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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Beim zweiten Kind sind sie am stärksten, die Gebärmutter muss sich wieder auf ihre ursprüngliche Größe zusammenziehen.
    »Wie findet Taisto seinen kleinen Bruder?«
    Joel antwortet nicht.
    Hilma legt das Kind neben sich und betrachtet erstaunt die kleinen Fäustchen. Hatte Taisto auch so kleine, als er auf die Welt kam? Man kann sich gar nicht daran erinnern, weil er schon so ein großer Junge ist. Hilma findet den Säugling nicht ganz so hübsch wie Taisto nach der Geburt, die Nase so platt wie bei einem russischen Wachmann, die Augenlider sind feuerrot. Aber natürlich wird er noch schöner werden, schließlich war die Geburt auch schwer, weil das arme Ding falsch herum gelegen hat.
    Joel geht unschlüssig zwischen Herd und Bett hin und her, er weiß selbst nicht, ob er kommt oder geht. Noch immer trägt er das Geschirrtuch mit sich herum, er zieht die Bettdecke gerade und hebt den Löffel auf, der ihm auf den Boden gefallen ist. Hilma fragt, wie es Taisto geht, der für die Zeit der Geburt zu den Nachbarn gebracht worden ist. Hat er noch Fieber? Hat er seinen kleinen Bruder überhaupt schon gesehen?
    Der Mann schüttelt schweigend den Kopf.
    Na ja, stimmt seine Frau zu, sicher ist es besser, wenn Taisto den Kleinen nicht anfasst, damit er ihn nicht ansteckt.
    Joel sieht Hilma mit brennenden Augen an.
    »Der Säugling musste notgetauft werden«, sagt er, »so schwächlich hat er gewirkt. Dabei sieht doch jeder, dass es mal ein kräftiger Junge wird, wenn er erst mal wächst. Aber nicht alle schaffen es in dieser schlechten Welt, da kann man nichts machen. Manche Kinder sind so zerbrechlich.«
    »So ist es«, stimmt Hilma zu und sieht ihn an, während sie zärtlich versucht, dem Kind die Faust zu öffnen. Doch die kleinen Finger bleiben so fest geschlossen, als wären sie geleimt. Sie muss bereits ahnen, wie überraschend zerbrechlich Kinder manchmal sein können. Vielleicht bemächtigt sich das Entsetzen bereits ihres Mutterherzens, aber noch weigert sie sich aufzugeben. Sie sucht nach Herausforderungen für diese zarten Fäustchen, sie will den Arbeiter in dem Kind wecken. So ist es besser, Kinder sind zu zart und zerbrechlich, um sie auch nur im Schutz des Arms zu halten.
    Erschöpft lässt Hilma den Kopf aufs Kissen sinken. Nach einer Weile bemüht sie sich um ein Lächeln und erkundigt sich, wie es dem Fräulein heute gehe.
    Joel antwortet nicht. Hilma hat längst aufgehört, ihren Mann dafür zu rügen, dass er alle Zeit, die ihm die Arbeit lässt, für die Reparatur seiner schrecklichen Klapperkiste aufwendet und davon träumt, das Ding werde eines Tages vom Erdboden abheben und Joel Tammisto mit ihm.
    Hilma versucht sich im Hinblick auf ihre ärgste Konkurrentin sogar an einem Scherz: Sicher sei das Fräulein derzeit in besserer Verfassung als die Ehefrau.
    Joel sagt, er sei jetzt schon eine Zeit lang nicht mehr dort gewesen. Hilma hebt mit scheinbarer Verwunderung die Augenbrauen. Da muss man ja direkt ein Kreuzchen im Kalender machen!
    Ja, das muss man zugeben: Als Joel zum ersten Mal die Santos-Dumont Nr. 20, genannt »La Demoiselle«, auf dem Gelände der Firma Sandberg unter dem Schutzdach sah, verlor er sein Herz an sie. Unter der Plane kam freilich keine zierliche Schönheit zum Vorschein, wie Joel erwartet hatte. In der Zeitung hatte die Maschine mit ihren von Eschenholz geäderten Seidenflügeln und dem Propeller aus Apfelholz ausgesehen wie eine riesengroße Libelle.
    Was Joel aber in natura zu Gesicht bekam, war bloß ein staubiger, rostiger Torso. Während der langen Krankheit ihres Besitzers waren La Demoiselle die Flügel abgenommen worden, und man hatte den Rumpf mit dem Hinterteil voraus zwischen allerlei obskurem Schrott unter dem Schutzdach des Händlers Sandberg geschoben, wo der gesamte Vorderteil sowie der Motor ohne ausreichenden Schutz dem angewehten Ruß, dem Regen und dem Schnee ausgesetzt waren. Die Steuerruder waren komplett zerstört, der Stoff zerrissen von den achtlos darauf geworfenen Sachen, das Stützgestänge aus Metall war verbogen, von den Stahlseilen keines mehr heil.
    Trotzdem hatte der Anblick etwas, das Joel zutiefst ergriff. Es war, als hätte die Maschine, ihrem Namen gemäß, noch immer etwas Menschliches an sich, ungeachtet ihres erbärmlichen Zustands, eine stolze, unbezwingbare Weiblichkeit.
    Und als er dann zusammen mit Herrn Aarno die schlimm ramponierten Teile des erstaunlichen Geschöpfes mit der Hand berührte, kam er sich vor wie ein Arzt, der bei

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