Eine Frage der Balance
mußte mathematischen Gesetzen genügen. Außerdem mußte es ein Ort sein, der für alle vier eine gewisse logische Anziehungskraft besaß. Obwohl sie durch eine Reihe bewirkter Zufälle an den betreffenden Ort geführt werden würden, durfte ich die Gesetze der Wahrscheinlichkeit nicht überstrapazieren, damit die drei, die ich am Ende nicht auswählte, keinen Verdacht schöpften.
Aus diesem Grund schloß ich alle exponierten Nodi aus, wie Stonehenge und die meisten Burgen oder dieses versteckte Tal in Derbyshire, und richtete mein Augenmerk auf Städte und Landhotels mit Konferenzräumen.
Bald saß ich zwischen Stapeln von Reiseführern und Informationsbroschüren und pendelte zwischen diesem und jenem Globus und den auf dem Boden ausgebreiteten Bezirkslandkarten hin und her. Ich brauchte einen mundanen, alltäglich scheinenden Nodus. Stan war mir bei der Suche eine große Hilfe. Sein Beruf als Jockey hatte ihn kreuz und quer durch das ganze Land geführt, zu Rennbahnen in den entlegensten Winkeln, und er kannte Hotels und Nodi, von denen ich nie gehört hatte.
Ich persönlich hatte gehofft, sie alle in London zusammenzuführen, aber das vertrug sich nicht mit den numerologischen Bedingungen. Ärgerlicherweise hätte es gepaßt, wäre Mallory noch dabei gewesen. Mallory - bei dem Gedanken an sie kam mir die Galle hoch. Wie hatte sie es wagen können, mich derart an der Nase herumzuführen! Wie konnte sie es wagen, sich immer noch als störendes Element in meine Pläne zu mischen, obwohl ich sie von der Liste gestrichen hatte!
Stan holte mich von der Palme herunter, indem er vorschlug, wir sollten einige Nodi in den Midlands prüfen. Ich dachte an Nottingham, aber wieder sprachen die Zahlen dagegen.
»Schade«, meinte auch Stan. »Nottingham ist ein Ort, wo früher oder später jeder einmal landet. Aus den verschiedensten Gründen, und genau das brauchen wir - einen Ort, der für jeden etwas bietet. Konzerte, Konferenzen, eine Rennbahn ... «
»Es gibt auch Gründe, Birmingham zu besuchen«, sagte ich, »aber der Nodus dort ist nur so groß wie ein Stecknadelkopf Was ist mit Stratford-on-Avon?«
»Zu viele Touristen. Und Wigan?«
Wigan war numerologisch ungünstig. Nach stundenlangem Diskutieren und Messen und Stöbern in Broschüren einigten wir uns auf ein mittelgroßes Städtchen namens Wantchester. Wir kannten es beide. Stan sagte, wegen der Rennbahn gäbe es dort mindestens zwei gute Hotels. Laut Stadtführer hatte Wantchester außerdem Räumlichkeiten für Tagungen zu bieten und eine Fabrik für Handfeuerwaffen, beides neu seit Stan oder auch ich dort gewesen waren. Stan erinnerte sich an Wantchester als ein hübsches, verschlafenes Städtchen. Meine Erinnerungen stammten aus Kindertagen, als die ganze Familie dort den Sommerurlaub verbrachte, und am unvergeßlichsten war mir der Fluß geblieben. Man hatte einen Angelwettbewerb für Kinder ausgerichtet, und da ich zu der Zeit ein begeisterter Angler war - ich muß ungefähr neun Jahre alt gewesen sein -, meldete ich mich sofort an. Ich angelte den ganzen Tag, ohne etwas zu fangen. Als ich gerade zum xten Mal die Schnur aus dem Geäst einer Weide herausfingerte, tauchte mein Bruder Will auf, der ebenfalls sein Glück versuchen wollte. Es ging ihm gegen den Strich, auf irgendeinem Gebiet von seinen jüngeren Brüdern übertrumpft zu werden.
Der Aufseher muß ausgesprochen guter Laune gewesen sein, er gab Will ein paar Instruktionen und ging seiner Wege. Will, auch hier erfolgreich, wie fast immer und überall, hatte fast sofort einen kapitalen Fisch an der Angel - meiner Angel - und brachte ihn mit perfektem Schwung ans Ufer. Dann wurde es dramatisch, denn Will konnte sich nicht überwinden, ihn zu töten, und ich ebensowenig. Der Fisch zappelte wie verrückt im Gras herum. Wir riefen nach dem Aufseher, aber der war außer Hörweite, und wir mußten allein irgendwie mit der Situation fertig werden. Mit vereinten Kräften gelang es uns, den Fisch vom Haken zu lösen, dann warfen wir ihn in den Fluß zurück, wo er auf der Seite liegend, mit schwach zuckenden Flossen an der Oberfläche trieb. Man sah, daß er sterben würde. Will, obgleich schon fast dreizehn, brach in Tränen aus. Auch ich fühlte mich gräßlich. Ich bemühte mich, den Fisch wieder aus dem Wasser zu holen, konnte ihn aber nicht erwischen. So standen die Dinge, als unser Bruder Simon vorbeigeschlendert kam. Simon verabscheut es, Lebewesen zu töten, deshalb war er der Veranstaltung
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