Eine feine Gesellschaft
– im Gegensatz zu Ihnen erinnere ich mich nie, wo ich etwas gelesen habe –, daß man es einer Frau von zwanzig nicht vorwerfen kann, wenn sie nicht schön ist; wenn sie es aber mit vierzig noch nicht ist, dann ist es ihre Schuld. Haben Sie je ans Heiraten gedacht?«
»Ein- oder zweimal in der letzten Zeit. Die Folgen der Umwäl-zungen an der Universität sind endlos. Halten Sie Heiraten denn für empfehlenswert? Man kann doch so wunderbar mit Männern befreundet sein, deren Frauen mit zwanzig schön waren.«
»Eine schrecklich zynische Bemerkung. Auch verheiratete Frauen können Freunde haben; und für die Männer ist das ein eher beru-higendes Gefühl.«
»Soll heißen, Sie wären jetzt beruhigter, wenn ich verheiratet wä-
re.«
»Kate, legen Sie mir keine Worte in den Mund. Ich habe…«
»Antworten Sie mir ehrlich, wenn Sie wollen, daß ich Ihnen aus Ihrer scheußlichen Krise helfe.«
»Das ist nicht fair. Leute, die verlangen, daß man ihnen ehrlich antwortet, haben schon längst beschlossen, wie diese ehrliche Antwort lauten muß. Aber Sie irren sich. Ich würde mich nicht wohler fühlen mit Ihnen, aber ich glaube, ich hätte das Gefühl, daß Sie glücklicher wären, vor allem in diesen Zeiten der institutionalisierten Unsicherheit.«
»Ich werde Ihnen etwas sagen«, sagte Kate und riß sich zusammen. »Ich habe an die Worte einer erstklassigen Wissenschaftlerin geglaubt, die achtzig Jahre alt wurde und sich ständig neu verliebte.
Sie sagt, daß die Ehe für eine Frau jene beiden Dinge zerstört, die das Leben herrlich machen: Lernen und Freundschaften schließen.
Irgendwie scheint das jetzt nicht mehr so fraglos zu stimmen. Gießen Sie sich noch ein Glas ein, und erzählen Sie mir von Toadwell.«
»Frogmore. Daß Sie noch nie von ihm gehört haben, ist absolut 25
symptomatisch.«
»Ach, kommen Sie, Bill, wie viele Dekane kenne ich denn schon?«
»Können Sie mir den Dekan der Theologen nennen? Der Juristen? Der anderen Fakultäten? Verwaltungswissenschaftler? Be-triebswirtschaft? Ingenieurwissenschaften?«
»Den für Verwaltungswissenschaften nicht.«
»Trotzdem, die anderen kennen Sie.«
»Die meisten anderen Namen weiß ich nur wegen des Wirbels im letzten Frühjahr.«
»Immerhin. Aber den Dekan des University College kennen Sie nicht?«
»Frogmore?«
»Frogmore.«
»Wissen Sie, Bill, manchmal will ich einfach nicht wissen, wie der Dekan des University College heißt oder was es mit dem University College auf sich hat oder…«
»Soll ich Ihnen mal was sagen? Im letzten Frühjahr, als hier alles drunter und drüber ging, hat nur eine Institution weiter funktioniert.«
»Sagen Sie es mir nicht, lassen Sie mich raten.«
»Die Studenten des University College haben ihr eigenes Gebäu-de besetzt und gehalten. Sie erwiesen sich als die einzige wirklich loyale Studentenschaft dieser ganzen beschissenen Universität, und diese Universität hat nun, mit jener Dankbarkeit und Klugheit, die alle ihre Entscheidungen auszeichnet, beschlossen, dem University College den Hahn abzudrehen.«
»Bill, ich bin für die höheren Semester zuständig, nicht für die Colleges. Ich plane gerade die Vorlesungen und Übungen für das nächste Semester. Ich werde eine Text-Übung über die Romane von Bulwer-Lytton halten und vielleicht auch eine über die Literatur afrikanischer Entwicklungsländer. Ich spiele mit dem Gedanken, selbst in solch ein afrikanisches Entwicklungsland zu emigrieren.
Wollen Sie angesichts dessen, wirklich, daß ich nun auch das noch zu meinem Problem mache?«
»Ja, meine Dame, das will ich. Und zu Ihrem vierzigsten Geburtstag werde ich Ihnen ein ganz besonders reizendes Geschenk machen, wie es einer schönen und menschlich fühlenden Frau ge-bührt.«
»Wie würde Polly Spence sagen? Mein Gott, Polly Spence mit ihren lockeren Sprüchen. Alles Quatsch, würde sie sagen.«
26
Zwei
In unserer Moral muß unsere Stärke liegen.
»Ich bitte Sie nur um eins, Kate: Hören Sie zu. Geben Sie der Sache eine Chance. Denken Sie daran, daß hier Leute für das Überleben eines Colleges kämpfen, das sie selbst gar nicht brauchen. Diese Leute haben alle Festanstellungen in anderen Fachbereichen der Universität. Es geht um den Glauben an eine Sache.«
»Das gilt auch für Dekan Frogmore?«
»Sogar für den.« Bill McQuire und Kate waren einen Tag später auf dem Weg in den Club, wo sie mit Dekan Frogmore und einigen führenden Mitgliedern seiner Fakultät zum Lunch verabredet
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