Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn
Schulter, dann lachte sie abfällig über Marys erschrockene Reaktion.
Dieses Winken: Es erinnerte sie vage an etwas. Es gab etwas, das sie tun musste … aber sie konnte beim besten Willen nicht darauf kommen, was es sein mochte. Na gut. Sie hatte einen langen Weg vor sich. Vielleicht würde es ihr ja unterwegs einfallen.
Zwanzig
Unterwegs vom Palasthof nach Bloomsbury
J ames war zutiefst beunruhigt. Seine Bitte, die buchhalterischen Unterlagen ansehen zu dürfen, was er für eine reine Formsache gehalten hatte, war bei Harkness auf Ausflüchte, Verzögerungen und schließlich nur sehr widerwilliges Entgegenkommen gestoßen. Nachdem er endlich Zugang erhalten hatte, rechnete James mit einer Stunde Arbeit; stattdessen hatte es seinen ganzen Tag in Anspruch genommen. Jetzt saß er mit von sich gestreckten Beinen in seiner Kutsche auf der Heimfahrt nach Bloomsbury. Er starrte aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen. Der unangenehme Verdacht, den er schon die ganze Woche gehegt hatte und der rasch zur Gewissheit wurde, beschäftigte ihn immer noch.
Er hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. George würde an einem Samstagnachmittag fort sein, und die Aussicht, in dem großen Haus allein zu sein, war ziemlich abschreckend. Er würde nur weiter über diese verfahrene Situation brüten, in der sich Harkness befand, und überlegen, was er dagegenunternehmen könnte – wenn das überhaupt möglich war. Der Heimweg brachte ihn auch einer abendlichen Verpflichtung einen Schritt näher: eine Einladung zum Abendessen bei Harkness zu Hause. Er hatte die Einladung vor einigen Tagen angenommen, mehr aus Pflichtgefühl als aus Vergnügen. Aber nach dem, was er heute herausgefunden hatte, konnten weder er noch Harkness dem Mahl mit Freude entgegensehen. Um genau zu sein, nur ein lächerlicher Hoffnungsschimmer hielt ihn davon ab, in letzter Minute eine Ausrede zu erfinden und abzusagen. Wenn er heute Abend mit Harkness, dem alten Freund seines Vaters, privat reden konnte, stellten sich die Dinge vielleicht nicht als ganz so fatal heraus, wie es jetzt den Anschein hatte.
Das waren seine Gedanken, während die Kutsche sanft schaukelnd am nördlichen Ufer der Themse entlangfuhr. Mürrisch starrte er auf die Straße. Das Wetter draußen war auch nicht besser als seine Stimmung. Sein Blick blieb an einer Gestalt hängen, die unsicheren Schrittes die Straße entlangging. Sie nahm einen bizarren Zickzackkurs von Laternenpfahl zu Laternenpfahl und setzte die Füße äußerst vorsichtig auf, als habe sie Angst, auszurutschen und hinzufallen. Die Gestalt kam ihm sofort unterbewusst bekannt vor: die letzte Person, die er in solch einem Zustand zu sehen erwartete, aber die erste, die er in jedem Fall überall erkannte. Er klopfte zweimal fest an das Kutschendach und sie verlangsamten das Tempo neben der torkelnden Gestalt.
Schmal. Ziemlich schmutzig. Gerötete Wangen.
James griente spöttisch. Eine bessere Ablenkung konnte er sich nicht vorstellen. »Haben Sie sich verirrt?«, rief er durch das Fenster.
Ihr Kopf fuhr herum, sodass sie wankte. Sie brauchte einen Moment, um ihn richtig zu erkennen. Doch dann war sie so offensichtlich erfreut, dass ihm ganz schwach wurde. »Sie!«
Er grinste wie ein Idiot. Jede nassforsche Stichelei war jetzt unangebracht. »Sie sehen aus, als würden Sie gerne mitfahren.« Die Kutsche blieb stehen. Barker wandte höflich das Gesicht ab, als er die Tür öffnete und die Stufen herunterklappte, aber James konnte sich seinen Ausdruck des Missfallens bestens vorstellen.
Mary sah ziemlich verblüfft aus. »Was machen Sie denn hier?«
»Ich fahre heim. Steigen Sie ein.«
Sie legte eine Hand auf die Stirn, als ob sie sich an etwas zu erinnern versuchte.
»Immer noch Schicklichkeits-Vorbehalte?«
»Nein …«
»Ist es, weil Ihre Verkleidung so überzeugend wirkt?«
Sie runzelte die Stirn. »Ich – also, na ja …«
»Ach, hören Sie schon auf.« Er beugte sich hinaus, packte sie bei den Oberarmen und hob sie einfach in die Kutsche. Zum Kuckuck mit den Stufen und der Schicklichkeit und ihren Klamotten. Sie war ganz leicht und doch erschreckte ihn seine eigene Kraftlosigkeit.Vor einem Jahr hätte er überhaupt keinen Gedanken an den Kraftaufwand verschwendet; heute benötigte er seine ganze verbliebene Stärke, um sie hochzuheben. Dennoch gelang es ihm, sie verhältnismäßig sanft neben sich auf die Bank zu setzen, und als sie endlich aufhörte, sich kichernd zu ereifern, waren sie wieder
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