Eine ewige Liebe
in Stücke gerissen zu werden. »Und das aus demWasser heraus? UmTote aufzuwecken?« Siegessicher postierte er sich auf der Insel, direkt vor dem Buch, und sah mich mit irrem Blick an. »Das Duell ist vorüber. Deine Seele gehört mir.«
Ich erwiderte nichts. Ich konnte nicht sprechen. Stumm starrte ich in EthanWates leereAugen.
»Und nun bringt ihn hierher.«
AufAngelus’ Befehl hin regten sich die Leichen in dem stinkendenWasser und schoben mich an Land. Der andere Ethan warf mich auf die Erde, als wäre ich leicht wie eine Feder.
In diesem Moment rollte ein kleiner schwarzer Stein aus meiner Hosentasche.
Angelus hatte es nicht bemerkt, er war damit beschäftigt, das Buch aufzuschlagen.Aber mir war es nicht entgangen.
Das Flussauge.
Ich hatte vergessen, den Flussmeister zu bezahlen.
Natürlich. Man konnte nicht einfach das Wasser überqueren, wann man gerade Lust dazu hatte. Nicht hier. Nicht ohne zuvor den Preis zu entrichten.
Ich hob den Stein auf.
Der tote EthanWate wandte ruckartig den Kopf. Der Blick, den er mir zuwarf – falls man überhaupt von Blick sprechen konnte, da er ja kaum nochAugen hatte –, jagte mir einen Schauer über den R ücken. Ich hatte Mitleid mit ihm und ich hätte nicht mit ihm tauschen mögen.
Aber einenAbschiedsgruß war ich ihm schuldig.
»Bis dann, Ethan«, sagte ich.
Mit letzter Kraft schleuderte ich den Stein insWasser, wo er mit einem leisen Platschen aufschlug.
Es war so leise, dass nur ich es hören konnte.
Ich und dieToten.
Denn kaum war der Stein imWasser, waren auch die Leichen weg. Und zwar genauso schnell, wie der Stein brauchte, um auf den Grund zu sinken.
Erschöpft ließ ich mich auf den winzigen trockenen Inselstreifen fallen. Einen Moment lang lag ich nur da und wagte nicht, mich zu rühren.
Ich sahAngelus an, der selbstvergessen im Licht der grünen und goldenen Kerzenflammen in dem Buch las.
Ich wusste genau, was ich zu tun hatte. Und es musste schnell gehen.
Mühsam stand ich auf.
Da war es. Es lag aufgeschlagen auf dem Podest, direkt vor mir.
Und direkt vorAngelus.
DIE CASTER - CHRONIKEN
Als ich das Buch vorsichtig berührte, versengte es meine Finger.
»Hände weg«, knurrteAngelus und packte mein Handgelenk. SeineAugen glitzerten irre. Das Buch schien ihn völlig in seinen Bann gezogen zu haben.
Er schaffte es nicht einmal hochzublicken.
Denn es war seine eigene Seite, die er gerade las.
Ich konnte das, was daraufstand, nicht entziffern, aber ich sah, dass er zahlloseWörter durchgestrichen und überschrieben hatte. Und auch jetzt schien es ihn zu drängen, die Feder, die neben dem Buch lag und an deren Spitze nochTintenreste hingen, in die Hand zu nehmen.
So also hatte er es gemacht. So hatte er die übernatürlicheWelt seinemWillen unterworfen. Er war der Herrscher über die Lebensgeschichte. Nicht nur seiner eigenen, sondern der von jedem Einzelnen von uns.
Angelus hatte alles verändert.
Nur einer war in der Lage, das zu tun.
Und nur einer konnte es wieder rückgängig machen.
»Angelus?«
Er antwortete nicht.Wie er da so stand, vollkommen starr und den Blick wie magnetisch von dem Buch angezogen, wirkte er mehr wie ein Untoter als die vielen Leichen um uns herum.
Ich beschloss, nicht hinzusehen. Stattdessen machte ich die Augen zu und zerrte an der Buchseite.
» Was soll das?«, schrieAngelus. Er klang wie einWahnsinniger, aber ich machte dieAugen trotzdem nicht auf. » Was tust du da?«
Meine Hände brannten höllisch. Die Seite versuchte, sich aus meinem Griff zu winden, aber ich ließ nicht los, sondern hielt sie mit aller Kraft fest.
Nichts konnte mich jetzt noch aufhalten.
Plötzlich gab die Seite nach.
Das laute R eißen erinnerte mich an das Geräusch raumwandelnder Inkubi, und für einen kurzen Moment rechnete ich damit, dass John Breed oder Link neben mir auftauchen würde. Ich öffnete dieAugen.
Leider war mir dieses Glück nicht vergönnt. An gelus versuchte mich in die eine Richtung wegzustoßen und zerrte gleichzeitig meinen Arm in die andere, um an die herausgerissene Seite zu gelangen.
Ich nahm eine tropfende Kerze von dem Podest und hielt sie an den Rand des Blatts. Dunkler Rauch bildete sich und das Pergament fing an zu brennen.Angelus heulte vor Zorn laut auf.
»Lass das! Du weißt nicht, was du da tust! Damit zerstörst du alles …« Er warf sich auf mich, schlug und trat und riss mir fast das Shirt vom Leib. Seine Nägel zerkratzten meine Haut, aber ich ließ nicht los.
Ich ließ nicht los,
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