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Eine Feder aus Stein

Eine Feder aus Stein

Titel: Eine Feder aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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seine Tattoos zu sehen waren. Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nicht folgen. Du hast das Auto also nicht in die Luft gejagt, aber alles andere hast du schon getan, oder wie?«
    Er runzelte die Stirn, entfernte sich ein paar Schritte von ihr und lief durch den Flur in die Küche. Er hatte keine Schuhe an seinen gebräunten Füßen und machte kein Geräusch auf dem Holzboden. Sie folgte ihm.
    »Wenn ich mein Messer mitgebracht hätte, würde ich dir jetzt deine verdammte Leber rausschneiden.«
    Er warf ihr einen Blick zu und packte ein paar Eiswürfel in ein Geschirrtuch. »Für dein hohes Alter bist du unerwartet blutrünstig, Petra.« Er hielt sich das Tuch an die Backe und zuckte leicht zusammen. »Blutrünstig und abartig stark.« Er ging zum Schrank und holte sich ein Glas. Auf dem Kühlschrank stand eine neue Flasche Scotch. Er füllte das Glas bis zur Hälfte. »Ich würde dir ja was anbieten, aber …«
    »Ich würde dir das Zeug sowieso nur ins Gesicht spucken.« Irgendetwas stimmte hier nicht, doch Petra wusste nicht, was.
    Richard trank einen Schluck und verzog keine Miene, als ihm der Alkohol die Kehle hinunterbrannte. »Das mit dem Auto war ich nicht. Aber alles andere schon.«
    Im Grunde ihres Herzens hatte Petra gehofft, die Mädchen hätten unrecht und Richard würde gar nicht hinter den Angriffen stecken. Er hatte immer einen Platz in ihrem Herzen gehabt, schon als kleiner Junge. Sie hatte seinen Schmerz wegen Cerise gefühlt, hatte gewusst, wie schlecht er bei dem Ritus weggekommen war. Dass ausgerechnet er so etwas getan hatte – es brach ihr das Herz.
    »Die anderen Dinge … das warst du?« Ihr wurden die Knie weich. Abrupt ließ sie sich auf den Küchenstuhl fallen.
    Richard zog sich einen weiteren Stuhl heran und ließ sich ihr gegenüber nieder. »Ich habe das alles getan, bevor ich die Zwillinge kannte. Ich wollte, dass sie sterben.«
    »Bei der Göttin, warum ?«
    Er starrte in sein Glas. »Als Daedalus mich herbeordert hat, hatte ich keine Ahnung, was los war. Dann hat er mir von den Zwillingen erzählt. Ich wusste, dass du Clio zu dir genommen hast – ich habe sie gesehen, als sie noch ein kleines Mädchen war. Aber Zwillinge … Sobald ich erfahren hatte, dass es zwei von der Sorte gab, wollte ich sie loswerden.«
    »Du wolltest keine volle Treize.«
    »Verdammt, nein, ich wollte keine volle Treize! Warum auch? Damit noch etwas Grauenvolles passiert? Was wäre es diesmal?«
    »Und du meinst, besser als den Ritus abzuhalten, wäre es, zwei unschuldige Kinder zu töten?« Eigentlich trank Petra nicht – ab und an vielleicht mal einen Schluck Wein, aber das war es auch schon. Doch jetzt wäre ihr ein Sherry sehr recht gewesen. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Warum bist du denn nicht zu mir gekommen?«
    Richard lachte spöttisch auf. »Ja, klar. Hey, Petra, ist es okay, wenn ich eins von deinen Kids abmurkse?«
    »Ich hätte dir helfen können, einen anderen Weg zu finden. Bis jetzt habe ich immer gedacht, du wolltest den Ritus abhalten.«
    Er winkte ungeduldig ab. »Noch mehr Kraft brauche ich nicht. Ich mache ja nicht mal von dem Gebrauch, was mir schon zur Verfügung steht. Wenn mich der Ritus altern oder auf natürlichem Wege sterben lassen könnte, dann würde ich mich vielleicht darauf einlassen. Aber es wird sich doch alles nur um Daedalus’ Machtgier drehen.«
    Petra saß ein paar Minuten da und dachte nach. Da war noch etwas anderes, etwas, das er ihr nicht sagte. »Oder ist es vielleicht, weil die Zwillinge Cerise so ähnlich sehen?«
    Rasch sah er auf und blickte sie aus seinen dunklen Augen an. »Ach, tun sie das?«, fragte er hölzern.
    »Tut es dir weh, sie zu sehen? Bist du immer noch böse, dass Cerise dich nicht wollte?«
    »Cerise wollte mich«, erwiderte Richard und leerte sein Glas. »Und ja, Thais und Clio sehen ihr ähnlich, geradezu unheimlich ähnlich sogar. Doch seit ich sie kennengelernt habe … eigentlich erinnern sie mich gar nicht so sehr an sie. Sie sind … ganz anders.«
    »Ja, das sind sie.« Petra verschränkte die Hände ineinander. »Was meinst du damit, ›Cerise wollte dich‹? Letztens hast du auch schon so etwas gesagt, von wegen, sie hätte dich nicht zurückgewiesen. Wovon redest du? Jeder weiß, dass Marcel um sie geworben hat. Und sie wurde schwanger, Herrgottnochmal! Du konntest ihr damals nicht den Hof machen. Also, nicht so richtig zumindest. Du warst … zu jung.«
    Ein Anflug von Schmerz zeichnete sich auf seinem Gesicht ab,

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