Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
sagte Everglade, »man reißt sich den Hintern auf für wichtige Ideen und Grundsätze und entdeckt dann, daß Entscheidungen am Ende aus schlichten Nützlichkeitser-wägungen gefällt werden, und zwar von Leuten, die nicht mehr Interesse haben an Qualität und allgemeinen Fortschritten der Ausbildung, als ich an Schwankungen der Arbitrage. Ich glaube nicht, daß der Trojanische Krieg wegen Helena oder irgend jemand anderem ausbrach. Zweifellos begann und endete er damit, daß Hektor eine Sekretärin brauchte und Thetis sich mit Hephaistos über die Produk-83

    tion neuer Schilde geeinigt hatte.«
    »Homer hat die Geschichte erzählt«, sagte Kate, »aber wenn, wie Auden betont, Hektor oder Achilles die ›Ilias‹ in der ersten Person geschrieben hätten, wäre daraus eine Komödie geworden, ähnlich der, die wir hier erleben. Außerdem mochte Klio keine Anführer, diese großspurig auftretenden Figuren der Geschichte, sondern be-vorzugte die, die ihnen bessere Pferde züchteten, Antworten auf ihre Fragen fanden und ihre Arbeit machten. Wenn Klio jemanden schätzt, dann uns, glaube ich – und nicht die Anführer.«
    »Und Cudlipp ist nur ein Anführer?«
    »Zweifellos. Wie Jungen während ihrer pickeligen Zeit und Mädchen im linkischen Alter: Er tut nichts, er wünscht nur.«
    Everglade lächelte. »Was haben wir außer Wünschen?« fragte er.
    Der Raum war jetzt zum Bersten voll. Reed und Kate waren beide groß, und so trafen sich ihre Blicke. Plimsole hatte Michaels in eine Ecke manövriert und hielt ihm eine lange Rede. Außer Reed waren alle im Raum müde, der Versammlungen überdrüssig, der zusätzlichen ungeahnten Bürden, die eine Revolution mit sich bringt, und des Gefühls der Vergänglichkeit – das vielleicht das ermüdends-te von allen ist. Denn keiner von ihnen hatte früher die Universität als alles überdauernde Kraft in Frage gestellt. Sicher hatte man hin und wieder von finanziellen Engpässen gehört, von Problemen zwischen Professoren und Studenten, aber zum ersten Mal ging allen an der Universität auf, daß die Institution als solche Schaden nehmen könnte. Und trotzdem hat die Mehrheit der Fakultät keinen größeren Wunsch, als wieder an die Arbeit zu gehen, dachte Kate – viele denken wahrscheinlich über andere Angebote nach, mehr Geld, weniger Chaos, weniger Studenten. Als Kate jetzt Cudlipp auf sich zukommen sah, fiel ihr Audens Frage ein: »Und wie ist heute – was früher einfach war – die Rolle des demokratischen Schurken zu besetzen.«
    »Kann ich Sie kurz sprechen, Professor Fansler?« sagte Cudlipp mit seiner lauten, tiefen Stimme. Typisch für ihn, daß er keine Antwort abwartete. Warum sind seine Fragen eigentlich beleidigender als die Überheblichkeit anderer Männer? fragte sich Kate. »Ich hatte heute abend ein kurzes Gespräch mit Frederick Clemance. Er sagte mir, daß Sie beide über die Zukunft des University College diskutiert haben, zu der es seiner Ansicht nach ein paar Fragen zu geben scheint. Er glaubt, wir sollten auf alle Fälle die Beförderung der beiden Assistenzprofessoren bedenken, über die wir bei unserer letzten Versammlung diskutiert haben. Bisher habe ich Clemances 84

    Meinung immer geteilt, und es ist höchst betrüblich, daß das jetzt nicht der Fall ist. Aber da Sie hier im Englischen Seminar diejenige zu sein scheinen, die sich für das University College einsetzt, halte ich es nur für fair, Ihnen meinen Standpunkt mitzuteilen. Das University College muß aufgelöst werden; Bob O’Toole und ich haben…«
    »Kommen Sie, Jerry«, sagte Clemance. »Das ist eine Party für Kate und ihren reizenden Anwalt, und nicht der richtige Augenblick, um universitäre Probleme zu diskutieren.« Er legte Cudlipp die Hand auf den Arm.
    »Ich habe schreckliche Kopfschmerzen«, sagte Cudlipp unbeeindruckt. Er griff in seine Tasche, holte ein Röhrchen heraus und schüttete sich zwei Tabletten in die Hand.
    »Ich besorge Ihnen etwas Wasser zum Hinunterspülen«, sagte Clemance. »Sie müssen das alles wirklich ein bißchen leichter nehmen, wissen Sie.« Aber Cudlipp sammelte seine Kräfte. »Denken Sie nur mal an das Vorlesungsverzeichnis«, begann er Kate ins Gewissen zu reden, als Clemance mit einem Glas und einer Flasche Mineralwasser zurückkam.
    »Danke«, sagte Cudlipp endlich, nachdem er die beiden Tabletten geschluckt hatte. »Ich habe den ganzen Tag damit zugebracht, Vertretern des University College zuzuhören. Vier Studenten, die anscheinend auch bei

Weitere Kostenlose Bücher