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Eine Feder aus Stein

Eine Feder aus Stein

Titel: Eine Feder aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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veränderten.
    »Geht es dir um die Récolte oder um den anderen Ritus?«
    »Um beides.«
    »Lernst du, wie man unsterblich wird? Ist es das?«
    »Na ja …« Ich zögerte. Ich musste sie rumkriegen. Aber irgendetwas sagte mir, wenn ich jetzt mit der Tür ins Haus fiele, hätte sie gar keine Lust mehr und würde sich endgültig dagegen entscheiden.
    »Nicht so richtig. Mir geht es eher um die Frage, wie man die Kraft kontrolliert, wenn man sie erst einmal hat. Denn dann kann uns niemand mehr benutzen, egal, was bei diesem oder irgendeinem anderen Ritus passiert. Ich will einfach nur sichergehen, dass wir geschützt sind, unabhängig davon, was diese Freaks als Nächstes ausprobieren.«
    »Und, hast du schon was gelernt? Einen von den Zaubern ausprobiert?«
    »Nein. Ich schüttelte den Kopf und war auf einmal sehr müde. Ich griff nach einem Taschentuch und putzte mir die Nase. »Ich meine, ja, theoretisch lerne ich schon etwas, aber ich habe noch keinen der Zauber wirklich praktiziert.«
    »Und hast du herausgefunden, wie Daedalus bei der Récolte auf unsere Kraft zugreifen konnte?«
    »Nein, keine Ahnung«, antwortete ich langsam. »Manchmal verstehe ich es einfach nicht … es ergibt keinen Sinn. Ich begreife nicht, wie so etwas funktionieren kann. Aber ich habe das Buch ja auch erst vor ein paar Tagen gekauft und mich noch nicht allzu viel damit beschäftigen können. Ich wollte einfach nur ein bisschen was lernen, weißt du?«
    Thais nickte und warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. »Ich würde gerne noch weiter darüber sprechen«, sagte sie. »Aber ich muss mich fertig machen. Ich gehe mit Kevin ins Kino. Hör zu, lass uns das morgen oder irgendwann, wenn wir beide frei haben, noch mal durchdenken, okay? Vielleicht wird dann alles klarer.«
    »Ja, das wäre toll.« Was hätte ich sonst sagen sollen? Thais nickte ernst und sah aus, als wolle sie meine Beweggründe noch tiefer erforschen. »Willst du das da anziehen?«, fragte ich schnell, um sie vom Thema abzubringen.
    Sie blickte an sich herunter. »Nein. Ich wollte mir ein ärmelloses Kleid anziehen. Und einen Sweater, falls es im Kino kalt ist.«
    »Hast du überhaupt ein hübsches Kleid?«, fragte ich und zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
    »Ja«, entgegnete sie und hob ihr Kinn.
    »Nein, ich meine ein hübsches Kleid.«
    Seufzend stand Thais auf und öffnete meinen Kleiderschrank.
    7
    Wie gewöhnlich kam nichts Gutes im Fernsehen. Ich konnte es nicht glauben, dass ich, die beliebte Clio, an einem Samstagabend alleine zu Hause saß, während Mauerblümchen Thais ein Date mit einem richtig süßen Jungen hatte. Je länger ich trübsinnig im Haus herumschlich, desto mehr merkte ich, wie ich in Sachen Luc nachgab. Ich könnte ihn anrufen. Ihn sehen. Thais würde es nie herausfinden.
    Es fühlte sich entsetzlich an.
    Zeit, Racey einen Besuch abzustatten. Zum Glück hatte sie auch kein Date. Oh, wie tief die Mächtigen gefallen waren. Aber Della, Kris und ein paar andere würden auch da sein. Wir würden uns mit Fastfood vollstopfen, Musik hören und irgendwas total Mädchenmäßiges machen, unsere Fußnägel lackieren oder so. Es würde mich ablenken, und das war genau das, was ich jetzt brauchte.
    »Bis nachher, Nan!«, rief ich, während ich den Kopf in die Küche steckte.
    »Gehst du zu Racey?«, fragte sie und markierte sich die Stelle, die sie gerade las.
    »Mhm.«
    »Sei vorsichtig«, sagte sie. »Und komm nicht zu spät, okay? Hast du dein Handy dabei?«
    »Okay, okay und ja.« Ich nahm mir einen Apfel aus der Schale auf dem Küchentisch und biss hinein. Nan lächelte mir zu, und ich wünschte, ich wüsste nicht, dass sie mich siebzehn Jahre lang angelogen hatte. Ich lächelte zurück und griff nach meinen Autoschlüsseln.
    Der Camry stand gleich draußen. Ich kurbelte die Fenster herunter, um die Hitze rauszulassen. Wann würde es endlich kühler werden? Im November? Im Dezember? Argh. Wieder biss ich in den Apfel, ließ ihn zwischen meinen Zähnen stecken und fuhr vom Bürgersteig weg. Gott sei Dank konnte Luc mich nicht so sehen: ohne Make-up, das Haar von einer kitschigen Spange zusammengehalten, und, die Krönung, mit einem Apfel im Mund. Reizend.
    Was tat Luc nur? Wollte er mich nur ein bisschen triezen? Das wäre meine erste Vermutung gewesen, doch er hatte so ernst, so ehrlich gewirkt. Ja, richtig, dachte ich sarkastisch. Und mit seiner Ehrlichkeit ist es ja auch sehr weit her. Und dann Richard. Was hatte ich mir dabei nur gedacht?

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