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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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gelaufen war, stand jedoch auf einem ganz anderen Blatt. Sie hatte kein Recht, sein Leben einfach so durcheinanderzubringen und dabei vielleicht gar nicht zu merken, dass sie das tat. Und er   – lud sie einfach so in seine Privatsphäre ein, wo er von ihr kaum mehr als ihren Namen kannte. Aber für solche Vorsicht war es jetzt zu spät.
    ***
    Mary folgte der amazonenhaften Haushälterin zwei breite Treppen hinauf. Sie war gleichzeitig fassungslos und belustigt. Fassungslos, dass sie hier in James’ Haus war, in den Privaträumen dieses Mannes. Er war doch eigentlich so zurückhaltend, und das hier bedeutete eine neue Stufe der Vertrautheit, über die sie nur widerstrebend, wenn nicht gar ängstlich nachdenkenwollte. Mit dem Gefühl der Belustigung war es einfacher. Mrs Vine, die ihr vorauseilte, hätte aus einem Boulevardstück stammen können: versteinertes Gesicht, rasiermesserscharfe Zunge und alles, was dazugehörte. Wahrscheinlich war sie schon bei den Eastons in Diensten gewesen, als James noch ein kleines rundes Baby gewesen war (unvorstellbar!), und zuckte nicht mal mit der Wimper, wenn James abgerissene kleine Jungs mitbrachte, die sich dann als Frau entpuppten.
    Die Wirkung des Biers ließ allmählich nach, wenigstens dessen war sie sich sicher. Sie hatte ihre Gliedmaßen wieder fast unter Kontrolle, hatte schrecklich Durst und musste ganz dringend Wasser lassen. Wie viel hatte sie überhaupt getrunken   – zwei Halbe? Oder drei? Mehr als je zuvor, das war mal sicher   – dabei hatte sie das Gefühl gehabt, so vorsichtig zu sein. Offensichtlich musste sie noch eine ganze Menge über Männer lernen, ob über Handwerker oder arrogante Herren.
    Auf dem zweiten Treppenabsatz blieb Mrs Vine stehen. »Ich hoffe, Ihnen nicht zu nahe zu treten, Miss Quinn«, sagte sie mit förmlicher, beherrschter Stimme, »aber würden Sie vielleicht gerne eine etwas ausführlichere Toilette machen wollen?« Als Mary sie verdattert ansah, fügte sie hinzu: »Ich könnte Ihnen ein Bad einlassen   …«
    Mary wusste, dass sie sich eigentlich beschämt fühlen sollte. Was musste diese Frau davon halten, dass sie taumelnd, schmutzig und abgerissen insHaus kam und Essen und ein Bad brauchte! Aber Mary hörte nur das Zauberwort
Bad
. »Ach ja, gerne«, sagte sie ziemlich inbrünstig. »Wenn das nicht zu viel Mühe macht   …«
    Wie absurd, so etwas zu sagen. Ein Bad machte immer Mühe, viel Mühe. Erst musste Wasser heiß gemacht und drei Stockwerke hochgeschleppt werden, und dann musste das schmutzige Wasser auch noch nach unten gebracht werden, und die Handtücher mussten in die Wäsche. Doch Mrs Vines Mundwinkel deuteten majestätische Zustimmung an, und schon befand sich Mary in einem Raum, der ausschließlich zum Baden eingerichtet war. Das war ja richtig protzig, ein gekacheltes Zimmer eigens zum Baden, mit heißem Wasser, das aus einer Leitung kam, und mit einer Badewanne, die von selbst ablief. Was für eine amüsante Vorstellung, dass James ein Modernisierer mit Badezimmerfimmel war.
    Dieses zweite Bad innerhalb einer Woche war natürlich ganz gegen ihre Rolle als echter Arbeiterjunge. Ein Bad sollte ein ganz seltener Luxus sein für Mark Quinn, und es hätte in einer niedrigen Zinkwanne neben dem Küchenkamin stattfinden sollen, nicht in so einem speziell dafür gestalteten Tempel der Sauberkeit. Aber heute Nachmittag machte sich Mary darüber keine Gedanken; nie zuvor hatte sie so in Wasser und Seife geschwelgt. Als sie herauskletterte, stellte sie fest, dass Marks schmutzige Sachen, die hinter dem Wandschirm gelegen hatten, verschwunden waren. Stattdessen lag dort ein Nachthemd ausfeinem Leinen, das tadellos gebügelt war und nach Zedernholz duftete, dazu ein leichter Morgenrock. Beides war viel zu groß für sie. Das Nachthemd bauschte sich um ihre Knöchel und der Morgenrock schleifte am Boden. Sie wurde eingehüllt in den typischen James-Duft, der sie wärmte und sie gleichzeitig frösteln ließ. Sie kam sich kühn und skandalös vor   – fast wie ein gefallenes Mädchen. Wie die Art von Frau, die sie nie gewesen war.
    Sie kämmte sich das Haar   – ein seltsames Gefühl, da ihr die Borsten über den bloßen Nacken kratzten. Und dann tauchte Mrs Vine auf, um sie wieder nach unten zu bringen. Die nüchterne Förmlichkeit des Wohnzimmers   – James und George konnten anscheinend mit Ziergegenständen und Sofakissen nichts anfangen   – ließ sie etwas zurückzucken. Sie war sich der zwei dünnen

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