Eine feine Gesellschaft
College? Bestimmt gibt es dort nicht genügend junge, hübsche Dinger, die den ganzen Auf-wand lohnen.«
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»Na ja, das University College ist dieser Tage eine außerordentlich lebendige Institution, während die Universität, geben wir es doch zu, in erster Linie für die Jungs da ist, die die Schule satt haben und deren einziger Ehrgeiz darin besteht, sich zu prügeln und mit Mädchen ins Bett zu steigen, und das vorzugsweise abwechselnd. In zweiter Linie sind dort die alten Herren wichtig, die wollen, daß sich an der Alma Mater nichts ändert, die die gleichen Vorurteile und Begeisterungen hegen, an die sie sich aus ihrem Studium erinnern oder zu erinnern glauben. Als Wirtschaftswissenschaftler bin ich an dem interessiert, was ökonomisch lebensfähiger ist, und auf lange Sicht ist das, glaube ich, eine Institution für Erwachsenenbildung.
Ganz bestimmt in New York. Ich meine, es ist sicher reizend, zum Charles River zu ziehen und in Harvard herumzuhüpfen, aber der Fluß in dieser Stadt ist kein Fluß, sondern eine Bucht, und die folgt den Gezeiten des Ozeans. Ich meine, wir sollten aufhören, Harvard oder Yale zu imitieren, und lieber unser eigenes Modell entwickeln.
Ich sollte hinzufügen, daß Judas Thaddäus mein Lieblingsheiliger ist: der für die aussichtslosen Fälle – oder hat ihn die Kirche inzwischen degradiert wie all die anderen?«
»Alle Fälle sind aussichtslose Fälle, wie E. E. Cummings zu sagen pflegte; andernfalls wären es Affektiertheiten.«
Frogmore begrüßte Kate mit dem Überschwang eines Gastgebers, der nicht wirklich mit dem Ehrengast gerechnet hat.
»Kümmern Sie sich nicht um das Gesäusel, das er von sich gibt«, hatte McQuire gesagt. »Daran ist bestimmt eine repressive Erziehung schuld. Ich habe sogar schon unanständige Worte aus seinem Mund gehört. Ich weiß nicht, warum er das University College so zu seiner persönlichen Sache macht, aber ich glaube, er würde alles tun für das reine Vergnügen, Cudlipps Gesicht zu sehen, wenn der Verwaltungsrat verkündet, daß das University College erhalten bleibt.«
Heute machte Frogmore (»Nennen Sie mich Vivian«, hatte er zu Kate gesagt, die verblüfft war; ihrer Meinung nach müßte ein Mann, der mit Vornamen Vivian hieß, sich schon aus reinem Überlebens-wunsch an Nachnamen halten.) nicht viele Worte. »Sie werden es nicht glauben, aber dieser Hurensohn – oh, ich bitte um Verzeihung, Kate – hat es doch tatsächlich fertiggebracht, einen von seinen Kum-peln zum Dekan zu machen.«
»Aus dem Englischen Seminar? Kenne ich ihn? Oder ist sein Name unaussprechlich?«
»Er heißt O’Toole«, sagte Frogmore. »Robert J. O’Toole. Fällt 55
der Groschen?«
»Das glaube ich nicht«, sagte Kate. »Warum sollte Robert O’Toole solch eine Aufgabe übernehmen? Er ist bereits ordentlicher Professor und eine der führenden Persönlichkeiten der sogenannten New Yorker Intellektuellen-Szene, und sein Einfluß reicht bis in gewisse Kreise in New Jersey und Connecticut. Warum sollte er…?«
»Das hat Cudlipp organisiert. O’Toole ist für die Professoren-schaft natürlich ein akzeptabler Mann, weil er einen Namen hat und innerhalb wie außerhalb der Universität bekannt ist. Die einzigen Fakultätsmitglieder, die gegen ihn gestimmt haben, dürften die sein, die O’Toole nicht ausstehen können, oder die, die ihn nicht für so brillant halten wie er sich selbst…«
»Was offensichtlich unmöglich ist«, warf McQuire ein.
»Und die hat Cudlipp natürlich auf seine leise Art überzeugt, daß nur ein…«
»Dünkelhafter, überheblicher, gefühlsarmer Schweinehund diesen Kampf gewinnen kann«, schloß McQuire den Satz fröhlich ab.
»Verzeihen Sie mir, daß ich Ihre Sätze vollende, Frogmore, aber Sie fangen alle so wunderbar provokativ an.«
»Damit erklärt sich wohl«, sagte Kate, »warum Sie bei der Sitzung am Montag jemanden aus dem Englischen Seminar an Ihrer Seite haben wollen. Denken wir mal einen Augenblick über das Englische Seminar nach. Können Sie das ertragen?«
»Das war es, Kate, was ich mir von Ihnen erhoffte«, sagte Frogmore und beugte sich zu ihr hinüber. »McQuire hat wohl die Wirtschaftswissenschaftler im Griff, aber die machen sowieso nicht viel Ärger. An diesem Fachbereich interessiert man sich – abgesehen von Bill – nicht sonderlich für die Erstsemester, aber wenn wir in Ihrem Seminar nichts in Bewegung bringen, Kate, dann können wir gleich aufgeben. Was möchten Sie trinken?«
»Bier«,
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