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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Finnland aus dem Klauen Russlands zu befreien?
    Ja, der finnische Trottel hat davon reden hören.
    »Lasst uns zurückgehen«, bittet Paul.
    Anders sieht ihn spöttisch an.
    »Konzentrier du dich darauf, die Vogelscheiße von den Eiern zu kratzen, während ich hier unseren ungläubigen Thomas ein bisschen aufkläre. Der Stalltrampel scheint nämlich keine Ahnung davon zu haben, was in seinem geliebten Vaterland derzeit geschieht.«
    Entschlossen klettert Anders auf die Mauer und setzt sich dort aufs Moos. Ob der Stalltrottel überhaupt begreife, dass sie, Anders und der hoffnungslose Eierkaiser hier, ihre Schwedenärsche nicht den deutschen Torpedos hingehalten hätten und auch nicht in diese gottverlassene Gegend gekommen seien, um auf irgendwelchen verdammten Kiefern herumzuklettern? Die Wahrheit sei nämlich, dass man sie geschickt habe, um Wege zu erkunden, auf denen man Männer von Finnland nach Schweden und von dort weiter nach Deutschland schleusen könne.
    »Ja, ja, ganz bestimmt.«
    Mit wachsendem Unmut krault Ariv Natalias Mähne. Ihm ist klar, dass der Rotschopf sich die komischen Geschichten nur ausdenkt, um in Arvis Augen besser dazustehen. Aber warum nur? Der Junge gehört doch der Herrschaft an, während Arvi bloß ein Stallknecht ist. Und offenbar hat der Junge nicht die geringste Absicht, mit seinem Unsinn zum Ende zu kommen.
    Im Gegenteil. Je unwilliger seine Schilderung aufgenommen wird, desto mehr Wind scheint er in die Segel zu bekommen.
    Vielleicht ist er schlicht und einfach nicht richtig im Kopf?
    Anders erzählt, das Wichtigste der ihnen anvertrauten Aufgabe sei die genaue Beobachtung des Postschiffes aus Gävle bei der Ankunft in Rauma gewesen: Wie viele Zöllner nahmen es in Empfang, waren Gendarmen und Soldaten zu sehen? Gab es Kontrollpunkte, und was wurde an den Kontrollpunkten gemacht? Über alle Beobachtungen werden sie Herman Gummerus Bericht erstatten.
    »Nicht wahr, Paul?«
    Paul hat die Hände in die Hüften gestemmt und ihm den Rücken zugekehrt. Er grollt und sagt kein Wort.
    »Auf der Rückreise fahren wir dann um den Bottnischen Meerbusen herum. Mal sehen, was in Tornio und Haaparanta los ist.«
    »Jetzt halt endlich das Maul!«, kreischt Paul.
    Anders springt von der Mauer und legt Paul brüderlich den Arm um die Schulter.
    »Mensch, was ist schon dabei, wenn ich dem Burschen erzähle, dass du noch was anderes kannst als nur winseln?«
    »Leck mich am Arsch.«
    »Na, na.« Anders verwuschelt Paul die braunen Locken. »In Wahrheit liebst du mich doch, nicht wahr?«
    Paul reißt sich los und stiefelt in Richtung Herrenhaus davon. Arvi nimmt das Pferd am Zaum und führt es hinter Paul her. Anders bleibt zurück. Er wägt die verschiedenen Möglichkeiten ab, rennt aber schließlich den anderen beiden nach. Er versetzt Paul einen kameradschaftlichen Stoß.
    »Was ist denn los, altes Haus?«
    »Essenszeit«, erwidert Paul.
    »Ach.«
    »Tante Nadine wird böse, wenn man nicht rechtzeitig da ist.«
    Anders beschleunigt seine Schritte und fährt sich durchs Haar.
    »Dann sind wir eben rechtzeitig da, zum Donnerwetter.«
    Als sie zum Herrenhaus zurückkehren, sehen sie die Dienstmädchen die Teppiche aus der Gesindestube zusammenrollen und auf eine Karre legen. Anders sieht ihrer Arbeit in der drückenden Hitze genau zu. Er will wissen, wo sie die Teppiche waschen werden.
    Arvi ist nicht überrascht, als die beiden Jungen nach dem Essen an der Stalltür auftauchen. Anders schlägt einen weiteren Ausflug in die Natur vor, diesmal ans Meeresufer. Ein bisschen Schwimmen werde bei diesem Wetter guttun. Und falls Paul keine Lust habe, ins Wasser zu gehen, könne er ja so lange die Flöhe im Brackwasser untersuchen.
    Auf dem Weg zum Ufer fasst Paul tatsächlich Begeisterung und erkundigt sich bei Arvi nach den Tier- und Pflanzenarten des Schärenmeeres, nach dem Algenbestand und den Laichzeiten der Fische, und dies alles in einer Terminologie, von der Arvi noch nie etwas gehört hat. Er vermag nicht zu antworten, doch Paul gibt die Antworten selbst: Die Salinität sei im Finnischen Meerbusen wesentlich stärker zurückgegangen als in den westlichen und südlichen Bereichen der Ostsee. Darum gebe es hier eine völlig andere und in vieler Hinsicht einzigartige Flora und Fauna.
    Anders versichert Paul, er werde sehr bald schon reichlich Flora und Fauna zu Gesicht bekommen. Dabei wirft er einen verschwörerischen Blick auf Arvi.
    Arvi schämt sich fürchterlich.
    Sobald sie die Stimmen der

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