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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Zeit zu Zeit wird man daran erinnert. Es ist Teil des Wissens, das einem zuteil wird, wenn man den Job übe rnimmt . Man schwört, dem Wohl der Welt zu dienen, und dafür werden einem Dinge offenbart.«
    »Was für Dinge?« Nick hatte den Weg des geringsten Widerstands gewählt und sich an der Hecke entlanggearbeitet.
    Will mußte lachen. »Wir ne nn en es Große Geheimnisse.«
    »Also können Sie uns nichts darüber erzählen?« Immer dasselbe, we nn es spannend wird.
    »Nicht im Detail. Aber einige ke nnt ihr längst, ohne es zu ahnen, und ihr würdet lachen - jedenfalls ging es mir so -, wenn ich euch darauf aufmerksam machte, weil viele von den Geheimnissen ganz banal im alltäglichen Leben enthalten sind, zum Beispiel in Abzählversen, wie Kinder sie singen, oder in Märchen. Kein Scherz! Eine unserer Aufgaben besteht darin, für ihre Verbreitung zu sorgen, so daß sie in das Grundwissen eingehen und auf die richtige Art zusammengefügt werden können, wenn die Zeit gekommen ist. Andere Geheimnisse wiederum«, er versetzte dem Gatter einen Stoß, daß es aufschwang, »werden aufgeteilt. Das sind die brisanten Geheimnisse. Ich kenne mindestens siebzig solcher Fragmente auswendig. We nn ein anderer Magid einen Teil meines Geheimnisses benötigt, kann er oder sie zu mir kommen und mich darum bitten, und we nn die Situation es rechtfertigt, füge ich meinen Teil mit seinem oder ihrem zusammen. Auf diese Weise wird Mißbrauch verhindert. Wir greifen nur im Notfall darauf zurück.«
    »Ist Ihr Bruder deshalb hier? Will er Sie um den Teil eines Geheimnisses bitten?« fragte ich.
    Will lachte wieder. »Eher um einen Gefallen. Ich werde es herausfinden, wenn die Rangen mit ihm fertig sind. Gehen wir hinein, ich habe Hunger.«
    Ich nehme an, Rupert fand irgendwann während der chaotischen Mahlzeit Gelegenheit, mit Will zu sprechen. Ich für meinen Teil war völlig d amit ausgelastet, wenigstens ein Ei vor jedes Kind hinzustellen und dann sechs
    Unterhaltungen gleichzeitig zu führen, während ich Brot und Tomaten austeilte. Meine Fingernägel sorgten für Gesprächsstoff. Venetia mit der Löwenmähne wollte wissen, weshalb sie so lang wären. Vanessa mit den glatten Haaren fragte, wie kommt es, daß sie so gelb sind. Blondschopf Vanda vermutete, daß es weh tat, wenn ich mich kratzte, und ihr rotschöpfiger Zwilling Viola hätte gern gewußt, weshalb ihre eigenen Nägel immer abbrachen, bevor sie auch nur annähernd so lang waren wie meine. (Ja, sie fingen alle mit V an. Nette Idee, solange sie klein waren, aber weniger praktisch, wenn sie Teenager sind und Briefe von Jungs kriegen.) Klein-Valentina, mit einem ähnlichen Schopf wie Venetia, erhob das durchdringende Stimmchen und verlangte zu erfahren, zu was meine Nägel gut wären.
    »Zu allem möglichen«, antwortete ich. »Ich zeig’s dir.« Und ich löste große Bewunderung aus, indem ich mit den Fingernägeln die Spitze von ihrem Ei abknipste. Natürlich mußte ich die Prozedur noch fünfmal wiederholen. Nicht genug damit, wurde jedesmal, wenn ich mich hinsetzte, mein Schoß zum Tummelplatz für Katzenkinder. Meine neuen Jeans sind an den Oberschenkeln ganz zerrupft und zerkratzt.
    Wir saßen alle um einen vollbesetzten Tisch in einem sonnendurchfluteten niedrigen Raum mit Geranientöpfen auf den Fensterbänken. Ich fand es herrlich, aber Nick, der Ärmste, war alles andere als glücklich. »Streunendes Viehzeug«, beklagte er sich bitterlich bei mir. »Streunende Katzen, streunende Kinder! Ich wünschte, ich wäre in einem Käfig.« Nun, ich wußte, wie ich mich im Haus meiner Tante gefühlt hatte, also ko nn te ich’s ihm nicht verdenken.
    Und d ami t ich nicht auf die Idee kam, Carina und Will führten ein Leben in überirdischer Harmonie, gab es irgendwann während des Essens einen kurzen, aber handfesten Krach. Ich weiß nicht, wie es anfing, aber Carina schrie plötzlich: »Sei nicht so verd ammt überheblich, Will. Immer bildest du dir ein, du wüßtest alles besser! Rupert hat ganz recht!«
    Und Will brüllte: »Verdammt noch mal, Carey! Er ist mein Bruder!«
    Rupert am anderen Ende des Tisches bemühte sich auszusehen, als wäre nicht von ihm die Rede. Nick machte ein erschrockenes Gesicht; seine Eltern erheben niemals die Stimme. Aber die sechs Venables-Sprößlinge plapperten unbekümmert weiter, offenbar waren sie an derlei Szenen gewöhnt. Venetia grinste mich an und schrie mir ins Ohr: »Ihr solltet dabei sein, wenn sie sich mit Eiern bewerfen! Das

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