Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
Vom Netzwerk:
Nickerchen gemacht hat.
    Herman wettet, der Herr sei ganz närrisch vor Glück, weil die hellen Köpfe unserer Zeit endlich kapiert hätten, dass man fürs Töten auch Maschinen brauche, die wie Vögel fliegen.
    Was meinten Joel und Kustaa, stehe der Herr auf der Seite der königlichen Luftwaffe Englands und rufe Hurra, wenn sich die tollkühnen jungen Männer mit ihren Bristol-Kampfflugzeugen Hals über Kopf auf die stumpfnasigen Hunnen-Maschinen mit den schwarzen Kreuzen stürzten? In der Zeitung habe gestanden, so würden sie es tun.
    Oder wette der Herr auf den deutschen Roten Baron und verfolge mit unerschütterlichem Blick den steilen Aufstieg der Fokker, ihre Kunst der Rollen, Sturz- und Gleitflüge, bis ihr Maschinengewehr wieder bei einer britischen Maschine einen Treffer lande. Und deren Flieger hätte keine andere Möglichkeit, als ohne Fallschirm abzuspringen oder mit seinem Flugzeug zu verbrennen.
    »Warum nicht mit Fallschirm?«, fragt Kustaa an der Schreibmaschine.
    Genosse Vuorio wisse also nicht, dass der Gebrauch von Fallschirmen in der königlichen Luftwaffe Englands verboten sei? Ein empfindlicher Flieger könnte in der Not sonst aus reiner Feigheit Zuflucht bei seinem Fallschirm suchen, und dann ginge wieder eine teure Maschine umsonst zu Bruch.
    »Jetzt bau endlich das Schloss ein«, sagt Joel. »Ich muss arbeiten.« Er hat die Nase voll von Hermans Geschwätz, aber man hätte es wissen müssen. Wenn der Mann erstmal in Fahrt kommt, hält ihn so schnell nichts auf.
    Herman erinnert daran, dass Deutschland seinen Fliegern die Fallschirme nicht verboten habe. Das wiederum biete dem Herrn im Himmel die großartige Gelegenheit zu wetten, wie viele Feinde, die sich per Schirm zu retten versuchen, von den Briten abgeknallt würden. Joel blickt von seinen Papieren auf und sagt, er persönlich glaube, die britischen Offiziere der alten Schule hielten strikt an ihrem Ehrbegriff fest. Auch wenn Krieg herrsche und sie ihr Land verteidigen, werde aufrecht gekämpft, weshalb man nicht auf verteidigungsunfähige Maschinen schieße. Britische Flieger hielten jedes andere Verhalten schlicht und einfach für unsportlich.
    »Ja, aber die Offiziere der alten Schule sind längst alle abgeschossen worden. Heutzutage sind die meisten Flieger Jungs aus der Arbeiterklasse, die keine Privatschulen besucht haben, weshalb sie sich von solchen Förmlichkeiten nicht stören lassen«, erklärt Herman.
    Der Teufel soll den Kerl holen. Wo nimmt er nur die Zeit her, sich solche Sachen zusammenzuspinnen? Joel kommt nicht dazu, dem spöttischen Herman eine passende Antwort zu erwidern, denn der Dreher will das Schloss ausprobieren und sperrt sich dabei aus dem Büro aus.
    »Was soll man mit diesem Wirrkopf anstellen?«
    Kustaa sieht Joel an und lächelt.
    »Tja, wenn man das wüsste.«
    Joel arbeitet an diesem Abend lange. Nachdem es im Haus endlich still geworden ist, geht er ins Dunkle hinaus und verzieht sich in eine Ecke, um Wasser zu lassen. Aber noch immer ist er nicht allein. Als er sich umdreht, erschrickt er vor zwei großen Gestalten. Sie kommen näher, und er erkennt sie als Lauri Lindroos und Viki Salin. Joel knöpft sich die Hose zu.
    »Was macht ihr noch hier, Jungs? Das Büro ist für heute geschlossen. Ich schreibe keine Karten mehr oder was immer auch anliegt.«
    »Das ist es nicht.«
    »Was dann?«
    Die Jungen sehen einander an. Lauri räuspert sich.
    »Wir wollen der Roten Garde beitreten.«
    »Ach so. Ihr wollt rekrutiert werden.«
    Die Jungen nicken gleichzeitig. Lauri fungiert weiter als Sprecher.
    »Wir wollen an die Front. Und dafür brauchen wir Gewehre.«
    »Aha. Hat die Mama euch das erlaubt?«
    Lauri hebt das Kinn.
    »Das haben wir selbst beschlossen.«
    »Was haben die Herrschaften denn an Jahren auf dem Buckel?«
    Lauri sagt, er sei 17. Viki behauptet, 16 zu sein.
    Joel muss lachen. Als wüsste er nicht, in welchem Jahr Sakari Salins ältester Sohn auf die Welt kam. Und das ist nicht mehr als 14 Jahre her.
    »Das Beste ist, ihr seht zu, dass ihr heimkommt, Jungs. Ich verteile keine Gewehre und Passierscheine an Minderjährige.«
    Lauri sagt, in der Marktgemeinde wären schon mehrere in ihrem Alter der Garde beigetreten. Und auch ins Feld gekommen.
    Kann sein, gibt Joel zu, aber sein gesunder Selbsterhaltungstrieb sei trotzdem so weit ausgeprägt, dass er lieber nicht bei Naima Lindroos und Saida Salin die Grenzen des Erträglichen auf die Probe stelle.
    Sichtlich enttäuscht trollen sich die Jungen.

Weitere Kostenlose Bücher