Eine feine Gesellschaft
Seiten haben wir gehört, wieviel Sympathie Sie den Studenten entgegenbringen – wie bereitwillig Sie ihnen Zeit geopfert haben, schon lange bevor jetzt das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wir haben auch gehört, daß Sie gegen diesen Rummel um die Veröffentlichungen sind, dieses Bü-
cherschreiben um jeden Preis, und gegen Professoren, die nur Zeit 32
haben für ihre eigene Karriere.«
»Alles übertrieben, das versichere ich Ihnen. Ich habe im Unterrichten von Erstsemestern keine große Erfahrung und, ehrlich gesagt, keine besondere Sehnsucht danach. Ich gehe lieber mit Studenten der höheren Semester um; da hat schon eine gewisse Auswahl stattge-funden.« Sie blinzelte Bill McQuire zu.
»Warum unterrichten Sie nicht gern Erstsemester?« fragte Hankster. »Oder haben Sie das nur gesagt, um uns zu ärgern?«
»Ich habe das gesagt, weil es wahr ist – und Takt ist nicht gerade meine Stärke. Warum es die Wahrheit ist? Das liegt am Alter der Erstsemester – ein entzückendes Alter, keine Frage, aber nicht für mich. Ich halte Jugend für eine vorübergehende Erscheinung und ziehe es vor, sie außerhalb meines Blickfeldes vorbeigehen zu lassen. Natürlich habe ich nichts gegen junge Leute – abgesehen von der Tatsache, daß sie arrogant sind, verwöhnt, unhöflich, unfähig zu Kompromissen und keine Ahnung haben von dem Preis all dessen, was sie zerstören wollen. Es ist nicht so, daß ich mit ihren Überzeu-gungen nicht einverstanden wäre, oder daß es mir etwas ausmachte, wenn ich das nicht bin. Ich ziehe einfach diejenigen vor, die das Leben schon etwas reifer gemacht hat.
Was für eine lange Rede. Ich sollte besser nicht so deutlich sein; es gilt als wenig damenhaft und merkwürdig unpopulär, wenn man die Gesellschaft der Jugend nicht schätzt. Irgend jemand muß mich etwas gefragt haben, und nun rede ich schlecht über Kinder. Darüber habe ich die Frage vergessen.«
»Wir beantworten die Frage, warum wir Sie gebeten haben, sich uns anzuschließen«, sagte Klein. »Wir hatten den Eindruck, wir könnten Sie für ein College interessieren, dessen Studenten sich nicht mehr mit ihrer Rollenfindung herumschlagen: die älter, welter-fahrener, insgesamt reifer und absolut motiviert sind – eine Auswahl haben Sie das, glaube ich, genannt.«
»Ich verstehe«, sagte Kate. »Und soll ich nun zu einer bestimmten Aktion oder nur ganz allgemein zu Beifall und Unterstützung überredet werden?«
»Lassen Sie ein paar von unseren Studenten an Ihren Vorlesungen und Übungen teilnehmen«, sagte Frogmore. »Lernen Sie sie kennen. Informieren Sie sich ein bißchen über das, was wir tun, und geben Sie uns die Gelegenheit, Eindruck auf Sie zu machen. Halten Sie in Ihrem Englischen Seminar dort, wo es Ihnen richtig erscheint, unsere Fahne hoch, und setzen Sie sich für unsere Sache ein.«
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»Ich habe gewiß nichts gegen ein paar von Ihren Studenten in meinen Kursen, wenn ich vorher mit ihnen sprechen kann. Und was den Kampf in unserem Englischen Seminar angeht – wissen Sie, eigentlich trinke ich zum Lunch keinen Alkohol, aber im Moment habe ich das Bedürfnis nach dem, was Auden einen ›anregenden Schluck‹ nennt.«
»Du mußt zugeben, Reed, es paßt eigentlich nicht zu mir. Ich meine, kannst du dir vorstellen, daß ich mich in einen universitären Machtkampf verwickeln lasse?«
»Dann laß es«, sagte Reed. »Was ich mir wirklich nicht vorstellen kann ist: Warum sagst du nicht einfach nein? Aber schließlich habe ich, wie alle Außenstehenden, einige Schwierigkeiten, zu verstehen, was um alles in der Welt an deiner Universität eigentlich los ist. Du kannst doch sicher diesem Frogmore eine nette, aber eindeutige Absage schicken und ihn wissen lassen, daß du mit seinem blö-
den College nichts zu tun haben willst.«
»Aber bin ich denn sicher, daß ich nichts damit zu tun haben möchte? Schließlich ist es ein schrecklich befriedigendes Gefühl, daß sie mich brauchen.«
»Und sie sind eine ziemlich schlaue Bande, das muß ich sagen.
Obwohl mir völlig unbegreiflich ist, wieso solch ein Antrag, von welchem College auch immer, so sorgfältig bedacht wird, während mein…«
»Ich habe bisher noch keinen deiner Anträge abgelehnt, Reed, das mußt du zugeben.«
»Kate, immer wenn du anfängst, wie eine schlechte Imitation von Nancy Mitford zu reden, weiß ich, daß du nicht nur einen Schwips hast, sondern dir Sorgen machst.«
»Wie süß und scharfsichtig du doch bist. Obwohl ich sagen muß, ich kann
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