eine Elfenromanze
Doch sie schien es gar nicht zu bemerken, starrte nur unverwandt die Halbelfe an. „Du ...?“, entfuhr es ihr.
Selina grinste breit über das offene Entsetzen in den Augen des Schankmädchens. Adorata hatte seit Tagen großen Wert darauf gelegt, jeden davon in Kenntnis zu setzen, dass sie auf dieses noble Bankett geladen war und dies noch dazu von einem reichen Kaufmannssohn. Und nun stahl ihr Selina, ein Mädchen aus einem heruntergekommenen Bauerndorf, das zwischen Schafen und Hühnern aufgewachsen war, die Schau.
Liones, der begriff, weshalb die junge Menschenfrau dermaßen schockiert war, beschloss, Selinas Triumph noch eines draufzusetzen. Er hoffte, dass seine Begleiterin seine Absichten durchschaute und er sie nicht verschreckte, als er den Arm um ihre Taille legte. Er konnte fühlen, wie sich die Elfe kurz verkrampfte, doch dann ließ sie ihn widerstandslos gewähren. Er zog sie eng an sich heran und sie schmiegte sich an seinen Körper. An die Menschenfrau gewandt sagte er: „Seid gegrüßt! Seid Ihr nicht das Schankmädchen aus der Singenden Maid ?“
Adorata stand immer noch da, den Mund vor Staunen offen, und gaffte die beiden Elfen an.
Als sie ihm nicht antwortete, neigte Liones kurz zum Abschied den Kopf. „Ich wünsche noch einen unterhaltsamen Abend!“ Dann wandte er sich Selina zu, umfasste sie noch etwas fester und flüsterte, wobei er darauf achtete, dass die Menschenfrau ihn sehr wohl hören konnte: „Komm, meine Liebe.“ Er zog die Elfe sanft mit sich.
Selina nickte dem Schankmädchen zu. „Bis später!“, rief sie.
Adorata war unfähig, zu antworten.
Als sie außer Sicht waren, ließ Liones seine Begleiterin los und entfernte sich bewusst einen Schritt von ihr. „Das war ein gelungener Auftritt! An diesen Abend wird sie sich noch oft erinnern!“
Selina sah ihn überrascht an. Wie konnte er über den Verlauf des Zusammentreffens derart amüsiert sein? „Und sie hat eines dieser kostbaren Gläser zertrümmert“, wagte sie vorsichtig zu bemerken. Sie fand, dass der Vorfall für den Grafensohn eigentlich ein Desaster sein musste.
Doch Liones zuckte nur die Schultern. „Und es wird nicht das Einzige an diesem Abend bleiben. Vermutlich pflegt die Glasbläserzunft unsere Festbankette mittlerweile im Kalender zu notieren. Unser Bedarf an Gläsern steigt nach solch einem Abend immer rapide an. Nun, vielleicht sollten wir auf etwas Robusteres umsteigen. Doch ich finde, Metall verdirbt den Geschmack und Holz ist ein wenig zu derb. Und Tonkrüge können seit neuesten Erkenntnissen als Waffe missbraucht werden.“ Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu und ein breites Grinsen erschien auf seinen Lippen.
Selina bemerkte die Anspielung, wusste jedoch nicht, wie sie damit umgehen sollte. Noch hatte sie die Auseinandersetzung mit Baldo nicht ausreichend verkraftet, um darüber lachen zu können.
„Ich hoffe, Ihr verzeiht mir meine Unverfrorenheit, mit der ich Euch eben behandelt habe. Es lag nicht in meiner Absicht, die Situation auszunutzen, wenn Ihr das denkt.“
Sie musterte den jungen Grafensohn abschätzend. „War es Euch denn unangenehm?“
Liones zögerte. Ihm wäre körperlicher Kontakt mit dieser attraktiven Elfe in keiner Weise, die ihm in diesem Moment in den Sinn kam, unangenehm. Doch wenn er wirklich beabsichtigte, das Misstrauen zu zerstreuen, das Selina ihn entgegenbrachte, verhielt er sich keineswegs angemessen.
„Es war mir ein Vergnügen, mit diesem kleinen Akt der Schauspielerei Eurer offensichtlichen Kontrahentin eines auszuwischen. Doch mir war nicht in ausreichendem Maße bewusst, dass Ihr mein Handeln durchaus auch anders auslegen könntet. Und diese Erkenntnis nun ist mir doch überaus unangenehm.“
„Wenn ich es nicht gestattet hätte, hättet Ihr es früh genug bemerkt“, meinte Selina kühl. „Es bedarf hierzu nicht immer eines Tonkruges, um seinen Standpunkt darzulegen.“
Liones verstand die Drohung. Die Elfe meinte es nur allzu ernst. Er respektierte sie durchaus. Doch er wollte die Spannungen zwischen ihnen nicht unnötig aufbauen. Ihr Verhältnis zueinander näherte sich einem Level, bei dem selbst die Luft zu gefrieren drohte.
Deshalb setzte er eine vergnügte Miene auf und meinte: „Ich sehe schon, vor Euch muss sich das männliche Geschlecht wahrlich in acht nehmen.“
Selina überlegte, was er damit sagen wollte. Traute er ihr etwa nicht zu, dass sie sich gegen ihn erwehren könnte? Es war nicht, dass sie glaubte, er könnte ihr mit
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