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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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unwillig, dass es seinerseits Deutschland den Krieg erklärte.
    Und all das ist passiert, während Joel sich von einer Seite auf die andere gedreht und geglaubt hat, das ganze Elend der Welt dränge sich in diesem Eisenbett. Wie ist es möglich, dass diese Verrückten so ungestört wüten können?
    »Für Verrückte pflügt man keine Felder, und man muss sie auch nicht säen, Verrückte wachsen von allein«, sagt Sakari und holt ein Bündel aus dem Rucksack. Er ist stolz, weil es ihm gelungen ist, ein Viertelkilo Strömlinge und einen Klumpen Speck zu beschaffen. Tagelang haben sie die Kartoffeln nur mit Salzwasser gewürzt verzehrt. Joel beklagt sich nicht, er hat auf nichts Lust und behält nichts bei sich, aber Sakari besteht darauf, dass gegessen werden muss, um gesund zu werden.
    Joel schämt sich, Sakari schon die vierte Woche zur Last zu fallen, als hätte der daheim nicht genug um die Ohren. Aber was sollte er in Vartsala anfangen? Die Säge steht still, weil nach Deutschland nun mal kein Holz mehr geht, und Sakari hat mehrfach versichert, er habe Zeit zu kommen. Joel weiß aber, wie sehr es den Freund nach Hause zieht. Andererseits hat der Haushalt der Salins auch den Lohn für die wenigen Arbeiten in Aarnos Steinmetzbetrieb bitter nötig. Direktor Aarno hat selbst melancholisch gewitzelt, den Tod habe noch niemand völlig zum Stillstand gebracht. Grabsteine würden immer gebraucht.
    Auch Sakari ist dazu übergegangen, respektvoll über Aarno zu sprechen, und gibt zu, der Kerl wirke am Ende doch nicht so verdreht, wie er es sich vorgestellt habe. Joel ist davon natürlich nicht überrascht. Er wusste, dass die Art des Direktors genauso sehr Eindruck auf seinen Freund machen würde wie auf die meisten Leute. Der Händedruck von so einem Mann, die Art, wie er mit seinen hellblauen Augen jedem Gesprächspartner freundlich und fest direkt ins Gesicht sieht, beeindrucken sehr wohl.
    Außerdem brauchte Sakari den zwischenzeitlichen Verdienst tatsächlich dringend, und Aarno brauchte einen großen, starken Mann zum Bewegen der Steine. Gerade wegen seines kräftigen Körperbaus hat Sakari die Stelle überhaupt bekommen, obgleich er über keinerlei Erfahrung mit Steinen verfügte. Zudem stand es im Interesse des Aeroclubs, dass Joel nun einen Mitbewohner hatte, den er kannte und der ihm helfen würde, möglichst schnell gesund zu werden.
    Die fieberhafte Reparatur der Maschine ist fast zum Erliegen gekommen, weil die freiwilligen Helfer aus unterschiedlichen Gründen verhindert gewesen sind, und dabei ist der Herbst bereits weit fortgeschritten. Die Demoiselle wird in einem leeren Stallgebäude aufbewahrt, das man von der Brauerei gemietet hat. An dem Gebäude führt eine breite gute Winterstraße vorbei zum nahegelegenen See Näsijärvi. Sie ist für den Transport von Eis angelegt worden, und ihre Ränder sind frei von Gesträuch, sodass die Demoiselle bequem auf diesem Weg transportiert werden kann, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Vor zwei Tagen sandte Direktor Aarno über Sakari an Joel die frohe Botschaft, es sehe gut aus, was die in der Maschinenwerkstadt Dunderberg durchzuführende Instandsetzung der Metallteile betreffe. Das Stützgestänge sei begradigt, die Befestigungszwingen des Propellers habe man repariert. Modellbauer Ahonen habe in verdienstvoller Weise den Riss in einem Propellerblatt sowie den lecken Bug ausgebessert. Das Seitenruder sei leider so schwer beschädigt, dass man es nicht mehr instand setzen könne. Es müsse komplett neu angefertigt werden. Immerhin habe man das Höhenruder in gebrauchsfähigen Zustand gebracht. Das Steuerrudergestänge wolle Aarno jedoch Joel überlassen, in Vertrauen auf dessen besondere Fähigkeiten.
    Joel habe Sakari gegenüber doch sicher davon gesprochen?
    »Doch, sicher.«
    Jetzt erinnert sich Sakari, dass auch heute vom Direktor eine kleine Sendung gekommen ist. Er unterbricht das Ausnehmen der Fische, wäscht sich die Hände und zieht den von Aarno gezeichneten Vorschlag für ein neuartiges Steuerruder aus dem Rucksack. Der Direktor möchte gern sobald wie möglich Joels Meinung dazu hören. Seiner Auffassung nach sei es wesentlich leichter zu bauen als das ursprüngliche.
    Joel nickt und versucht Sakari die Zeichnung zu präsentieren. Er erklärt, der vordere und hintere Rand des Ruders seien parallel ausgerichtet worden, der obere und der untere Rand hingegen antiparallel, sodass der hintere Rand des Ruders sich nun fast auf halber Höhe des vorderen

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