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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Reed, Moment mal, ich habe eine Idee. Angenommen, Cudlipp nimmt während des Essens zwei von seinen englischen Tabletten, die natürlich harmlos sind, und macht eine Bemerkung zu Hankster – nehme die hier statt Aspirin, ha, ha, oder so –, und Hankster sagt, kann ich mal das Röhrchen sehen, und ersetzt zwei Tabletten durch Aspirin.«
    »Das er zufällig gerade bei sich hat?«
    »Warum nicht? Aber wie dem auch sei, wir werden das jetzt nicht mehr erfahren, weil er sie nicht mehr bei sich haben wird. Vielleicht ist das die ganze Lösung.«
    »Mrs. Airhart war auch dabei. Castleman hat es mir erzählt.
    Würde sie nicht mitbekommen haben, ob mit den Pillen hantiert wurde?«
    »Das könnte passiert sein, bevor sie dazukam. Vielleicht hat Hankster sie extra eingeladen, damit er für die meiste Zeit des Lunchs eine Zeugin hatte.«
    »So gesehen, hätte Emilia Airhart den gleichen Trick auch anwenden können.«
    106

    »Das stimmt. Sie hat mir erzählt, daß sie mit Cudlipp kurz allein war, während Hankster sich ein Bier holte. Aber vielleicht hat er das nur getan, um Verdacht auf sie zu lenken. Ich mag Emilia!«
    »Auch ich mag Emilia. Ich mag alle Beteiligten außer dem Opfer.«
    »Könnte nicht die verlassene Ehefrau des Opfers ihm Tabletten zugespielt haben, die sie manipuliert hat? Mal angenommen, sie hat zwei normale Aspirin untergemischt- und Cudlipp hat sie gleich bei der ersten Gelegenheit erwischt!«
    »Selbst wenn er beim ersten Versuch gleich ein Aspirin erwischt hätte – daß es beide nacheinander waren, ist, statistisch gesehen, kaum möglich. Wenn wir aber so weit zurückgehen, geben wir am besten auf, ehe wir überhaupt anfangen.«
    »Apropos anfangen, was machen deine Würstchen mit Paprika?
    Meinst du nicht…«
    »Nein«, sagte Reed, »das meine ich nicht. Das Großartige an elektrischen Bratpfannen ist – sagt mein Freund, der Junggeselle –, daß man sich stundenlang nicht darum kümmern muß.«
    107

Acht

    Zur Unzeit und zufällig sind wir,
    Klio, mit deinem Schweigen konfrontiert…
    Dein Schweigen trennt schon lange
    Uns und jenes magische Zentrum,
    Wo die Dinge sich ereignen.

    Am nächsten Morgen gelang es Kate, einen jungen Mann telefo-nisch zu erreichen, der gegenwärtig an der Uni unterrichtete und dessen Dissertation sie betreute. Er hatte vor ein paar Jahren an ihrem Seminar über Viktorianische Literatur teilgenommen und hatte nach anderthalb Semestern tiefschürfender Arbeiten über Kornzölle, die Reform Bill, Carlyle und John Stuart Mill eine frivole und uner-klärliche Leidenschaft für Max Beerbohm entwickelt: weder für sein Leben, noch seine Zeit oder sein Werk als solches, sondern für seine Sätze. Da man unmöglich alle Sätze eines Dichters mit den normalen Mitteln und Methoden untersuchen kann – es sei denn, man hat hundert Jahre Zeit –, hatte sich der junge Mann (der Higgenbothom hieß, aber Kate nannte ihn immer heimlich Enoch Soames) in die Fänge eines Computers begeben. Mit einer Mischung aus Erleichterung und Abscheu hatte Kate ihn an einen Experten für Stilistik weiterge-reicht, gehörte aber weiterhin zu den Betreuern seiner Dissertation.
    Higgenbothom war bereit, um vier Uhr zu ihr zu kommen, und er war erleichtert und erstaunt, daß nicht seine Arbeit Thema ihres Gesprächs sein sollte.
    Nachdem sie die Verabredung getroffen hatte, vertiefte Kate sich in ein paar studentische Arbeiten und war bald wieder einmal zutiefst erstaunt ob der Unfähigkeit selbst hochintelligenter Studenten, so etwas wie einen ordentlichen Satz zu formulieren. Sie fragte sich, ob in ihrem permanenten Kampf mit wackliger Syntax und Soziologen -
    Jargon Computer wohl hilfreich sein könnten. »Als junger Schriftsteller war sein Roman voller frischer Ideen« – war so ein typischer Satz, der Kate unter die erstaunten Augen kam. Dabei war er nicht einmal der Schlimmste. Mit Schaudern las sie von der ge-bändigten Dynamik in Ruskins zwischenmenschlichen Beziehungen, und leider fiel ihr auch nicht sofort die passende Randbemerkung ein, die zugleich knapp, deutlich und wissenschaftlich war. Sie dachte an Max Beerbohm und an ihre intelligenten, reformbegeisterten Studenten und staunte nicht zum erstenmal über das reziproke Ver-108

    hältnis von moralischer Empörung und Satzbau: Offensichtlich konnte man entweder radikal sein oder ordentliche Sätze schreiben, aber nicht beides; ein beunruhigender Gedanke. Und wie weit mochte Reed inzwischen mit seinen Nachforschungen gekommen

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