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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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wenn sie in den Kampf ziehen<, sagte er.
    Will lachte. Darüber wurde Rob so wütend, daß er sich abwandte und wieder ins Bett legte. Ich fühlte mich echt deprimiert und hatte Lust, Will eins auf die Nase zu geben - nur ist er leider viel größer und stärker als ich -, als Will plötzlich merkte, daß die Tür aufgegangen war und die Küken sich davongemacht hatten. Er lief hinterher, fluchte wie ein Droschkenkutscher und brüllte mir zu, daß ich kommen sollte und ihm helfen. Also stieg ich über die Kerzen weg und ging nach draußen in den Flur.
    Die Küken waren total verängstigt, sie trippelten hierhin und dorthin, und mir kam es vor, als wären es mindestens zwanzig und nicht nur die zwei. Sie liefen weg, und ich lief hinterher, in dieser idiotischen Haltung, vornübergebeugt und mit ausgebreiteten Armen wie ein Pavian, und ich sah nichts, außer diesen kleinen Viechern, und rannte - Tilt! - genau in Gram White hinein. Ich schaute hoch und sah, daß Mum bei ihm war.
    Ich weiß noch, wie ich dachte, ich wünschte, sie würde nicht mit ihm herumziehen. Sie waren kein schönes Paar.
    Mum sagte: >Da bist du ja endlich, Nick. Ich möchte, daß du jetzt mit uns kommst.<
    Ich scheuchte eines der Küken um die halboffene Tür herum zurück ins Zimmer und sagte: >Okay.< Dabei versuchte ich, Will unter meinem Arm hindurch einen Blick zuzuwerfen, daß ich gleich wiederkäme, aber gut möglich, daß er es nicht bemerkt hat. Er war vollauf mit der Entenjagd beschäftigt. Dann ging ich mit Mum und Gram White den Flur hinunter zu den Aufzügen.
    Die Sache ist so: Nachdem Maree mit ihren Eltern von damals nach London gezogen war, hatte ich keinen Freund mehr und mußte eine Methode finden, mit Mum auszukommen. Ich weiß, das hört sich gefühllos an, aber es ging nicht anders. Die erste Zeit machte ich mir jede Menge Gewissensbisse, aber dann setzte ich mich hin und arbeitete ganz nüchtern einen Plan aus. Schon in der ersten Woche, nachdem Maree weggegangen war, wurde mir bewußt, daß ich nie ich selbst sein würde, wenn ich mich nicht wehrte. Mum wollte, daß ich nur mit ihr etwas unternahm - nicht, was mir Spaß gemacht hätte, sondern nur, was ihr Spaß machte - und daß ich ihr alles erzählte, was mir durch den Kopf ging. Und sie durchsuchte meine Taschen und las meine Computerdateien und meine sämtlichen Schulhefte. Dazu kommt, daß Mum es genießt, wenn man versucht, mit ihr zu streiten. Maree hat das immer falsch gemacht, sich von ihr provozieren zu lassen. Es ist für Mum ein innerer Vorbeimarsch, wenn sie jemanden fertigmachen kann, aber sie langweilt sich - nein, ich meine war und langweilte, ich vergesse immer, daß sie ja tot ist -, also sie langweilte sich, wenn man zu allem ja und amen sagte, und erst recht, wenn man ihr lang und breit von irgendwelchen Sachen erzählte, die für sie keine Bedeutung hatten.
    Meine allererste nüchterne Erkenntnis war: Mum ist nicht interessiert an mir, sie will mich nur beherrschen. Deshalb erfand ich Bristolia. Sie wollte bald nichts mehr davon wissen, obwohl ich immer mehr Spaß daran fand. Verrückt, eigentlich. Es hatte nur eine Tarnung sein sollen, um von anderen Sachen abzulenken, mit denen ich mich beschäftigen wollte. Ich packte meinen Computer voll mit Bristolia, und sehr bald hörte sie auf, darin herumzuschnüffeln. Dann entwickelte ich eine Strategie, um nicht mit ihr zu streiten. Ich sagte einfach nur Okay, wenn sie etwas von mir wollte, und wartete in aller Ruhe, bis sie mich nicht mehr wahrnahm, und dann verdrückte ich mich. Sie machte sich fast nie die Mühe nachzusehen, was ich tat. Es interessierte sie null.
    Auch an dem Abend wollte ich mich an meine Strategie halten, nur marschierten sie links und rechts neben mir her wie Polizisten, und die Kerzen brannten, und Maree wartete da draußen, und ich hatte immer noch Angst, daß sie weglief und sich verirrte. Also dachte ich, es wäre gut, den Prozeß zu beschleunigen. Ich fragte: >Weshalb sollte ich denn mitkommen?<
    Ich hoffe nicht, daß Gram White mir deshalb später gefolgt ist; ihm könnte aufgefallen sein, daß es ungewöhnlich für mich war zu fragen. Normalerweise wartete ich geduldig darauf, daß Mum ihre Wünsche äußerte, nachdem sie mich gefunden hatte. Rupert denkt, Gram hätte es in Wirklichkeit auf Rob abgesehen gehabt. Möglich. Nach dem Tumult und den Blutspuren, die Rob im ganzen Hotel hinterlassen hat, wußte jeder, daß sich ein Kentaur im Haus befand, auch wenn die meisten scheinbar

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