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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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als drei magische Knallfrösche in das Programm integriert gewesen; es gab zwei große Fehler in meinem Versuch, Koryfos-Software zu imitieren, und einige mehr in meiner Adaption des unglückseligen Amstrad. Den restlichen Abend verbrachte ich damit, fieberhaft Pfade zu rekonstruieren.
    »Was hat dieser Narr Timos sich dabei bloß gedacht?« beschwerte ich mich bei Stan über die Fortissimi aus dem CD-Player hinweg. »Es ko mmt einem fast vor, als hätte er gesagt: >Ich ka nn nicht Kaiser sein, we nn ich tot bin, also sorge ich dafür, daß es auch kein anderer ist.<«
    »Vielleicht hat er das«, meinte Stan. »Aber einige von den Würdenträgern, die mit ihm in die Luft geflogen sind, müssen es gewußt haben. Vielleicht hat er sich auf sie verlassen. Unwichtig. Nicht dein Bier.«
    »Die Menschen sind wichtig.« Ich sah das angespannte, übernächtigte Gesicht von General Dakros vor mir. »Da ist ein einfacher, ehrlicher Mann, der versucht, sich der Aufgabe gewachsen zu zeigen, die das Schicksal ihm aufgebürdet hat. Da sind Millionen von anderen einfachen Menschen, die vielleicht zwischen die Mühlsteine geraten, wenn der Adel aus den anderen zehn Reichen Morgenluft wittert und gegen Dakros ins Feld zieht. Es wird einen entsetzlichen Bürgerkrieg geben. Vielleicht hat er schon angefangen.«
    »Nicht sentimental werden. Entweder die Usurpatoren gewinnen, oder dein General Dakros findet Gefallen an der Macht und reißt sich den Thron unter den Nagel. Das kommt vor.«
    In dieser Nacht im Bett mußte ich mir eingestehen, daß er recht hatte. Aber es reizte mich auch, das Problem zu lösen.
    Am nächsten Morgen erhielt ich einen Brief von Maree Mallory. Die finanzschwache Studentin hatte mit nächster Post geantwortet.

    Sehr geehrter Mr. Venables,
    ich gebe gern zu, daß ich 100 Pfund gut
    gebrauchen könnte.
    Ich werde bis Juli unter dieser Adresse
    erreichbar sein, also können Sie das Geld jederzeit schicken.
    Aber machte es Ihnen etwas aus, mir zu erklären, wem ich diese Erbschaft verdanke?
    Ich bin ein adoptiertes Kind. Ich weiß nichts über meine richtige Familie, und ich dachte, sie wüßten auch nichts von mir.

    Freundliche Grüße M. Mallory

    »Ein kunstloser und ziemlich mißtrauischer Brief«, sagte ich zu Stan.
    »Ja. Man bekommt einen guten Eindruck von ihr. Du würdest sie jetzt erkennen, wenn sie auf der anderen Straßenseite geht.«
    Er hatte recht. Der Brief atmete Persönlichkeit. Das Papier stammte eindeutig aus dem Besitz des Onkels, entweder geborgt oder stibitzt; der Text unter dem Briefkopf in gotischen Lettern: Ted Mallory, Autor von Dämonen ohne Zahl< war einem Nadeldrucker der ersten Stunde abgerungen worden, der an Tintenmangel krankte. Ja, insgesamt verriet dieser Brief eine starke Persönlichkeit.
    »Ärgerlich, daß sie ein Adoptivkind ist.« Ich nagte an der Unterlippe. »Wer, um Himm els willen, kö nn te ihr das Geld vererbt haben?«
    »Ich«, sagte Stan. »Erzähl ihr, ich hätte Ahnenforschung betrieben und geglaubt, ich sei ihr Onkel. Ich hatte ziemlich lebenslustige Brüder, also könnte es sogar stimmen.«
    Ich schickte der starken Persönlichkeit eine höfliche Nachricht, daß ich ihr in Kürze das Geld bei einem persönlichen Besuch übergeben und seine Herkunft erklären würde, und setzte an meinem Zweitältesten Computer, einem Toshiba, den ich seit einem Jahr kaum angerührt hatte, meine Bemühungen zur Lösung des Koryfos-Mysteriums fort.
    Es war harte, konzentrierte Kleinarbeit, noch dazu unter dem Druck zu wissen, daß ich nur noch diese eine Diskette zur Verfügung hatte. Ich wünschte inzwischen, ich hätte die beiden anderen nicht Dakros gegeben. Um die Wahrheit zu sagen, gegen Ende des Tages war ich entnervt genug, seine Com-Nummer anzurufen und ihn zu bitten, mir eine davon zu überlassen. Die Antwort kam prompt, ein lakonisches Fax:
    »Beide Disketten geschmolzen.«
    Verdammt! Und mir stand wahrhaftig nicht der Sinn danach, noch einen Computer zu ruinieren. Aber was blieb mir anderes übrig, als das Beste zu hoffen und die zweite Diskette einzuschieben.
    VIRUS ENTDECKT, meldete der Toshiba.
    Schnell zog ich die Diskette wieder heraus, doch wenigstens befand ich mich auf vertrautem Boden. Ich schüttelte den Kopf über Timos’ Verfolgungswahn und machte mich daran, den Virus zu entschärfen. Es handelte sich um ein magisches Implantat, und die Arbeit daran ähnelte dem Aufzupfen alter Spitze.
    »Kein Abendessen heute?« erkundigte Stan sich eine Weile

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