einem Räuspern, er baue nun schon seit längerer Zeit an einem Apparat, der nach einem ganz anderen Prinzip funktioniere und den er und der Dreher, der als sein Gehilfe tätig sei, scherzhaft »fliegenden Käfig« zu nennen beschlossen haben.
    Noch etwas außer Atem von seinem Vortrag tritt Joel vor Selma hin, verneigt sich, nimmt ihre Hand und erklärt feierlich, sobald die Halikko-Bucht zufriere, sei Selma herzlich eingeladen, sich anzuschauen, um was für ein lustiges Vehikel es sich handle.
    »Also. Was sagt Genossin Viitanen zu dieser Einladung?«
    Die Frau öffnet blinzelnd die Vogelaugen und steht auf.
    »Geh jetzt«, sagt sie mit sonderbarem Blick.
    Joel zieht seine Jacke an und fragt, wann sie sich wieder sehen können.
    Selma legt den Finger auf die Lippen und flüstert, Joel müsse sich leise nach draußen schleichen, damit die Nachbarn nichts hörten.
    »Das war es jetzt erst mal, auf Wiedersehen«, sagt sie mit irgendwie geschäftlichem Tonfall, wie Joel findet, und schließt hinter ihm die Tür.

Vartsala, Juni 2009
    Mitte Juni verstand ich allmählich, was Arbeitslosigkeit bedeutet. Abgesehen von ein paar kleinen Arbeiten kamen keine Aufträge herein. Die Leute wollten zwar Steinmauern, waren aber nicht bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Natursteinmauern in Alleinarbeit per Hand – das war kein rentables Geschäft. Als ehemaliger Marketingleiter musste ich auch zugeben, dass meine Werbemaßnahmen dürftig, ja geradezu miserabel waren. Eine zweizeilige Zeitungsannonce reichte natürlich nicht aus und war außerdem teuer. Ich hätte mir längst eine Homepage machen müssen, aber ich konnte es nicht.
    Probehalber sah ich mir die Internetauftritte anderer Unternehmen der Branche an. Bei den meisten handelte es sich um Landschaftsbaufirmen, die Maschinen einsetzten und mit Mörtel Sichtmauern auf gegossenen Sockeln hochzogen. Dafür

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