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Eine Familie für Julianne

Eine Familie für Julianne

Titel: Eine Familie für Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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auch ziemlich früh aufstehe.“
    Pippa kaute mittlerweile auf ihrer kleinen Faust herum – ihm blieben noch etwa dreißig Sekunden, bevor sie vor Hunger losheulen würde. Doch als er sie in den Kinderstuhl setzen wollte, bemerkte Victor: „Dafür ist sie noch nicht groß genug.“
    Beim Wickeln hatte Kevin deutlich gemerkt, wie stark sein kleines Mädchen schon war, abgesehen davon konnte man den Stuhl in alle möglichen Positionen einstellen. Aber es war wohl nicht besonders klug, sich gleich am ersten Tag mit ihrem Großvater zu streiten, deshalb fragte er: „Könnten Sie sie dann halten, während ich die Flasche mache?“
    „Natürlich, ich bin doch kein Krüppel! Und die Sachen sind im Schrank über der Spüle, falls Sie die suchen.“
    Pippa machte es sich auf Victors Schoß gemütlich und streckte die Händchen nach seiner Schale Cornflakes aus. „Oh nein, das ist noch nichts für dich“, sagte ihr Großvater.
    Ihr freudiges Gebrabbel wurde zu enttäuschtem Heulen, und Kevin musste sich das Lachen verkneifen, als er sah, wie ungnädig Pippa schaute, als Victor ihr seinen Finger in den Mund steckte.
    „Wo ist Julianne?“, fragte er.
    „Im Bett, hoffe ich.“ Kevin machte nach der Anleitung auf der Dose das Fläschchen zurecht. „Ich habe sie schlafen geschickt. Pippa war letzte Nacht drei Mal wach.“
    „Im Ernst?“
    „Ja.“ Mit einem sauberen Geschirrtuch über der Schulter nahm Kevin Victor das Kind ab und setzte sich zu ihm an den Tisch. Pippa griff nach der Flasche, als hätte sie wochenlang nichts zu essen bekommen. Während sie hungrig trank, schaute Kevin sich in der Küche um.
    „Sie planen wohl einen Umbau?“
    „Ja, leider muss es im Moment bei der Planung bleiben. Der Arzt hat mir so ziemlich alles verboten, bis sich mein verdammter Nerv beruhigt hat.“
    „Sie wollten alles selbst machen?“
    „Das meiste. Streichen, den Boden … Und ich dachte daran, die Schränke abzubeizen und neu zu lackieren. Sie sind aus Vollholz und eigentlich zu schade zum Wegwerfen. Die Farbe war nicht meine Idee, glauben Sie mir.“
    „Das ist eine Menge Arbeit.“
    „Für einen alten Mann, wollen Sie sagen.“
    „Für jeden. Ich habe meinem Bruder gerade geholfen, ein hundert Jahre altes Haus zu einem Gasthof umzubauen, und ich weiß immer noch nicht genau, wie wir es geschafft haben.“
    „Ich habe die meisten Sachen hier im Haus selbst gemacht. Oder zusammen mit meinem Vater, als es noch ihm gehörte.“ Nachdenklich schaute Victor in den Garten hinaus. „Dieses Haus war immer der sichere Hafen, in all den Katastrophen, die wir erlebt haben. Die einzige Konstante, auf die ich mich verlassen konnte. Die Gartenarbeit …“
    Er schaute zu Kevin hinüber. „Das ist wohl meine Therapie.“
    Na so was. Damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet. Unter Victors aufmerksamem Blick nahm Kevin Pippa die halb leere Flasche ab und ließ sie ein Bäuerchen machen, bevor er sie ihr zurückgab.
    „Reden wir etwa gerade zivilisiert miteinander?“, fragte er grinsend.
    „So früh am Tag bin ich noch nicht in Form“, erwiderte Victor und fügte widerwillig hinzu: „Sie machen Ihre Sache nicht schlecht.“
    „Na ja, egal welchen meiner Brüder ich besuche, als Erstes bekomme ich ein Kind in den Arm gedrückt“, sagte Kevin. „Da lernt man schnell. Apropos … wieso macht Julianne die Nachtschicht ganz allein?“
    Victors Augen blitzten auf. „Ich würde ja gern …“
    „Ich meinte, bevor Sie sich den Rücken verletzt haben.“
    „Noch mal, ich würde ja gern. Aber Julie lässt mich nicht. Sie behauptet, dass es nicht nötig ist, weil Pippa gar nicht so oft aufwacht.“
    „Haben Sie Ihre Tochter in letzter Zeit mal angeschaut? Oder ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass sie aussieht wie ein Zombie?“
    „Ich weiß, wie meine Tochter aussieht! Und nur zu Ihrer Information: Vor einem Jahr war es noch viel schlimmer.“
    „Das ist nicht Ihr Ernst.“
    „Allerdings. Also steigen Sie mal wieder von Ihrem hohen Ross herunter. Ich hatte keine Ahnung, dass die Kleine sie die ganze Nacht wachhält – aber nur, weil Julie mir nichts davon gesagt hat, und nicht, weil ich zu faul bin oder denke, dass das ihre Aufgabe wäre. Verstanden?“
    Verärgert über seine eigene Dummheit beugte sich Kevin über Pippa. „Das kam anders rüber, als ich es meinte“, murmelte er. „Aber ich habe diesen Zombielook bei jungen Müttern schon öfter gesehen, deshalb habe ich mich eben gefragt, was los ist.“
    Victor

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