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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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macht, ist ein Großes Gehe imnis . Ich darf nur so viel verraten: Was sie als nächstes tun mußte, war eine Art magisches Ritual, ähnlich wie die Teezeremonie in Japan, und damit hat es sich. Der Grund ist, daß sie in der Mitte gepatzt hat. Sie mußte drei Stufen zurückgehen und von da weitermachen. Trotzdem war ich beeindruckt von dem, was sie tun konnte. Und ich war neidisch. Ich kriege es nicht hin, ein Licht in der Form des Symbols der Unendlichkeit über meinem Kopf schweben zu lassen. Ich hab’s probiert.
    Sie bestand aber trotzdem. Einer von den Leuten auf den Bänken kam und reichte ihr ein Gewand, wie sie es alle trugen, und sie zog es an, und gleichzeitig schien sich auch so ein feiner weißer Schleier über sie zu legen wie über die anderen. Das machte mir angst. Sie sah fast aus wie damals, als sie entseelt war. Stan merkte es und klopfte mir wieder auf den Arm. Dann verkündeten sie ihr unter Aufsagung all ihrer Namen, daß sie jetzt ein Magid sei. Sie sah nicht mehr nervös aus, sondern strahlte, ganz weiß und nebulös.
    Danach war Rupert an der Reihe, und mittlerweile war er um so nervöser. Sein Gesicht wirkte ganz hager. Einer von denen in der Mitte fragte, ob er einen vollständigen Bericht über Koryfos angefertigt hätte, auch über die Erben von Koryfos und damit in Zusammenhang stehende Belange? Er sagte ja, das habe er. Und er legte einen dicken Stoß Blätter vor sich auf den Tisch. Ich konnte mir nicht verkneifen, auf die erste Seite zu schielen, aber alles, was ich in der diffusen Helligkeit entziffern konnte, war der erste Satz: »Vor ungefähr einem Jahr wurde ich in die Reichshauptstadt Iforion gerufen, um einer Gerichtsverhandlung beizuwohnen.« Ich denke, er hat das gleiche getan wie ich und später mehr angefügt.
    Alle Gesichter wandten sich dem Papierstapel zu. Eine lange, gedankenvolle Pause entstand. Es war ziemlich schrecklich. Rupert zog ein Taschentuch heraus und wischte sich über das Gesicht.
    Dann, ganz plötzlich, schienen alle genau zu wissen, was er geschrieben hatte, und fingen an, ihm darüber Fragen zu stellen. Wirklich harte Fragen. Wußte er, daß der Kaiser Timotheo umgehend exekutieren würde? Hatte er es geahnt? Weshalb seine eher desinteressierte Haltung gegenüber dem Imperium und seinen Angelegenheiten? War er vertraut mit der Natur der Göttin im Dornbusch? Hatte er in der Magid-Datenbank nach Informationen über sie gesucht? Und so weiter und so fort.
    Jedesmal erklärte Rupert ausführlich, was er getan hatte und warum. Manchmal verteidigte er sich auch, aber nicht halb so gut, wie ich es gekonnt hätte. Ich dachte mir Ausreden aus, die er hätte vorbringen können. Zweimal konnte ich zu seinen Gunsten aussagen. Maree und ich sprangen ihm bei, als gefragt wurde, weshalb er zugelassen hatte, daß wir ihm nach Thule und dann nach Thalangia folgten. Maree wurde beim zweitenmal fuchsteufelswild.
    »Wir haben aufgepaßt, daß er nichts merkt«, sagte sie. »Wir sind ihm nur gefolgt, weil Rob verletzt war und uns nicht führen konnte. Verdammt, wie hätten wir sonst hinfinden sollen? Ihr könnt nicht einfach hier sitzen und ihn für etwas beschuldigen, das wir getan haben!«
    Ich erwartete, daß man sich ihren Ton verbitten würde, aber sie waren ganz höflich. Jemand ziemlich am Ende des Tisches, den ich nur schemenhaft erkennen konnte, sagte: »Meine Liebe, es besteht kein Grund, sich derart zu echauffieren. Wir beschuldigen den Magid keineswegs. Wir sind lediglich ernsthaft bemüht herauszufinden, wie und warum diese Dinge geschehen sind.«
    »Da hätte ich mich ja fast täuschen lassen«, erwiderte Maree spitz. Ein paar von ihnen lachten sogar.
    Aber die Befragung ging weiter.
    Nach einer Weile merkte ich, weshalb Rupert keine Ausflüchte machte. Jedesmal, wenn er etwas der Wahrheit entsprechend erklärt und aufgeklärt hatte, wurden die entsprechenden Seiten irgendwie aus dem Stapel heraussortiert und waren verschwunden. Zum erstenmal fiel es mir auf, als Stan einige der Ratschläge wiederholte, die er Rupert gegeben hatte. Der Papierstapel war danach ein ganzes Stück kleiner. Doch wenn die Fragesteller nicht zufrieden waren, blieben die Seiten liegen. Manchmal breiteten sie sich sogar am Ende des Tisches in einer Reihe aus. Das geschah, als sie von Rupert wissen wollten, weshalb er die Morde oben auf dem Hügel nicht verhindert hatte. Und mir wurde klar, wenn man diesen Leuten nicht erzählte, was geschehen war und warum, und zwar haargenau, mußte

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