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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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sein?
    Kates Gedanken blieben beim Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen.
    Reed betörte gerade die Sekretärin des Englischen Seminars, eine mitleiderregend einfache Sache. In der U-Bahn hatte er sich verschiedene Wege überlegt, um an die notwendigen Informationen heranzukommen, die schlicht in der Auskunft bestanden, wann Cudlipp das Röhrchen mit den Tabletten bekommen und wo und wie und was er mit ihnen gemacht hatte. Das Problem war nur, was er auf die unvermeidliche Gegenfrage »Wer sind Sie, und warum wollen Sie das wissen?« erwidern sollte, denn wenn er ehrlich antwortete, wür-de die Dame sofort auf der Hut sein, und er käme nicht in den Genuß der nützlichen Klatschgeschichten. Aber wie sich herausstellte, hätte er sich darum keine Sorgen machen müssen. Miss Elton gehörte zu jenem Typ Menschen, den er leider nur allzu gut kannte. Ihr Gesicht wurde von einem einfältigen Grinsen beherrscht, das offenbar ange-boren war, und sie war eine von denen, die es als Lebensaufgabe ansehen, über andere herzuziehen, mit Vorliebe über Frauen. Aber sobald ein Mann sie auf kernig-männliche Art behandelt – soll hei-
    ßen, er kombiniert das verzogene Kind mit dem alternden Wüstling –
    , klappert sie mit den Augenlidern, so schnell es die auf den Wim-pern befindliche Riesenportion Mascara erlaubt, und sie schmilzt dahin. So saß Reed im Handumdrehen auf der Kante ihres Schreibtischs und hatte sie in ein Gespräch über Tablettenröhrchen verwickelt. Reed fand, Auden habe wirklich die perfekten Worte dafür gefunden.

    Steck deine fünfzig Sonette ein, Bruder: erzähl ihr das Märchen
    von Göttern, die straflos ausgingen, und den Mädchen, die ihnen erlagen.

    »Seine Frau und er hatten sich getrennt«, vertraute Miss Elton ihm an. »Das weiß ich, weil ich sein Gesuch an die Wohnungsver-mittlung der Universität ausgefüllt habe; er suchte eine kleine Wohnung, nur für sich, mit einem Zimmer für die Kinder, wenn sie hin und wieder kämen. Aber die Tabletten wurden wie früher an seine 109

    offizielle Adresse geliefert, und seine Frau hat sie gebracht, am Morgen des Tages, an dem er starb. Ich trug sie ihm in sein Büro, und er sagte: ›Gott sei Dank, ich habe gerade die beiden letzten genommen‹, und zeigte mir, daß das kleine Röhrchen, in dem er sie immer bei sich hatte, leer war. Er machte die Flasche auf, was ihm nur unter Flüchen gelang, denn sie war versiegelt – genau wie Whiskeyfla-schen –, und dann zählte er mir all die Dinge auf, die ich zu erledi-gen hatte, und währenddessen füllte er Tabletten in das Röhrchen.«
    »Was für Dinge?«
    »Also, ich hatte am Tag vorher die Verabredungen mit diesen I-dioten vom University College gemacht – Cudlipp konnte sie nicht ausstehen, hatte aber aus irgendeinem Grund beschlossen, sich mit ihnen zu treffen; unserer Meinung nach hatte Clemance ihn dazu überredet. Ich habe neulich ein Gespräch zwischen Cudlipp und Clemance mitbekommen, als sie hier durch mein Büro gingen, und Cudlipp sagte: ›Also gut, ich rede mit den vier Studenten, aber sowie einer von denen versucht, mich unter Druck zu setzen, schmeiße ich ihn raus.‹ So was hat er oft gemacht, wissen Sie.«
    Reed zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Leute rausschmeißen«, kicherte sie. »Er machte die Tür auf und schrie ›Raus!‹, und wenn einer nicht ging, dann drückte er mit beiden Händen gegen dessen Brustkorb und schob ihn hinaus. Natürlich nur Männer. Frauen waren nicht oft in seinem Büro.«
    »Könnte es sein, daß er vorhatte, weibliche Lehrkräfte in seinem Fachbereich zu beschäftigen?« fragte Reed und dachte an das, was Kate von Emilia Airhart erfahren hatte.
    »Das will ich nicht hoffen. So eine langweilige Bande, lauter Blaustrümpfe mit fettigen Haaren. Den Jungs hier würde das gar nicht gefallen, glauben Sie mir. Wenn jemals Frauen hier unterrichten, kündige ich; für Frauen würde ich nie arbeiten.«
    »Sind die Leute, mit denen Cudlipp eine Verabredung hatte, zu ihm ins Büro gekommen, oder ging er zu ihnen?«
    »Sind Sie Detektiv oder so was?«
    »Das bin ich, stimmt, aber behalten Sie es für sich, Süße. Wenn ich die Sache aufklären kann, ist das für mich ein echter Knaller –
    Sie wissen ja, Universitäten mögen kein Aufsehen.«
    »Waren Sie auch schon mal Spion?«
    »Ich mach alles, womit Geld zu verdienen ist, solange der Preis stimmt. Cudlipp hat also alle Treffen hier abgehalten?«
    »Stimmt. Hier ist sein Terminkalender, Sie James Bond.

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