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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Qualität dieser Studenten zu diskutieren. Vielleicht könnte mich Professor Cudlipp da erleuchten.«
    »Bevor Professor Cudlipp uns erleuchtet«, sagte Michaels, der Vorsitzende, »bitte ich ums Wort. Ich weiß nicht, ob Ihnen bewußt ist, daß das Englische Seminar, das ich leite, zweimal so groß ist wie die Wirtschaftswissenschaften und fast zweimal so groß wie die juristische Fakultät, und ich leite es ohne jeden Verwaltungsstab –
    ich darf daran erinnern, daß die Juristen fünf Dekane haben und die Wirtschaftswissenschaftler sechs –, und gleichzeitig halte ich noch zwei Kurse über Dichter des Viktorianischen Zeitalters. Mr. Levy, den ich, weil er in meinem Fachgebiet arbeitet, besser kenne als Mr.
    Genero, könnte mich nicht nur bei meinen Doktoranden entlasten, sondern auch gewisse administrative Aufgaben im Seminar übernehmen. Keiner von Ihnen kann das wissen, aber Mr.
    Levy ist in Verwaltungsdingen erstklassig. Wenn wir Leute be-fördern sollen, die unserem Englischen Seminar von Nutzen sind, dann möchte ich betonen, daß, egal wie gut die Studenten des University College sind, Mr. Levy nur absolut zu empfehlen ist.«
    »Dem möchte ich beipflichten«, sagte Mark Everglade. »Wie der Zufall es will, arbeitet Mr. Genero im selben Themenkreis wie ich, vergleichende Literaturgeschichte der Renaissance. Er spricht flie-
    ßend Italienisch und beherrscht fünf weitere Sprachen in Wort und Schrift, und wenn ich als Schriftführer unseres Seminars weitermachen soll, dann möchte ich sagen, daß seine Nützlichkeit für mich kaum überschätzt werden kann. Lassen Sie mich, da ich gerade das Wort habe, hinzufügen, daß die Studenten vom University College, die an meinen Lehrveranstaltungen teilgenommen haben, hervorragend waren und, verglichen mit den üblichen Universitätsstudenten, über eine weit höhere Motivation verfügten und ein weitaus geringeres Maß an Arroganz.«
    Cudlipp sprang auf. »Ich stelle den Antrag, diese Sitzung zu ver-75

    tagen«, rief er.
    »Ich unterstütze diesen Antrag«, sagte O’Toole.
    »Moment mal«, rief Cartier.
    »Über Anträge auf Vertagung ist keine Debatte zugelassen«, verkündete Cudlipp. In der Tat: Die Fakultät hatte inzwischen gelernt, was eine Geschäftsordnung ist.
    »Wir müssen also abstimmen«, sagte Michaels. »Wer für Vertagung ist, sagt bitte ›ja‹.« Ein lauter Chor von ›Ja‹ erklang. »Gegen-stimmen?«
    »Nein«, trompeteten ein paar Stimmen. »›Ja‹ hat die Mehrheit«, sagte Michaels. »Damit ist die Sitzung vertagt.« Er sammelte seine Papiere ein und marschierte aus dem Raum, bevor jemand auf den Gedanken kommen konnte, die Diskussion wieder aufflammen zu lassen.
    »Interessant«, sagte Kate zu Mark Everglade, »und vielen Dank für Ihre Unterstützung.«
    »Die kam von Herzen«, sagte Mark, »und keineswegs ohne Ei-gennutz. Ich bin auf Generös Hilfe geradezu verzweifelt angewiesen.«
    »Mich hat erstaunt«, sagte Kate, »wie viele offensichtlich auf unserer Seite stehen – ich meine, auf der Seite des University Colleges.
    Die Unterstützung ist viel stärker, als ich zu hoffen wagte. Natürlich wird sich Cudlipp leider, leider, dessen genauso bewußt sein wie ich.
    Was wird er Ihrer Meinung nach als nächstes unternehmen?«
    »Was Sie mich, auf Ihre proustische Art, im Aufzug gelehrt haben«, sagte Everglade. »Denken Sie an die Geschichte, die Ihnen Ihr Vater erzählt hat.« Kate starrte ihn an. »Er geht schnurstracks zum Präsidenten«, erklärte Everglade, »und zwar in Begleitung von Clemance, dem berühmtesten Schmuckstück der Universität, und von O’Toole, dem Dekan – ja, ich habe während der Sitzung eine Notiz zugeschoben bekommen. Sich an den Präsidenten wenden – das befreit aus Fahrstühlen, informiert über Fahrpläne, verhindert Beförderungen und schafft ganze Schulen ab.«
    »Hat Cudlipp tatsächlich so viel Macht?«
    »Hat er. Mehr noch, Michaels und ich konnten ihm mit nichts anderem drohen als dem Rücktritt von unseren administrativen Aufgaben im Seminar, die wir ohnehin nur widerwillig übernommen haben; da Cudlipp diese Aufgaben nur zu gern selbst übernehmen will, mit allen Folgen, die das für seine Gegner haben kann, waren unsere Drohungen im Grunde nichts als leeres Gewäsch.«
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    »Donnerwetter«, sagte Kate.
    »Und was gibt es sonst noch Neues?« fragte Everglade.
    »Der Zufall will es«, sagte Kate, »daß ich heirate.«
    Kate genoß den Augenblick der Sprachlosigkeit, der darauf folgte, und

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