Eine eigene Frau
verschiedene Schlosstypen zu führen.
»Du hast nach einem Schloss für deine Tür geschrien und du hast ein Schloss gekriegt. Was spielt es, verdammt noch mal, für eine Rolle, wo es herkommt? In dem Haushalt gibt es noch immer mehr als genug Schlösser.«
Natürlich gibt es genug. Darum geht es nicht. Aber was hat es für einen Sinn, immerfort dieselben Personen zu stören und zu demütigen, von deren Feldern man sowieso schon die größte Menge an notwendigen Lebensmitteln beschlagnahmen muss, um das Volk und die Viecher am Leben zu halten?
»Ich lasse nicht zu, dass eure Wirrköpfe ständig mit dem Säbel und der Browning herumfuchteln. Kapierst du nicht, dass sie mir die anständigen Maßnahmen verderben?«, sagt Joel, wobei er immer wieder streng auf Herman blickt.
Er streckt den Rücken durch. Ein Jammer, dass Luukkonen nicht sieht, wie absolut unerschütterlich und pflichtbewusst er in diesem Moment ausschaut. Noch lieber wäre es ihm, wenn Selma ihn jetzt sehen könnte.
»Es gibt keinen Gutsherrn und keinen Bauern, mit dem ich nicht übereinkäme. Man muss nur anständig sein und erklären, worum es geht.«
»Es geht um die Revolution! Hör gut zu, Tammisto. Ich habe hier in zwei Stunden einen Waggon voll Verwundeter und gefrorener Leichen. Dann dürfen die Sanitäter die blutige Säge schwingen. Und du heulst mir was von einem verdammten Schloss vor. Sieh zu, dass du unseren Jungs genügend Verpflegung beschaffst, damit sie wieder auf die Beine kommen!«
»Ihr habt doch gerade erst zwei Fuhren bekommen.«
»Die sind schon aufgegessen. Und ausgeschissen.«
»Nein. So geht das nicht. Mir rennen die Beschwerdeführer schon kompanieweise die Bude ein, weil sie der Meinung sind, dass ich unverschämte Vergeudung betreibe …«
»Na, jetzt hast du ja ein Schloss und kannst sie aussperren«, unterbricht ihn Luukkonen.
Joel umklammert den Telefonhörer so fest, dass die Knöchel an seiner Hand weiß hervortreten. Will der Gardekommandant damit vielleicht sagen, Joel wäre bloß ein Angsthase, der sich hinter seinem Schreibtisch verschanzt?
Natürlich nicht, versichert Luukkonen. Wo hätte er denn so einen Eindruck gewinnen sollen? Obwohl es fraglos schon ein bisschen Verwunderung wecke, so ganz allgemein, dass sich der Genosse Vorsitzende des Lebensmittelkomitees weigere, persönlich eine Waffe zu tragen. Natürlich störe das ihn, den Gardekommandanten, kein bisschen, aber Tammisto wisse ja, wie engstirnig viele andere Militärpersonen in diesen Schießeisenangelegenheiten seien, wo sie selbst immer darauf gefasst sein müssten, bis zu den Achseln im Blut zu waten.
Joel schaut aus dem Fenster auf die Blumenhecke, auf die nun große, watteartige Schneeflocken herabfallen. Er erinnert Luukkonen verbittert an die sechs Tage Wache an der Brücke in Halikko.
»Ich nehme das Gewehr schon in die Hand, wenn gerechtfertigter Bedarf dafür besteht. Aber eigentlich hat es geheißen, der Vorsitzende des Lebensmittelkomitees muss keine Wachdienste übernehmen.«
»Schon, aber du bist auch der stellvertretende Kommandant der Roten Garde in deinem Dorf.«
»Ein Mann kann sich nicht überall verteilen.«
Joel hält es für angebracht, mit Nachdruck auf das Prinzip zu verweisen, das er sich zu eigen gemacht hat, nämlich dass die gemeinsamen Angelegenheiten besonnen und zivilisiert erledigt werden. Als prinzipientreuer Mann werde Joel Tammisto auch in Zukunft nach dem genannten Prinzip handeln.
»Also gut. Hauptsache, es läuft alles, wenn die Bedarfsliste von hier rausgeht! Das ist Prinzip genug.«
Zufrieden mit seiner Standhaftigkeit hält Joel ein kleines Zugeständnis für angemessen. Immerhin geht es um Menschenleben.
»Ich sehe zu, was ich tun kann.«
Am anderen Ende wird aufgelegt. Kustaa schiebt sich an Herman vorbei ins Büro.
»Wie ist die Lage?«, will Joel wissen.
»Die haben wieder allerhand zu sagen. Aber mehr von der Sorte Gemurre.«
»Aha.«
Herman wirft ihm einen spöttischen Blick zu. Er legt den Stechbeitel neben sich auf den Boden und schiebt den Schlüssel ins Schloss.
»Ich hab doch gesagt, dass du mit diesem Amt in die Scheiße langst. So wie mit dem ganzen Revolutionsblödsinn.«
»Kümmere du dich darum, an deiner Tür zu feilen, Harjula!«
Joel legt Holz im Ofen nach. Er wärmt sich im Feuerschein die Hände und versucht seine Gedanken zu ordnen.
»Was für ein Gemurre diesmal?«
»Na, vor allem wegen dem Zucker«, sagt Kustaa.
»Zum Teufel aber auch mit denen. Venho war in
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