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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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das Kleinholzsammeln seinen schmächtigeren Kameraden überlassen. Lauri hatte das bloß für Gerede gehalten, aber nun war Betriebsleiter Sundberg zu ihm gekommen und hatte ihn ernsthaft gefragt. Seine einzige Befürchtung sei jetzt, dass die Mutter etwas dagegen habe.
    Saida, die gebeten worden ist, das Kindermädchen zu spielen, hat den kleinen Taisto in ihre Jacke gewickelt und schaukelt leise hin und her. Es ist ein etwas windiger Spätnachmittag im Oktober und angesichts der Tageszeit noch warm. Das Mädchen betrachtet die schwankenden Schatten, zwischen denen Lauri mit seiner Zigarette steht. Im orangen und roten Blattwerk von Ahorn und Eberesche hört man das Gewimmel von Vogelschwärmen, die auf den Zug nach Süden warten, die Flügel rascheln, aus den Kehlen kommt Geschwätz. Taisto streckt die kleinen Finger nach den geheimnisvollen Geräuschen und den grellen Farben aus.
    »Ja, das sind Vögelchen … ja, ja … viele Vögelchen … ei, was für hübsche kleine Vögel es da gibt«, redet Saida ihm zu.
    Lauri drückt die halbe Zigarette aus und geht auf die Schaukel zu.
    »Also … ich meine … wie wär’s, wenn wir zusammen reingehen? Wenn die Mama böse wird, dann wenigstens nicht so arg …«
    Saida versteht. Lauri glaubt, seine Mutter zeige ihre Schokoladenseite, wenn Besuch da sei, und wage es nicht, vor dem Kindermädchen so böse zu werden wie innerhalb der Familie.
    Da irrt er sich. Naima wird so fuchsteufelswild, dass ihr ganzer Kopf vor Zorn rot anläuft. Ein Junge von 14 Jahren soll ein Mann sein? Wenn ein Halbwüchsiger solche Lasten trägt, dann kann er für den Rest seines Lebens auf allen vieren gehen.
    Lauri sagt, er sei größer und stärker als die meisten Männer. Größer als der Vater, der genauso schwer arbeite, obwohl er schon ein alter Mann sei. Oder älter jedenfalls.
    Na, na, warnt Lennu, der sich über der Kommode rasiert, schlägt sich aber sogleich auf Lauris Seite: Einen großen Jungen dürfe man nicht so bevormunden. Ungewöhnlich forsch wischt er sich das Kinn ab. Immerhin sei der Junge auch gut genug gewesen, den Taisto vom anderen Ende Finnlands hierherzuholen. Da habe die Mama kein bisschen an ihm gezweifelt.
    Aber hör mal, empört sich Naima über den Vergleich. Ein halbjähriges Kind ist ja wohl leichter als ein Packen Dielen. Und dann war es Hilmas Kind! Das hätte noch gefehlt, dass man es in fremde Hände gegeben hätte.
    Schon, aber Lauri habe es als Onkel besser gemacht als der rechtmäßige Vater, sagt Lennu.
    »Hab ich recht?«
    Zum wer weiß wievielten Mal erzählt Lauri, wie das Kind auf dem ganzen Weg zum Bahnhof auf Joels Arm geschrien habe, wie um sein Leben, aber kaum waren sie im Zug, da beruhigte sich das Würmchen. Es verstand, dass Lauri ihm nichts Böses wollte, und trank sogar sein Milchfläschchen. Darauf schlief es ein, in Lauris Schoß, und sägte brav bis Turku.
    Lennu nickt. Allmählich erwärmt er sich für sein Lieblingsthema, das Schimpfen auf den Schwiegersohn. Wo anständige Männer sich den Arsch wundschuften, da träumt Joel Tammisto vor sich hin. Niemals wird Lennu Lindroos dem Gauner verzeihen, der seine Tochter und seinen Enkel zum Sterben in die Fremde geschleppt hat. Der Tag wird nicht kommen, so viel steht fest!
    Und den zweiten Balg hängt man den Nachbarn auf den Hals. Wahrscheinlich wäre das Kind nicht mal mehr am Leben, wenn man es nicht dort herausgeholt hätte. Was soll das sonst sein als Weichlichkeit, Gleichgültigkeit und Rohheit. Nicht ein Pfennig ist für den Unterhalt des Balgs hergegeben worden.
    »Kein einziger Pfennig.«
    Für die Krankheit der armen Hilma habe keiner was gekonnt, sagt Naima, die am Herd im Brei rührt. Und wie soll ein alleinstehender Mann ein Kind versorgen? Er muss arbeiten, und dann die große Trauer noch dazu.
    Ach, Trauer? Lennu lacht. Was ist das denn für eine Trauer, wenn man auf alle möglichen Versammlungen rennt und an Flugapparaten herumwerkt, da spielt doch alles andere keine Rolle, eine Ehefrau mehr oder weniger. Die sind bloß hinter den Röcken her, so richtig im Verbund, der und der junge Salin. Das kannst du glauben.
    »Komm, halt jetzt endlich den Mund«, sagt Naima streng.
    In Saida flammt der Zorn auf. Ganz richtig. Was hat der Mann da für ein Recht auf eine Meinung über Sakari Salin, und dann auch noch auf diese Art. Taisto versucht einen Knopf von Saidas Kleid abzureißen, zuerst mit der Hand, dann mit den Zähnen. Sie nimmt ihm den Knopf aus dem Mund. Auf dem Kleid ist

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