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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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auf dem Einband des Telefonbuchs für den Campus, aber ich fürchte, ich habe nie darauf geachtet.«
    »Wer, wehe uns allen, hat das schon? Also müssen wir die Ver-mittlung anrufen und wissen nur zu gut, wohin das führt.«
    »Glauben Sie, wir haben genug Sauerstoff?«
    »Wozu? Verglichen mit der Luft, die ich bei den meisten Versammlungen in letzter Zeit geatmet habe, dürfte hier weniger Koh-lenmonoxid, Nikotin und Teer enthalten sein als sonstwo.«
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte eine Stimme aus dem Telefon.
    »Das können Sie ganz sicher«, antwortete Mark fröhlich. »Wir stecken in einem Aufzug fest und…«
    »Wenn Sie auf dem Campus sind«, fuhr die Stimme fort, »dann können Sie die gewünschte Nummer direkt anwählen. Rufen Sie von draußen an?«
    »Ich komme ja nicht einmal aus diesem Aufzug heraus«, sagte Mark. »Hilfe, Hilfe, Hilfe«, fügte er sanft hinzu.
    »Ich verbinde Sie mit der Wartungsfirma«, sagte die Stimme.
    »Wenn Sie auf einem Campus sind, wählen Sie eins-zwei, eins-vier.
    Sind Sie auf einem Campus?«
    »Wahrscheinlich ist das ein Tonband«, meinte Kate.
    Mark drückte auf die Gabel, wartete, bis das Amtszeichen kam, und wählte dann 1214. Es war besetzt.
    »Versuchen Sie das Büro des Englischen Seminars«, sagte Kate.
    »Ein glänzender Vorschlag, der todsicher nichts bringt. Alsdann.« Mark wählte die Nummer des Sekretariats.
    »Englisches Seminar«, sagte die Sekretärin mit strahlender Stimme, »einen Augenblick bitte.« Dann hörten sie, wie die Sekretä-
    rin den entsprechenden Knopf drückte. Mark knallte den Hörer mit soviel Wucht auf die Gabel, wie das Telefonkästchen zuließ. Kate stellte Aktenkoffer und Handtasche auf den Boden.
    »Das erinnert mich an eine Geschichte«, sagte sie, »die mein Vater zu erzählen pflegte, immer wieder, um uns eine Moral zu ver-deutlichen, deren Anwendungsmöglichkeit mir bis zu diesem Moment nicht klar war. Mein Vater war mit dem Präsidenten irgendeiner Eisenbahngesellschaft befreundet, New York Central oder so, und eines Tages bat er seine Sekretärin, ihm den nächsten Zug nach Tuxedo herauszusuchen, wo er sich mit jemandem treffen wollte.
    Die Sekretärin kam in sein Büro zurück, um ihm zu sagen, daß sie nicht zur Zugauskunft durchkäme, es sei dauernd besetzt. ›Unsinn‹, 61

    sagte darauf mein Vater. ›Geben Sie mir den Präsidenten dieser Sowieso-Eisenbahnlinie.‹ Die arme Sekretärin bekam nicht den Prä-
    sidenten, aber immerhin seine Privatsekretärin ans Telefon. ›Es tut mir furchtbar leid, Mr. Fansler‹, sagte die Privatsekretärin des Präsidenten, ›aber Mr. Wie-auch-immer ist verreist. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?‹ ›Aber sicher‹, sagte mein Vater. ›Wann geht der nächste Zug nach Tuxedo?‹ Nun, sie fand schließlich einen Fahrplan und sagte es ihm. Die Moral von der Geschichte: wende dich immer an den Präsidenten.«
    »Ich bin überzeugt«, sagte Mark, »da wir gerade keinen Präsidenten haben, reicht der geschäftsführende Präsident.«
    »Ganz bestimmt«, sagte Kate.
    »Und kennen Sie zufällig seine Nummer?«
    »Jawohl. Ich habe neulich einen Blick ins neue Telefon-Verzeichnis geworfen, wie man das so tut, wenn es gerade erschienen ist, und mir fiel auf, daß seine Nummer 1837 ist. Versuchen wir es?«
    »Wieso haben Sie sich gerade seine Nummer gemerkt und nicht den Notruf? Der väterliche Rat?«
    »Natürlich nicht. Ich habe bis zu diesem Augenblick keinen Gedanken mehr verschwendet an Ratschläge meines Vaters. Achtzehn-siebenunddreißig ist das Jahr der Thronbesteigung von Königin Victoria.«
    »Natürlich. Wie dumm von mir.« Mark griff nach dem Hörer und wählte 1837.
    »Hier ist das Büro von Präsident Matthewson«, sagte eine freundliche Stimme. »Guten Tag.«
    »Guten Tag«, sagte Mark. »Könnte ich bitte Mr. Matthewson sprechen? Hier ist Mark Everglade vom Englischen Seminar.«
    »Es tut mir furchtbar leid, Mr. Everglade, aber Präsident Matthewson ist in einer Sitzung. Wollen Sie ihm eine Nachricht hinterlassen?«
    »Aber sicher«, sagte Mark. »Sagen Sie ihm, daß Professor Fansler und ich – beide vom Englischen Seminar – in Baldwin Hall im Aufzug festsitzen und uns sehr bald der Sauerstoff ausgehen wird.
    Vielleicht sollte ich, falls Sie das zu größerer Eile antreibt, hinzufü-
    gen: Professor Fansler und ich sind verschiedenen Geschlechts. Einen schönen Tag noch.«
    Mark hängte ein. »Ich gebe ihr fünfzehn Minuten«, sagte er, »uns in unserem Aufzug zu finden. Sollen

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