Eine Familie für Julianne
Händen ist. Sie sagen, dass Sie die Kleine lieben, aber wissen wir das wirklich? Wenn Sie Pippa unbedingt mitnehmen wollen, dann geben Sie uns wenigstens die Chance, uns an den Gedanken zu gewöhnen. Und Sie besser kennenzulernen.“
„Und wer hat mir die Chance gegeben, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich Vater bin?“
Victor verzog den Mund. „Treffer. Trotzdem … Wir wissen beide, dass Sie das Geld gut brauchen können. Schließlich haben Sie für ein Kind zu sorgen.“
Offenbar war es jetzt Victor, der ihn für blöd hielt. Ganz bestimmt würde der alte Mann seine Enkelin finanziell nicht im Stich lassen, ob Kevin dem Plan nun zustimmte oder nicht. Außerdem hatte Kevin im Gespräch mit seinem Vater erfahren, dass er bei einem Sorgerechtsstreit gute Chancen hatte. Denn sobald Victor Kevins Vergangenheit ins Spiel brachte, würde man ihn fragen, woher er davon wusste. Dann musste er zugeben, dass er Kevin Pippa die ganze Zeit bewusst entzogen hatte, und das würde vor Gericht nicht gut aussehen.
Eigentlich hätte er also einfach gehen und Pippa mitnehmen können. Aber andererseits konnte er die Zwanzigtausend tatsächlich gut gebrauchen. Als stille Reserve für Notfälle oder um seine eigene Renovierungsfirma aufzubauen. Sein Stolz verbot ihm zwar, von Victor auch nur einen Cent anzunehmen, aber andererseits schuldete der Mann ihm etwas.
Und sollte es doch zum Sorgerechtsstreit kommen, legte man es ihm bestimmt zum Vorteil aus, wenn er bereits einen Monat mit dem Kind unter einem Dach gelebt hatte.
Kevin steckte die Hände in die Hosentaschen und sah Victor ruhig an. „Und Sie schwören, dass ich sie nach einem Monat mitnehmen kann? Ohne Streit und Drohungen?“
„Sie haben mein Wort.“
„Oh, ich hätte schon gern mehr als das. Einen Vertrag, am besten vom Notar unterzeichnet.“
Victor hob die Augenbrauen, als hätte er nicht erwartet, dass Kevin so geschäftstüchtig war. „Dann haben Sie sicher auch nichts dagegen, dass ich einen Absatz hinzufüge? Einen, der besagt, dass wir Pippa zurückbekommen, wenn Sie auch nur ein einziges Mal rückfällig werden?“
„Kein Problem, denn das wird nicht passieren.“ Kevin streckte Victor die Hand hin, der nach kurzem Zögern einschlug.
Und Kevin konnte nur hoffen, dass er diesmal die richtige Entscheidung getroffen hatte.
4. KAPITEL
Wie in Trance folgte Julianne Kevin nach draußen, blieb am Ende der Einfahrt stehen und sah ihm hilflos nach, als er zu dem zerbeulten Truck ging.
„Ich hatte wirklich keine Ahnung“, brachte sie schließlich hervor. „Von Dads Plan, meine ich.“
Grinsend drehte er sich zu ihr um. „Obwohl es ursprünglich Ihre Idee war?“
Und sie hatte gehofft, dass er die Bemerkung überhört hatte. „Nur, dass Sie bei uns wohnen. Das mit dem Geld stammt allein von Dad.“
„Und im Moment freuen Sie sich darüber, dass ich käuflich bin.“
„Wenn er Ihnen Zwanzigtausend dafür angeboten hätte, dass Sie Pippa ganz bei uns lassen, hätten Sie dann zugestimmt?“
„Was?“, stieß er hervor. „Sind Sie verrückt? Ich hätte sie nicht für eine Million aufgegeben.“
Julianne musste lächeln. „Dann sind Sie auch nicht käuflich. Aber man kann mit Ihnen verhandeln.“
Die Fahrertür des Trucks quietschte laut, als er sie öffnete. „Trotzdem ist es eine verfahrene Situation. Und in einem Monat wird sich nichts daran ändern, was alles noch schlimmer macht.“
„Wieso denken Sie das?“, fragte Julianne und ging nun doch zum Truck hinüber. „Sie könnten hier einen Job finden. Einen dauerhaften, meine ich. Eine eigene Wohnung. Ich weiß, es ist nicht Ihre Idealvorstellung, aber vielleicht finden wir einen Kompromiss?“
Kevin lächelte leicht. „Ja, vielleicht. Wie gesagt, ich lasse mit mir handeln. Solange feststeht, dass meine Tochter bei mir leben wird. Wo das ist, spielt keine so große Rolle.“ Sein Lächeln wurde breiter. „Aber um noch mal darauf zurückzukommen … Es war Ihre Idee, dass ich bei Ihnen im Haus wohne, aber dann haben Sie es sich anders überlegt? …“
„Umgekehrt. Dad war anfangs dagegen, also hat er es sich anders überlegt.“
„Er muss wirklich verzweifelt sein. Wenn man bedenkt, dass ich Abschaum für ihn bin.“
„So schlimm ist es nicht“, murmelte Julianne.
„Doch. Aber ich kann’s ja irgendwie verstehen. Ihr Vater und ich stehen vielleicht auf verschiedenen Seiten, aber wir wollen beide das Beste für Pippa. Deshalb kann ich seine Sorge nachvollziehen. Aus
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