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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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später.
    Ich blickte auf und merkte, es war dunkel geworden, früh zwar, denn es war noch früh im Jahr, aber Zeit für eine Pause. Ich machte mir eine Tasse Kaffee, während ich überlegte, was ich essen könnte. Als ich das nächstemal aufschaute, saß ich wieder vor dem Toshiba. Es war nach Mitternacht. Aber der Virus war verschwunden, als ich die Diskette testete.
    »Du bist besessen von diesem Koryfos«, tadelte Stan.
    »Berichtigung: Ich bin besessen von einem Computerproblem. Man hat nicht alle Tage mit einem magischen Virus zu tun.«
    An diesem Tag gelang es mir tatsächlich, das Programm zu überreden, daß es auf die Festplatte kopierte und den Inhalt anzeigte. Das war eine Erleichterung, weil ich nun eigene Disketten formatieren und Backups machen konnte. Doch ein echter Erfolg war es nicht. Alles, was ich auf den Schirm bekam, war die Meldung, Timotheo wäre gelöscht sowie die stereotype Aufforderung KENNWORT EINGEBEN. Demütigend, denn immerhin war ich schon hinter den Kulissen gewesen, sozusagen, um den Virus unschädlich zu machen, und hätte in der Lage sein sollen, das Kennwort zu umgehen. Doch wenn ich es versuchte, bekam ich überhaupt nichts mehr. Und ich wagte nicht, nach Magid-Art den Zugang zu erzwingen, aus Angst vor einem neuerlichen Absturz. Stan hörte mich fluchen und kam in mein Arbeitszimmer gedriftet.
    »Dann gib ihm ein Kennwort!« sagte er. »Und wenn du einen Moment Zeit hast, könntest du die CD für mich wechseln?«
    »Was ist los mit Diabelli? Kennst du ihn auswendig?« »Jeden Ton. Beethoven ist mir jetzt wie ein Freund.«
    Ich verurteilte ihn zu einem Sampler mit Chorälen, zur Abwechslung, und wählte noch einmal Dakros an. Antwort erhielt ich von Magus Jeffron:

    »Im Kaiserreich verwendet man allgemein Kennworte mit sieben Buchstaben. Wir haben nicht viele ausprobiert, weil die Disketten bei jeder dritten Fehleingabe geschmolzen sind. Aber Prinzessin Alexandra vermutet, das Wort könne aus einem Kinderreim st amm en.«

    Ein Kinderreim? Nun, ich war bereits zu der Erkenntnis gelangt, daß Prinzessin Alexandra mehr zu bieten hatte als rein äußerliche Vorzüge, und ihre Vermutung entbehrte nicht der Wahrscheinlichkeit, immerhin ging es hier um Kinder. Die im Kaiserreich gebräuchlichen Kinderreime unterschieden sich nicht sehr von denen auf der Erde, gehören sie doch zu den Dingen, für deren Verbreitung wir Magids verantwortlich zeichnen.
    Aber ein Wort mit sieben Buchstaben, in irgendeiner der vierzehn im Reich gesprochenen Sprachen - das war schlimmer als Scrabble! Trotzdem war ich frohen Mutes, als ich einen meiner anderen Computer darauf programmierte, sämtliche Möglichkeiten durchzuprobieren. Ich war nur verwundert darüber, daß Timos IX. gewußt haben sollte, daß es so etwas wie Kinderreime gab.
    In diesem Moment schlug einer von Stans Chorälen dröhnend an mein Ohr: »In Babylon, der hochgebauten Stadt...«
    Es durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag. Babylon ist eins der Großen Geheimnisse der Magids, doch abgesehen davon kommt es auch in einem Kinderreim vor. Ich setzte mich an den Toshiba und tippte >BABYLON<.
    Bingo!
    Weltkarten begannen sich auf dem Schirm zu entfalten, in der Art von Isobaren, eine nach der anderen, eine Welt nach der anderen, wie die Hälfte der Unendlichkeit. Ich lehnte mich zurück und betrachtete sie und fragte mich, was Timos bewogen haben mochte, dieses spezielle Wort zu wählen, aus diesem speziellen Kinderlied. Babylon war nie ein Ort in seinem Reich gewesen. "Nach einer Weile erschien ein Band aus animierten Grafiken: Menschen und Kentauren, die im Profil vor den Karten vorüberzogen. Sie hatten das Aussehen von wirklichen Personen, aus Fotografien entnommen, und es handelte sich um verschiedene Individuen, doch es war schwer zu sagen, ob sie eine besondere Bedeutung hatten oder einfach nur darauf hinweisen sollten, daß das Programm jetzt ordnungsgemäß lief. Endlich war das Intro zu Ende, der Schirm wurde dunkel, dann erschien die Aufforderung:

    EINGEBEN >KNARROS<.
    Ich tippte >KNARROS<.
    NUN EINGEBEN NAMEN MEINER GOTTHEIT.

    Ich wirbelte zu dem Computer herum, der mein gesammeltes Wissen über Koryfos enthielt, obwohl ich wußte, es war in jedem Fall zu spät. »Stan!« schrie ich. »Stan, wie ist der Name dieser vermaledeiten Göttin, die der Kaiser angebetet hat?«
    »Kann mich nicht entsinnen«, rief er zurück, umjauchzt von Händeis Hallelujah. »Irgendein verd ammt er Zungenbrecher.«
    Mein Gedächtnis lieferte

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