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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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du nicht?«
    Darüber war es ziemlich spät geworden. Die ersten Leute in Abendgarderobe erschienen - feingemacht für die Parties. Ma xim Hough eilte vorüber, er trug eine Patchworkjacke aus Samt und war in Begleitung von zwei beneidenswert grazilen Mädchen. Und uns entgegen kamen zwei atemberaubende Vamps in langen, hautengen, rotgeschnürten schwarzen Lederkleidern. Ich brauchte einen Moment, bis ich erkannte, daß es zwei von den Langhaarigen mit dem Baby waren. Jetzt trugen sie das Haar zu raffinierten Frisuren aufgetürmt, und die falschen Wimpern waren fast drei Zentimeter lang.
    Nick erkannte sie sofort. »Wow!« sagte er. Die beiden waren hocherfreut und stellten sich in Pose, um von ihm bewundert zu werden. »Und wo habt ihr das Baby?« fragte er.
    »Larry paßt auf den Kleinen auf«, antwortete die linke. »Pardon, Loretta.«
    »Seit der Geschlechtsumwandlung entwickelt sie unheimlich starke Muttergefühle«, erklärte die rechte.
    Nick verschlug es die Sprache. Ich fragte ohne große Hoffnung, ob sie Rupert gesehen hätten.
    »Rupert den Magier?« sagten sie mit ihren herrlichen rauchigen St imm en. Eine von ihnen fügte hinzu: »Ich liebe diesen Mann - er ist so normal!« und die/der andere meinte, er (oder sie) hätte Rupert in den Filk Room gehen sehen, geradeaus den Gang hinunter. Dann stöckelten sie davon - beide trugen glänzende schwarze Stiefel mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen. Ich fragte mich, wie sie überhaupt gehen konnten, allein schon in diesen sich nach unten verjüngenden Röcken.
    Nick sagte: »Ich weiß, einer von ihnen muß ein Mann sein. Kannst du mir sagen, welcher?«
    »Keinen Schimmer. Sie sehen beide fantastisch aus. Aber dieses Baby wird eine echt skurrile Kindheit haben.«
    Nick sagte in merkwürdigem Ton: »Jede Kindheit ist skurril.« Er studierte seinen Con-Plan und suchte nach dem F ilk Room. »Am Ende dieses Flurs.«
    Es war ein mittelgroßer Raum, leer bis auf einige Geräte wie für ein Tonstudio und Kabel, die sich über den Fußboden schlängelten. Rupert Venables und Mervin Thurless saßen auf den einzigen beiden Stühlen und unterhielten sich angeregt. Als wir die Köpfe durch die Tür steckten, drehte Thurless sich herum und stach seinen Bart in unsere Richtung. Er erkannte mich, und seine Miene wurde finster.
    »Du glaubst wohl, du kannst mich auch noch aus diesem Zimmer vertreiben?« keifte er. »Geh weg. Geh weg und such dir einen anderen Platz für deine Voodootänze!«
    Wir schlossen hastig die Tür und setzten uns an der Wand auf den Fußboden. Nick meinte: »Kein Problem.
    Wir können Rupert den Magier abfangen, wenn er herauskommt.«
    Mich beschäftigte etwas ganz anderes. »Lieber Himmel! Rick Corrie hat mir tatsächlich sein Zimmer gegeben!«
    »Dafür kannst du doch nichts.«
    Wir warteten. Nick war mit sich und der Welt zufrieden. Er nahm sein Notizbuch und beschäftigte sich damit, sein Wantchester-Spiel zu perfektionieren, es auf Bristolia-Standard zu bringen, wie er sagte. Ich meinerseits war ziemlich unruhig. Es war aber auch eine unruhige Ecke. Kellner und Kellnerinnen eilten durch eine Spiegeltür hin und her, trugen Gläsertabletts oder Kästen voller Flaschen für die Parties der Verleger. Alle schienen sich über Musik zu unterhalten. Die Kellnerin, die Nick seine Cornflakes gebracht hatte, hastete vorbei und sagte: »Ich habe nichts gegen Musik, ich möchte nur gern wissen, woher sie kommt.«
    Und der Kellner, der uns beim Frühstück mit dem lebensnotwendigen Kaffee versorgt hatte, stimmte ihr zu: »Ja, ich weiß, es ist irgendwie unheimlich. Musik aus dem Nichts.«
    Ein paar Minuten, nachdem sie gegangen waren, hörte ich ebenfalls Musik. Sie drang durch die Türen des Filk Rooms. Unheimlich fand ich sie nicht, aber es war doch ziemlich unwahrscheinlich, daß Rupert Venables und Mervin Thurless plötzlich angefangen hatten, Gitarre zu spielen. »Nick ...«
    Nick blickte auf, lauschte und sagte: »O nein!« Zu den Gitarren hatte sich ein lyrischer Sopran gesellt.
    Wir sprangen beide auf, und Nick öffnete die Tür zum Filk Room. Drei Frauen schauten uns überrascht an. »Wir wollen nur etwas proben«, sagte die Sängerin. »Das Filking beginnt erst gegen acht Uhr.«
    Nick entdeckte die Tür in der Wand gegenüber, durch die die Frauen den Raum betreten und Rupert und Thurless ihn verlassen haben mußten, »‘tschuldigung«, sagte er und sprintete darauf zu. Wir durchquerten den Raum, wie eine Armee die Bühne überquert, angestarrt von

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