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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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bekam davon fast nichts mit; er starrte den »Jungen« einfach nur an. Der Boden unter seinen Füßen wankte wie bei einem kleinen Erdbeben, das jeden Nerv seines Körpers erzittern ließ. Er war außerstande, etwas anderes anzusehen als diese Augen. Heute waren sie nussbraun, obwohl er wusste, dass sie manchmal grün schimmerten. Sie waren umrandet von dichten schwarzen Wimpern und einem Schopf von unordentlichem dunklen Haar. Auf dem Gesicht zeigte sich ein Ausdruck von Überraschung und Bestürzung, der ihm sofort unmissverständlich vertraut war.
    James wurde blass und spürte, wie ihm das Blut in die Füße schoss. Sein Magen hob sich heftig   – wenn auch nicht auf unangenehme Weise. Einen Augenblick stand er einfach nur dumm da und glotzte, während der »Junge« zurückstarrte. Eine Reihe von Gefühlen wechselten sich auf ihrem Gesicht ab: Verlegenheit. Panik. Und noch etwas   …
    »Du!« Er stieß das Wort zusammen mit einem Schwall Luft hervor   – wie ein jungenhaftes Erschrecken, das ihn sehr ärgerte. Es löste außerdem einen Hustenanfall aus. Er beugte sich vornüber und verfluchte seine angeschlagene Gesundheit, während er sich gleichzeitig fragte, wie es möglich sein sollte, ruhig und verbindlich zu wirken, wenn man sich die Lunge aus dem Leib hustete. Als er sich wieder aufrichtete, dröhnte es in seinen Ohren, und vor seinen Augen schwammen dunkle Flecken.
    »Mein lieber Junge! Ist alles in Ordnung?«
    Er nickte, denn er traute sich noch nicht zu, etwas zu sagen. Ein heimlicher Blick in sein Taschentuch zeigte gottlob kein Blut. Die Sekunden vergingen. Er musste etwas sagen, verdammt. Es kostete ihn einige Mühe, doch er unterbrach Harkness’ wohlmeinendes Gefasel, indem er sagte: »Nur ein leichter Husten; hat rein gar nichts mit Malaria zu tun.« Er sah Mary direkt an, während er sprach, doch ihr Ausdruck war inzwischen vollkommen neutral. Verdammt. Er hatte ihr die Gelegenheit gegeben, sich zu fassen.
    »Natürlich   …« Harkness klang nicht überzeugt. »Wie ich sagte, Quinn wird Ihnen bestimmt gut zuarbeiten. Er ist ein kluger Bursche, der gerne mehr über unser Gewerbe lernen möchte. Stimmt doch, mein Kleiner?«
    »Ja, Sir.«
    »Also gut, dann ist das abgemacht. Ich nehme an, Sie würden gerne die Baustelle kennenlernen, Easton?«
     
    Er sah so verändert aus, dass sie sich fragte, ob sie ihn überhaupt erkannt hätte. Er war natürlich immer noch hochgewachsen, aber seine Schultern schienen auf einmal zu breit für seine zerbrechliche Figur zu sein. Er war sonnengebräunt, doch statt gesund und entspannt auszusehen, schien er zu beben vor innerer Anspannung. Und sein Gesicht hatte einen scharfen Zug, der ihr neu war. Er hatte immer ernst oder gar streng ausgesehen, aber dieser düstere Ausdruck war neu. Dann hatten sie sich in die Augen geblickt, und sie spürte, wie eine tiefe Wärme sich durch ihren ganzen Körper zog. Natürlich hätte sie ihn erkannt; diese Augen hätte sie überall erkannt. Sie verspürte atemlose Anspannung. Es war auf einmal schwer, den Blick abzuwenden, doch dann gelang es ihr. Hoffentlich hatte das jetzt nicht kokett gewirkt.
    Der Rundgang über das Baugelände schien ewig zu dauern. Harkness plapperte nervös, James nickte verständnisvoll, und sie folgte den Männern schweigend. Was für ein absurder, unwahrscheinlicher Streich des Schicksals, dass sie James Easton hier begegnete, als Junge verkleidet. Er hatte einen Gehilfen gefordert oder war das die Idee von Harkness gewesen? Und was verriet das nun wieder darüber, was Harkness mit ihr vorhatte? Er konnte doch unmöglich die Wahrheit über ihre Rolle wissen.
    Oder doch?
    Und dann waren sie allein. Mary stand bewegungslos da, mit angespannten Nerven, und wartete auf seine Attacke. Ihre Lage war unmöglich und gewissermaßenskandalös, ein perfektes Fressen für die dreisten, unverschämten Feststellungen, die er so gern machte. Zweifellos hatte er sich während der Runde schon ein paar vernichtende, scheinheilige Bemerkungen zurechtgelegt, die er mit seinem üblichen anmaßenden Näseln loswurde. Sie war nur verwundert, dass er sich damit zurückgehalten hatte, solange Harkness anwesend war.
    Sie wartete.
    Und wartete.
    Und wartete immer noch.
    Nachdem sie ganze fünf Minuten geschwiegen hatten, sah sie ihn an. Er starrte zu den Handwerkern hinüber, die am Fuß des Turmes arbeiteten, doch als ob er spürte, dass sie ihn ansah, wandte er sich ihr zu.
    »Ich finde«, sagte er im Plauderton, »dass

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