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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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wieder aufkreuzte, ließ sie sich noch ein Glas Bier spendieren.
    Als ob die Erwähnung seines Namens ihn heraufbeschworen hätte, flog die Kneipentür auf und Keenan höchstpersönlich trat herein. Reid, der schon halb beim Tresen war, wurde bleich und hielt sich an einem Tisch fest. Er blieb stehen und wartete.
    Keenan sah wie immer übel gelaunt aus. Er war am Morgen bei der Arbeit gewesen und hatte sich merkwürdig still verhalten. Harkness hatte ihn bewusst übersehen und ihn wegen seines unerlaubten Fehlens am Tag zuvor auch nicht zur Rede gestellt. Jetzt saugte sich sein Blick an Reid fest, und obwohl es in dem Pub dämmrig war, verengte er die Augen zu Schlitzen. Die Stille zwischen den beiden war spannungsgeladen. Schließlich sagte Keenan mit leiser Stimme: »Komm mit raus.«
    Reid schluckte und starrte ihn an. Er hatte schnell getrunken und doppelt so viel Bier hinuntergestürzt wie Mary. Das schien ihn etwas benebelt zu haben. Oder vielleicht lag es auch an Keenans Blick.
    Keenan zuckte ungeduldig. »Nun komm schon, Mann   – ich bring dich schon nicht um.« Das war keine gute Wortwahl und Reid wurde noch bleicher.Er krallte die Finger um seinen Bierkrug. Und als ob er dadurch an das Bier erinnert wurde, hob er den Krug und trank ihn in einem Zug aus. Er hatte die Augen weit aufgerissen und die Röte seiner Wangen schien wie eine Maske auf der bleichen Haut zu sitzen. Dann stellte er den Krug auf den nächstbesten Tisch und folgte Keenan aus dem Pub wie einer, der seinem Henker folgt.
    Mary ließ ihnen eine halbe Minute Vorsprung, dann stand sie auf und wollte hinterher. Doch plötzlich kippte die Welt seitlich weg, die Gesichter der Männer um sie verschwammen und verzerrten sich grotesk. Ihre Knie gaben nach. Sie suchte Halt an der Tischkante. Etwas Hartes knallte schmerzhaft auf ihre Hand. Was zum Teufel   …?
    Grob wurde sie an der Schulter gepackt und sie wehrte sich dagegen. Er durfte sie nicht anfassen. Er durfte nichts merken. Etwas knallte hart gegen ihren Hintern und sie wehrte sich wieder. Wo war oben und unten? Was war nur mit ihren Augen los? Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Sie rang nach Atem. Es war, als ob sie auf festem Boden ertrinken würde. Sie stand doch noch auf festem Boden, oder? Jetzt begann das Bier in ihrem Magen zu rebellieren. Bitte nicht. Nicht das auch noch.
    Der Druck auf ihren Hintern ließ nicht nach, flach und hart, nicht von einer Person. Also kein Mann. Allmählich nahm sie ein allgemeines Gewieher wahr. Nach und nach löste sich die Welt in einzelne Farben auf, Braun, Gelb und Hauttöne kristallisierten sichheraus. Natürlich, sie war in der Kneipe, saß noch auf derselben Bank, umgeben von denselben Arbeitern.
    Das pochende Rauschen in ihre Ohren ließ nach.
    Ebenso die Übelkeit.
    Sie merkte, wie sie langsam und tief ein- und ausatmete.
    »Du siehst ja aus, als ob du gleich umkippst«, gluckste einer der Schreiner.
    Der Mann neben ihr ließ ihre Schulter los und grinste. »Bist wohl kein großer Trinker, was, mein Kleiner?«
    Mein Kleiner
. Das hörte sie mit Erleichterung.
    »Das kommt vom Sitzen«, fügte ein anderer hinzu.
    »Klar«, bestätigte wieder ein anderer. Dann gab es lauter Ratschläge, leider ein paar Bierchen zu spät. Anscheinend hatte sie zwei Anfängerfehler gemacht: Sie hatte nichts gegessen, ehe sie ins Pub gekommen war, und hatte sich nicht klargemacht, dass durch plötzliches Aufstehen das Gefühl fröhlicher Gelassenheit in heftige Trunkenheit umschlagen konnte.
    Das waren gute Ratschläge. Und als sie erneut aufzustehen versuchte, diesmal ganz langsam, wankte der Raum kaum, wenn sich der Boden auch ziemlich uneben anfühlte. Komisch. Das war ihr beim Hereinkommen gar nicht aufgefallen. Sie machte erst einen, dann noch einen und dann einen dritten zaghaften Schritt, dann verabschiedete sie sich freundlich von ihren neuen Kumpanen. Als Nächstes kam die Wirtshaustür, die sich leichter aufstoßen ließ als erwartet; sie taumelte auf die Straße, aber das lag eindeutig ander Tür, die laut hinter ihr zuschlug. Wenigstens war sie jetzt im Freien.
    Wie viel Uhr war es? Spätnachmittag oder früher Abend? Es herrschte einiges an Verkehr: Kutschen, Männer in Anzügen, die noch geschäftlich unterwegs waren, und müde Arbeiter, die eilig nach Hause wollten. Ein paar wenige Prostituierte von der ärmeren Sorte lungerten herum und hielten halbherzig nach Freiern Ausschau. Eine warf ihr eine Kusshand zu und zuckte verhalten einladend mit der

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