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Eine Feder aus Stein

Eine Feder aus Stein

Titel: Eine Feder aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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doch nicht. Bei der Vorstellung, dass Daedalus den Ritus abhalten will, bin ich völlig ausgeflippt. Es war, als … keine Ahnung, als wäre ich vorübergehend unzurechnungsfähig geworden. Andererseits … konnte ich es nicht durchziehen. Ich meine, ich bin vielleicht nicht Daedalus, aber ich weiß, wie ein Zauber funktioniert. Wenn ich wirklich und wahrhaftig gewollt hätte, dass sie sterben, dann wären sie jetzt tot. Aber aus den Zaubern, die ich auf die beiden angesetzt habe, gab es immer einen Ausweg.«
    Petra starrte ihn an. »Und deswegen findest du das in Ordnung, oder wie?«
    »Petra.« Er lachte bitter und schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Es ist auf keinen Fall in Ordnung. Nichts wird für irgendjemanden von uns je wieder in Ordnung sein. Aber unterm Strich habe ich die Zwillinge nicht umgebracht. Und nach den Wespen habe ich aufgehört, es zu versuchen.«
    »Was ist mit meinem Haus, das abgefackelt wurde?«
    »War ich nicht.«
    »Also, Clios Auto ist nicht von selber explodiert.«
    »Ich war das nicht. Petra, ich kenne die beiden jetzt. Es sind … nette Mädchen. Es tut mir wirklich leid, dass ich versucht habe, ihnen wehzutun, und in dem Moment, in dem ich begriffen habe, dass sie … real existierende Menschen sind, habe ich mit allem aufgehört.«
    »Ich kann dir nie wieder vertrauen.«
    »Ich war sowieso nie allzu vertrauenswürdig.«
    »Das stimmt nicht … Du warst unzuverlässig, aber ich habe dir vertraut. Ich habe darauf vertraut, dass du mich oder die Menschen, die ich liebe, nicht verletzt.«
    Eine Weile sagte er gar nichts. Dann suchte er Petras Blick. »Wenn du den Eindruck hast, dass sie immer noch attackiert werden, musst du herausfinden, wer dahintersteckt, und zwar schnell. Auch wenn man es nicht glauben möchte, es gibt Menschen, die noch skrupelloser sind als ich.«
    Sie sah ihn an. »Wenn sich herausstellt, dass du jetzt auch lügst, dass du den Mädchen noch irgendetwas antust, dann …«
    »Dann schneidest du mir mit deinem Messer die Leber raus, häutest mich, nähst mich wieder zusammen und was noch? Ach ja, du spuckst mir deinen Scotch ins Gesicht. Ich hab’s kapiert.«
    »Dann sorge ich dafür, dass du für den Rest deines Lebens dafür büßt«, sagte sie und stand auf. »Und wie ihr ja alle nur zu genau wisst, ist das eine lange, lange Zeit.«
    Sie ging, ohne sich noch einmal umzudrehen. Seltsamerweise glaubte sie ihm. Was bedeutete, dass irgendjemand anderes versuchte, den Zwillingen etwas anzutun.

Kapitel 29
    Thais
    »Bist du sicher, dass ich dich nicht im Auto mitnehmen soll?«, fragte mich Kevin am Montagnachmittag und deutete hoffnungsvoll auf seinen Wagen.
    »Ich würde ja gerne mitkommen«, sagte ich. »Aber ich kann nicht. Vielleicht morgen?«
    »Morgen«, erwiderte Kevin. Er kam näher und legte mir eine Hand auf die Schulter. Seine Berührung löste ein angenehmes Kribbeln in mir aus. »Kann ich dich später anrufen?«
    »Natürlich«, sagte ich. Wir küssten uns flüchtig und rissen uns dann voneinander los, bevor die unvermeidlichen Pfiffe und Neckereien einsetzen konnten. Kevin stieg in sein Auto und ich lief zur Straßenbahnhaltestelle.
    Heute Morgen vor der Schule hatte Petra Clio und mich in immer neue Lagen von Schutzzaubern gehüllt. Gestern Abend hatte sie uns erzählt, dass Richard alle Taten einschließlich des Wespenangriffs gestanden hatte, jedoch Stein und Bein schwor, nicht für den Hausbrand oder Clios Auto verantwortlich zu sein. Petra glaubte ihm. Was hieß, dass wir nach wie vor einen unbekannten Feind hatten.
    Clio hatte gehofft, Petra würde uns heute gar nicht erst zur Schule gehen lassen, doch das hatte sie. Nan hatte immer schon gefürchtet, das Jugendamt könne ihr Clio wegnehmen, wenn diese zu viel in der Schule fehlte. Also hatte Petra uns heute Morgen mit dem Auto zur Schule gefahren. Fast hatte ich erwartet, sie würde nach Schulschluss wieder dort stehen, doch ihr Auto war nirgends zu sehen.
    Was auch gut war, denn ich hatte sowieso nicht die Absicht, gleich wieder nach Hause zu fahren. Clio offensichtlich auch nicht, denn sie verschwand mit Racey und meinte, wir würden uns später sehen.
    Die Straßenbahn Richtung Innenstadt kam schon nach ein paar Minuten und ein ganzer Haufen Schüler stieg ein. Ich setzte mich auf einen Holzsitz und dachte an den Zwischenfall mit der Straßenlaterne. Richard. Es war einfach unglaublich. Ich meine, klar, er hatte schon immer rätselhaft und irgendwie hartgesotten gewirkt – aber musste er

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