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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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kommen muß.
    Ich antizipiere damit keineswegs eine neue Kette von Ereignissen, wie sie unsere Anstalt im letzten Frühjahr erschüttert hat; tatsächlich 69

    würde ich heftig protestieren, wenn meine Kollegen davon ausgingen, ich erwartete oder erhoffte gar Ereignisse dieser Art, aber ich bin doch der Meinung, daß wir unseren Assistenten nicht zumuten dürfen, länger im Ungewissen über ihre berufliche Position zu bleiben, und daß sie Lehraufgaben erfüllen, steht für mich außer Frage, denn schließlich kommen sie in direkten Kontakt mit den Studenten, sowohl beim Unterricht als auch beim Korrigieren der Arbeiten, und es ist ganz und gar unerträglich und demütigend, daß man sie einerseits mit der Verantwortung des Lehrens belastet und andererseits wie normale Studenten behandelt, wenn sie zum Beispiel Universitätseinrichtungen besetzen, obwohl ich ja schon gesagt habe, daß ich nicht auf dieses Thema komme, weil ich es für wahrscheinlich hielte, daß schon in nächster Zukunft wieder besetzt wird. Doch nachdem wir sie nun einmal in unseren Beruf hineingezogen haben, müssen sie auch von uns als Lehrende behandelt werden, und wir können sie nicht einfach wieder als Lehrer vor die Tür setzen, weil sie als Studenten gegen etwas gekämpft haben, was sie als ungerechte Politik seitens der Verwaltung ansahen, gleichgültig, ob hier jemand von uns die Politik der letzten Leitung nun für ungerecht halten mag oder nicht…«
    »Sein Hut!« rief Emilia Airhart, die von ihrem Stuhl gesprungen war. »Sein Hut!« Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen, während alle versuchten, die offensichtliche Tatsache zu verdauen, daß Professor Airhart verrückt geworden war; Mr. Plimsole trug natürlich keinen Hut, so weit ging schlechtes Benehmen doch nicht. Professor Airhart setzte sich nach ihrem Zwischenruf wieder hin. Mr. Plimsole mußte sich offenbar, metaphorisch gesprochen, wie ein altes Grammophon erst wieder aufziehen. Doch Professor Cartier, dessen Reaktionsgeschwindigkeit keine Revolution unter-graben konnte, sprang rechtzeitig auf.
    »Mrs. Airhart, deren Fachgebiet das Drama der Gegenwart ist, bezieht sich auf die Rede des Lucky in › Warten auf Godot‹; wer von Ihnen näher daran interessiert ist, kann das heute abend nachschla-gen, falls wir mit unserer Konferenz rechtzeitig fertig werden. Ich gratuliere Mrs. Airhart zu ihrer treffenden Bemerkung und möchte Mr. Plimsole daran erinnern, daß die Frage hausbesetzender Lehr-Assistenten ein Problem ist, das das Komitee für das Graduiertenstudium angeht. Von diesem Komitee hätte ich gern die Beförderung der Professoren Levy und Genero verhandelt, die gegenwärtig am University College lehren.« Er setzte sich so abrupt, wie er aufge-70

    standen war. Kate grinste. Sie erinnerte sich, wie zweifellos alle ihre Kollegen, an Luckys Rede, die, wenn sie auch von der Syntax her weniger Sinn ergab als die von Mr. Plimsole, einen tieferen Sinn zumindest andeutete.
    Cartiers Bemerkung brachte natürlich Jeremiah Cudlipp auf die Beine. »Wenn Mr. Plimsoles Thema nicht hierher gehört, und dieser Meinung bin ich auch« (ein vernichtender Blick für Mr. Plimsole; Kate hätte gern Mitleid empfunden, aber es gelang ihr nicht), »dann gilt das auch für Mr. Cartiers Thema. Über die Festanstellung von Assistenzprofessoren, die derzeit am University College lehren, kann hier so lange nicht verhandelt werden, bis feststeht, ob das University College faktisch ein Teilbereich der Universität ist. Ich gehe davon aus, daß das nicht der Fall ist, und darum gehört die Angelegenheit auch nicht vor dieses Gremium.« Er setzte sich. Kate seufzte tief. Nun lag der Haufen dampfend auf dem Tisch, wie Mc-Quire sagen würde, und die Zeit der moderaten Töne war vorbei.
    Michaels, der Vorsitzende, kicherte, raschelte mit seinen Papieren und holte Luft, um etwas zu sagen. Vergeblich. Clemance hatte sich erhoben.
    »Ich möchte Professor Cudlipp beipflichten«, sagte er, als würde das irgendeinen der Anwesenden überraschen, »aber«, und nun hoben sich alle Köpfe erwartungsvoll, »ich glaube, wir sollten uns dem Problem, das vor uns liegt, offen stellen. Ich habe das Gefühl, dieser Rat hat sich in zwei Lager gespalten, und solch eine Polarisierung beunruhigt mich zutiefst. Ich meine, wir sollten uns anhören, was Professor Cartier zu sagen hat und selbstverständlich auch, was jeder andere von uns dazu meint, auch wenn wir heute vielleicht nicht über die Beförderung

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