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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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gewesen, das sie nur ein Hemdchen anhatte. Zwei der Rangen konnten mit Haarschöpfen aufwarten, die noch ungebärdiger waren als meiner, väterliches Erbe, wie mir ein Blick bestätigte. Will grinste unverhohlen über unsere Reaktion auf seine Rasselbande und lachte, als Nick beim Ansturm der kleinen Mädchen ein »O Hilfe!« entschlüpfte und er sich in Richtung des Gatters zurückzog.
    Ich hätte von Rupert das gleiche erwartet, doch zu meiner Überraschung begrüßte er seine Nichten mit ebenso viel Enthusiasmus wie sie ihn. Er ließ sich bezupfen, erklettern und umhalsen und schließlich mitziehen, um die neue Schaukel und Rutschbahn zu besichtigen, und schien jede Minute zu genießen. Er und seine Eskorte waren erst ein paar Schritte weit gekommen, als eine blendend schöne Frau in Pumphosen und rosa Schlafzimmerpantoffeln in der Haustür erschien und ein kleines rotes Etwas schwenkte.
    »Vendelas Hose!« rief sie. »Zieh sie ihr an, Rupert.«
    Sie warf das Höschen, und Rupert fing es lachend auf. Dann wurde er weitergezogen, ließ Küken und Kätzchen nach allen Seiten flüchteten und stoppte den Ansturm der schafähnlichen Ziegen, die stehenblieben wie vor einer roten Ampel, um den Querverkehr passieren zu lassen. Die Frau kam lächelnd auf uns zu.
    »Mein Frau, Carina«, stellte Will vor. Es klang, wie wenn jemand sagt: »Und hier die Kronjuwelen.«
    »Wir sind Nick und Maree Mallory«, erklärte ich, »und wir sind nur aus Versehen hier.«
    »Ich mache gerade Abendessen«, sagte Carina. »Ihr bleibt doch und leistet uns Gesellschaft, oder?«
    Nichts lieber als das, aber: »Rupert wird es nicht recht sein... «
    »Rupert hat hier nichts zu sagen«, unterbrach mich Will. »Haben wir genug zu essen, Schatz?«
    »Eier satt«, rief Carina auf dem Weg zurück zum Haus über die Schulter. »Sponduley und Cash haben heute angefangen zu legen, und alle Enten waren fleißig.«
    »Na, bestens.« Will schlug die Hände zusammen. »Ich hoffe, ihr mögt Eier.«
    »Ja, außerdem hatten wir kein Mittagessen«, sagte Nick.
    »Um so besser, dann habt ihr anständigen Hunger.«
    Dann nahm er uns wie selbstverständlich mit auf einen Rundgang zur Besichtigung seines Viehbestandes, ließ uns dabei erzählen, was genau geschehen war, und gab uns Erklärungen (die wir von Rupert best imm t nicht bekommen hätten).
    Ich wollte schon die ganze Zeit die unbekannten Hühner aus der Nähe betrachten und erst recht die Vögel mit den langen rosa Beinen. Will stapfte mit seinen derben Stiefeln unbekümmert zwischen den wimmelnden, piepsenden Tierchen herum, griff hier eins heraus und dort und hielt sie mir mit dem Bauch nach oben hin. »Ein Entenküken«, sagte er. »Weibchen, siehst du. Die meisten von diesen hier sind Buktarys. Gute Leger und hübsch anzusehen. Siehst du, die hier bekommt schon ihre blauen Schwanzfedern. Bei den erwachsenen Tieren schimmert das Gefieder in einer ganzen Palette von Blauschattierungen. Wir verkaufen die meisten davon, aber die Sollyhühner halten wir als Haustiere. Hier. Das ist ein Sollyhuhn - falls ich nicht ein Hähnchen erwischt habe, in diesem Alter ist das Geschlecht schwer zu bestimmen. Was würdest du sagen?«
    Ich starrte auf das hintere Bauchende der geduldigen gelben Handvoll, die er mir hinhielt, und besann mich auf mein unter Mühen erworbenes tierärztliches Wissen. »Ein Hähnchen.«
    »Ja, ich glaube, du hast recht.«
    Ich merkte, daß ich in seiner Achtung gestiegen war, deshalb wagte ich zu fragen: »Aber ich habe nie von einem Sollyhuhn gehört. Sind das die, die aussehen wie Reiher?«
    »Nein, das sind Butes. In eurer Welt gibt es sie nicht, genauso wenig wie die Sollies. Butes schmecken ähnlich wie Perlhühner, aber sie machen weniger Lärm. Sie krakeelen nur, wenn ein Fuchs in der Nähe ist. Wenn sie krakeelen, lassen wir Petra hinaus.« Er strich dem seidigen Hund über den Kopf. »Petra verspeist Füchse zum Frühstück, stimmt’s, altes Mädchen? Sollies ähneln Bantams, aber sie haben eine Menge von diesen kleinen, getüpfelten Federn, und der Kamm ist orange. Ko mm t und seht euch die Ziegen an.«
    Er ging voran in den Teil des Gartens, wo die Obstbäume standen, gefolgt von Petra, gefolgt von mir, gefolgt von etlichen Butes, gefolgt von Nick, der gelangweilt aussah und wie traumatisiert. Er hatte keinen Spaß an der gehörnten weißen Schar, folglich hatten sie Spaß an ihm. Schiebend und stoßend kreisten sie uns ein, dann konzentrierten sie sich auf Nick und besabberten

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