Eine eigene Frau
bestätigte das neue finnische Wahlgesetz und die Parlamentsordnung. Sakari und Seelia wurde eine Tochter geboren.
29. Juli. Bunter Abend der Roten in Puustelinholma.
30. Juli. Beginn des Aufstands von Viapori.
5. August. Tombola in Kokkila.
17. August. In Valparaiso in Chile großes Erdbeben und Brände. Tausende Tote.
25. August. Attentat auf den russischen Ministerpräsidenten Stolyp. Nicht gestorben.
26. August. Beim bunten Abend vom Arbeiterverein Angelniemi.
10. September. Die alten Nurmelas aus Turku waren bei uns.
12. September. Der Däne Jaakob Ellehammar unternahm als Erster in Europa auf der Insel Lindholm einen Motorflug.
Am 2. November stand die Säge.
12. November. Der Brasilianer Santos-Dumont flog 70 Meter mit Doppeldecker.
18. November. Fuhr nach Turku und war dort die ganze Woche.
Der sozialdemokratische Jugendverband wurde 1906 in Tampere gegründet.
1906 verdient: 815,70 Mark.
Joel, 22
Vartsala, Juli 1906
Klamm vor Anspannung sitzen sie auf der Treppe des Getreidespeichers, in ihren kneifenden, warmen Sonntagskleidern, die Adamsäpfel von den steifen Kragen auf die Geduldsprobe gestellt, die Stofftaschentücher in den Brusttaschen.
»Wo, zum Teufel, bleibt der Kerl?«
Der alte Getreidespeicher dient als Tanzboden, aber im Moment tanzt niemand, und den Männern käme nicht einmal in den Sinn, eine Runde Durak mit drei Karten vorzuschlagen. Die Frauen stellen Flaschen mit Limonade und Dünnbier auf den Tisch, tauschen würdevoll leise ihre Gedanken aus, ohne das übliche heitere Getuschel.
»Die Wahrheit lautet, dass der Bürger den Zar schamlos hofiert hat, um von ihm Unterstützung gegen uns zu bekommen«, erläutert Joel Tammisto gegenüber Lennu Lindroos und Osku Venho, die neben ihm auf der obersten Stufe sitzen. »Und wenn ich sage schamlos, dann meine ich auch schamlos.«
Und ob, verdammt, muss Osku zugeben und schabt mit einem Holzstückchen Schmutz von seinen Schuhen.
Ganz richtig, mit keinem anderen Wort kann man die beschämende Visitie von Gripenberg und Törngren beim Zaren beschreiben, ereifert sich Joel. Es sei ja ein offenes Geheimnis, dass sie die Gelegenheit genutzt haben, um sich einzig und allein über das Vorgehen der Roten Garden zu beklagen und um den Waffenschmuggel nach Finnland auszuposaunen, und dann hätten sie verlangt, hat Joel gelesen, ja inständig gefordert, das finnische Militär und das Gardebataillon müssten neu gegründet werden.
»Ja, ja, man darf nicht zu viel erwarten«, stimmt Osku zu. »Das gilt auch für die Frauen.«
Er zwinkert Hilma Lindroos zu, die ihrem Vater das Protokollbuch des Arbeitervereins gebracht hat, damit er die Neuigkeiten des Tages notiere. Ihr Interesse liegt anderswo. Joel hat gemerkt, dass Hilma ihm hinter dem Rücken ihres Vaters Blicke zugeworfen hat, und er richtet sich im Sitzen noch gerader auf. Sie ist noch jung, die Hilma, kaum fünfzehn, aber äußerlich weiter entwickelt als andere in ihrem Alter. Ihre Bluse wölbt sich derart, dass es Joel schwerfällt, seinen Blick im Zaum zu halten.
Lennu nimmt das Buch auf die Knie und streicht mit seinen großen Pranken über den schwarzen Ledereinband.
»Aber andererseits herrscht jetzt so ein Druck, wie man ihn noch nicht gesehen hat«, sagt Joel. »Vor allem die Frauen haben große Arbeit geleistet.«
»Ja, ja, die sind unsere Geheimwaffe«, bestätigt Osku, wobei er ohne sich zu genieren das Mädchen mustert, das wie eine erwachsene Frau gekleidet ist, mit einem Rock bis zu den Knöcheln und einer blauen Bluse mit kleinen Knöpfen.
»Auch unser Lennu hier zieht ein patentes Mädchen groß, mein lieber Mann. Bald muss der alte Lindroos mit der Flinte die Kerle vom Hof treiben.«
»Na, na«, beschwichtigt Lennu.
»Oder was meinst du, Joel?«
Lennu blickt argwöhnisch auf den jungen Mann, der nicht weiß, wo er hingucken soll. Auch Hilma starrt mit rotem Gesicht auf die Spitzen ihrer abgelaufenen Stiefeletten.
Lennu wird wütend und schickt seine Tochter nach Hause, um auf die kleinen Brüder aufzupassen. Hilma murrt, sagt, die Mutter habe versprochen, nach den Jungen zu sehen.
»Sei still! Als hätte die Mama nicht genug zu tun!«
Vergebens versucht Hilma zu erklären, dass die Mutter ihr ausdrücklich befohlen habe, auf die Nachrichten über das Wahlgesetz zu warten. Aber Lennu ist selbst so gespannt, dass er all seine Geduld benötigt, um sich selbst unter Kontrolle zu halten. Er kann jetzt nicht auch noch seine ungezogenen Nachkommen hüten und
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