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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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wir mit den Steinmetzen anfangen sollten. Äh, Quinn, so ist doch dein Name?«
    So ging es den ganzen Nachmittag weiter. Sie beobachteten   – oder besser, James beobachtete Handwerker, inspizierte Gerüste, untersuchte Sicherheitsvorrichtungen und notierte sich schwierige oder gefährliche Arbeitsvorgänge. Er arbeitete ohne Hast, erledigte jedoch eine ganze Menge. Und während all dieser Erledigungen behandelte er sie mit distanzierter Höflichkeit, genau wie er es mit jedem jungen Ge hilfen getan hätte.
    Sie hatte ihn über ein Jahr nicht gesehen. Hatte nicht erwartet, ihn jemals wiederzusehen. Trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass er, bei ihremNachnamen und bei ihrem Gesicht, ganz vergessen hatte, wer sie war. Sie hätte schwören können, dass er sie in jenen ersten prickelnden Momenten sofort erkannt hatte. Dieses Keuchen   – war das nicht Überraschung gewesen? Er hatte es vielleicht mit einem Hustenanfall verbergen wollen, aber das Aufblitzen seiner Augen, als er sie erkannte, war ihr nicht entgangen.
    Oder hatte sie sich geirrt? Ihr Verstand sagte ihr, dass sie, wenn er sie tatsächlich nicht erkannt hatte, Grund zum Feiern hatte. Wenn sie allerdings ganz ehrlich war, verletzte diese naheliegendste Vorstellung ihren Stolz. Er   – was war er? Ein bisschen zu jung, um schon ein »Mann« zu sein, aber doch wirklich kein »Junge« mehr   – verdammt, er, James, hatte sie schließlich geküsst. Klar, er hatte eine Gehirnerschütterung gehabt und war etwas durcheinander und wahrscheinlich auch noch im Delirium gewesen vom Einatmen des Rauches   – aber er hatte sie an eine Wand gedrückt und geküsst. Zwei Mal. Sie erschauerte vor Behagen bei der Erinnerung. Es stimmte, ein Teil von ihr hoffte, dass James, trotz der Komplikationen, die daraus entstehen würden, genau wusste, wer »Mark Quinn« war.
    Und wenn er sich erinnerte, war es dann nur eine vage, vielleicht ganz verschwommene Erinnerung? Das schmerzte sogar noch mehr. Wie viele Mädchen hatte James schon geküsst? Mehr als nur ein paar, wenn man davon ausging, wie er geküsst hatte.
Und woher willst du das wissen?,
stichelte ihre innereStimme.
Wer hat dich denn sonst noch geküsst?
Es wäre sogar noch schlimmer, wenn ihm ihr Gesicht bekannt vorkam, er aber nicht wusste, woher.
    Sei vernünftig
, fuhr ihre innere Stimme fort, diesmal kühl und bestimmt. Obwohl er sie bereits in Jungenkleidern gesehen hatte, war die Tatsache, dass er sie nicht erkannte, eigentlich ein Kompliment für ihr Geschick im Verkleiden.
    Erst am Ende des Tages deutete sich an, dass er sie als Person und nicht bloß als nützliches Hilfsmittel wahrnahm.
    »Quinn.«
    Sie blickte auf   – und hielt den Atem an. Er sah ihr direkt in die Augen. »J-ja, Sir?«
    »Mr Harkness erwähnte, dass du neu im Gewerbe bist.«
    Sie nickte langsam.
    Sein Blick glitt über ihr unbeholfen geschnittenes Haar, ihr Äußeres eines schmuddeligen Jungen. Ein leichtes Lächeln spielte um seinen Mund. »Wieso bist du hierhergekommen?«
    »Sir?«
    »Auf diese Baustelle? Es ist ungewöhnlich, dass ein junger Bursche ohne vorherige Erfahrung oder Beziehungen auf einer Baustelle eingestellt wird. Du musst Eindruck gemacht haben auf Mr Harkness.«
    »Er hat sich sehr großzügig gezeigt.«
    »Verstehe.« Sein Blick blieb irgendwo über ihrer Taille hängen   – sie hielt einen aufgerollten Bauplan   –und verweilte so lang, dass sie sich vor Unbehagen wand. »Was hast du vorher gemacht?«
    Sie zögerte. Ein Teil von ihr wollte schreien:
Als ob du das nicht weißt!
»Dies und das, Sir, meistens Laufbursche. Aber nichts, was man ein Handwerk nennen könnte.« Das stimmte   – und war allgemein genug.
    »Nein. Das ist ja offensichtlich.«
    Sie wartete, aber er wurde nicht genauer. »Wie kommen Sie darauf, Sir?«, fragte sie schließlich.
    Er nickte zu der Papierrolle. »Deine Hände sind weich und blass; keine Arbeiterhände.« Das verhaltene Lächeln erschien wieder und diesmal blitzte es in seinen Augen. »Man könnte sogar sagen, Damenhände.«
    Sie erstarrte und war kaum in der Lage zu atmen. Höchste Zeit für eine schlaue, freche Antwort, aber ihr Geist war ebenfalls in Schockstarre. Sie konnte ihn nur anglotzen, immerhin mit geschlossenem und nicht mit offenem Mund. Mehr schaffte sie nicht.
    James zuckte die Schultern und sah umständlich auf die Uhr. »Ah   – sechs Uhr. Ich sollte dich nicht länger aufhalten, kleiner Quinn.«
    Sie brauchte einen Augenblick, um die Worte zu

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