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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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durch das Flußbett und den nächsten Hügel hinauf.
    Danach wurde es besser, hauptsächlich, weil Maree wieder Ähnlichkeit mit einem richtigen Menschen bekam. Sie sprach immer noch langsam und leise, aber während es abwechselnd bergauf und bergab ging, sang sie vor sich hin: >Her und hin und hin und her, auf und ab, das ist nicht schwer; linker Hand und rechter Hand, wer will nach Ägypterland?< Und als ich sie fragte, was das zu bedeuten hätte, antwortete sie: >Seilhüpfen. Kennst du das nicht? Ägypterland, da sind wir schon, wir fahren jetzt nach Babylon! < Ich wußte nicht, was das sollte. Dann fragte sie: >Gibt es so etwas wie hier auch in deinem Bristolia?<
    Ich sagte: >Es hat Ähnlichkeit mit den Niemandsländern/ Sie sagte: >Erzähl.<
    Also erzählte ich während der nächsten Etappe von Bristolia und fühlte mich sehr viel besser, und dann sahen wir, nachdem wir den nächsten Hügel hinaufgestiegen waren, vor uns wieder einen Fluß.
    Dieser führte Wasser, ich sah es glitzern. Davon abgesehen war er tiefschwarz. Er war sehr, sehr breit, und danach zu urteilen, wie das Glitzern vorüberjagte, hatte er eine starke Strömung. Eine unglaublich lange Brücke führte hinüber; ihr anderes Ende war nicht zu erkennen. Ich sah den Bogen, schwach angeleuchtet wie die Straße, aufsteigen und in der Ferne verschwimmen. An diesem Ende standen hohe Torpfeiler, je einer links und rechts, nach den Umrissen zu urteilen waren es Skulpturen. Beim Näherkommen konnte ich erkennen, daß sie Geschöpfe mit Flügeln darstellten.
    Deutlicher sah ich sie nie, auch nicht, als wir dicht davor standen, denn das Tor und der Aufgang zur Brücke lagen in tiefem Schatten.
    Wir hatten gerade den Schattenbereich betreten - es war kalt da drin -, als die Statue links zu sprechen begann. Ich bekam einen solchen Schreck, daß ich einen Moment dachte, ich falle um. Sie hatte eine laute, hohle Stimme, so ähnlich wie das Geräusch, wenn man über die Öffnung einer leeren Milchflasche bläst, und sie sagte: >Halt! Im Namen des Schöpfers der Gestalt!<
    Dann sprach auch die rechte Statue und sagte: >Halt! Im Namen des Schöpfers der Macht! <
    Erst glaubte ich, daß jede einen Flügel ausbreitete, um den Weg zur Brücke zu versperren, aber als ich richtig hinschaute, war es mehr ein Gitter wie ein ganz feines Spinnennetz. Ich drückte dagegen, und es fühlte sich eiskalt an - und es ließ sich nicht aufstoßen.
    Dann kam jemand und musterte uns durch das Gitter hindurch. Auch wenn ich sein Gesicht nicht erkennen konnte, war er ziemlich furchteinflößend. Mit einer scharfen, kalten St imm e fragte er: >Was ist euer Begehr?«
    Meine Zähne wollten anfangen, vor Angst zu klappern. Ich biß sie zusammen und antwortete: >Wir sind auf dem Weg nach Babylon.< Und dann trat ich vorsichtshalber ein paar Schritte zurück.
    Er sagte: >Ihr könnt nicht nach Babylon gehen, so wie ihr seid. Kehrt um.<
    >Nein<, sagte ich. >Ich kann nicht umkehren, wegen Maree. Was brauchen wir denn, damit Sie uns passieren lassen?<
    »Ich schwöre, daß er lächelte. Er schien sich zu amüsieren, als er sagte: >Viel weniger, als ihr habt, oder ein Quentchen mehr.<
    Also, viel weniger ging nicht, deshalb fragte ich: >Was für ein Quentchen mehr?<
    >Kehrt um und stellt denen, die euch geschickt haben, diese Frage.<
    >Lieber Gott!< sagte ich. >Bitte, ist es nicht möglich, daß Sie uns einfach so durchlassen?<
    >Nein<, antwortete er. >Kehrt um und fragt nach der fehlenden Strophe.<
    >Na gut.< Ich war wütend und in Panik, weil ich immer daran denken mußte, wie die Kerzen niederbrannten und Maree ging so furchtbar langsam. >Aber Maree muß hierbleiben, während ich zurücklaufe, sonst brauchen wir die ganze Nacht. Sie werden ihr doch nichts tun, während ich weg bin, oder?<
    Es machte ihn zornig, daß ich glaubte, er könne Maree etwas antun - ich spürte es durch das Gitter wie einen kalten Wind. >Kein Leid wird ihr geschehen<, sagte er verächtlich. >Mach dich davon.<
    Also brachte ich Maree dazu, sich hinzusetzen, außerhalb des Schattens, weil es da wärmer war, und ich vergeudete eine Menge Zeit damit, ihr einzuhämmern, daß sie da sitzenbleiben sollte und auf mich warten, und ich ließ mir von ihr versprechen, daß sie sich nicht von der Stelle rühren würde. Schließlich sagte sie: >Geh nur. Mach dir keine Sorgen um mich<, als hätte sie wirklich alles richtig verstanden.
    Dann machte ich mich auf den Rückweg. Dieser Teil, der Rückweg, das war schrecklich. Ich war

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