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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Reling nach Periskopen Ausschau gehalten, und Paul habe auf der anderen Seite des Schiffes das Gleiche getan. Das sei nämlich Teil der ihnen übertragenen Aufgabe gewesen.
    »Tatsächlich.«
    Ja, ja, von hoher Stelle aus seien sie bevollmächtigt worden, die Sicherheitsaspekte der Überfahrt zu observieren. Den Auftrag hatten sie von Herman Gummerus erhalten, einem Bekannten von Pauls Vater, welcher der geheimen finnischen Befreiungsbewegung angehört.
    »He, lass gut sein!«
    Paul nimmt die Brille ab und reibt sie am Hemd, wie so oft, wenn er nervös ist.
    »Wieso? Der Kerl hier ist doch keine Bedrohung für die Sicherheit, oder?«
    Anders drückt das Kinn auf die Brust und starrt Arvi an.
    »Nein. Weil er weiß, dass er es besser nicht ist. Wie?«
    Er ballt die Fäuste. Dabei lässt er Arvi nicht aus den Augen, in dem allmählich der Ärger aufsteigt.
    »Hör endlich auf«, sagt Paul.
    Anders sagt, man habe sie gerade deshalb auf die Reise geschickt, weil sie so jung seien. Niemand käme auf die Idee, Schuljungen der Spionage zu verdächtigen. Aber das sei ein schwerer Fehler. Ob Arvi schon einmal von einer Organisation namens Bluthunde gehört habe?
    Arvi hat nicht davon gehört.
    Das wundert Anders nicht. Schließlich sei die Organisation geheim, aber in Stockholm wisse man davon, denn ziemlich viele Mitglieder der Bluthunde hätten Finnland über Schweden verlassen. Es habe sich samt und sonders um Gymnasiasten aus Helsinki gehandelt, die auf ihre Weise vor zehn Jahren am finnischen Befreiungskampf teilgenommen hätten, als die Unterdrückung am schlimmsten gewesen sei.
    »Ach ja?«
    Leicht irritiert tätschelt Arvi die Stute. Er weiß nicht recht, was er von dem Redefluss des anderen halten soll.
    »Die Bluthunde sollten Bobrikow umbringen, aber dieser Schauman kam ihnen zuvor.«
    »Aha.«
    Aber gut, die Bluthunde hätten sich davon natürlich nicht unterkriegen lassen, erklärte Anders. Im Gegenteil. Sie packten Revolver und Giftkapseln ein und fuhren auf die Karelische Landenge, als Zar Nikolaus dort auf der Jagd war. Aber die Aufklärung versagte, und als die Todespatrouille die Landenge erreichte, war der Alte bereits in Richtung Petersburg abgerauscht.
    »Pech«, sagt Arvi.
    Er kann sich das Lachen nicht verkneifen. Paul lächelt gezwungen.
    »Grinst ihr nur, aber den Kameraden war überhaupt nicht zum Lachen«, redet Anders weiter. Die Unterdrückung sei weitergegangen, das Schlimmste aber sei gewesen, dass die Jungen wegen unerlaubten Fehlens schlechtere Fleißnoten bekommen hätten, und das habe den Eltern überhaupt nicht gefallen.
    »Bestimmt nicht.«
    »Absolut nicht. Da gab es zweifellos eine Abreibung, und zwar richtig. Ich hätte jedenfalls eine bekommen. Mit dem Kleiderbügel oder mit der Trosse.«
    »Mit der Trosse?«, fragt Paul.
    Anders antwortet, eine Trosse sei ein Hanfseil von der Stärke eines Männerarms. Damit befestige man Schiffe am Anleger.
    »Mein Vater ist Reeder. Seile sind für ihn immer eine Herzensangelegenheit gewesen. Es gibt Millionen verschiedene Sorten, und alle sind auf meinem Arsch getestet worden. Und zwar verdammt gründlich, da könnt ihr sicher sein.«
    Arvi und Paul wechseln verlegene Blicke.
    »Aber um auf die Bluthunde zurückzukommen. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Kameraden doch noch etwas zustande brachten.«
    Anders legt eine dramatische Pause ein.
    »Fünf Hinrichtungen.«
    Mit triumphierendem Lächeln betrachtet er, welche Wirkung seine Worte auf Arvi haben.
    Hauptsächlich natürlich Russen, erklärt Arvi, aber sie hätten auch einen Schlosser erledigen müssen, der für die Polizei gespitzelt habe. Eines Nachts habe man ihn zu einem kurzen Verhör abgeholt. Am nächsten Morgen sei er in einer Blutlache aufgefunden worden mit vier Kugeln im Leib.
    Anders richtet einen vielsagenden Blick auf Arvi.
    »So ergeht es einem, der zu viel ausplaudert. Verdammt hart, was?«
    Arvi schüttelt ungläubig den Kopf, aber Anders beteuert, die volle Wahrheit gesagt zu haben und es auch beweisen zu können.
    »So«, sagt Arvi. »Jetzt müssten wir dann die Pferde in den Stall zurückbringen.«
    Arvis Einstellung bringt Anders allmählich ernsthaft in Rage. Hier werde jetzt nichts nirgendwo hingebracht. Wie es aussehe, sei Arvi ein finnischer Trottel und wisse von nichts. Sei ihm wenigstens bewusst, dass innerhalb der letzten Monate mehr als 200 seiner Landsleute nach Deutschland gegangen seien, wo sie die beste Militärausbildung der Welt erhielten, um danach

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