Eine Frage Der Groesse
stark, leistungsfähig und besorgt. Es sind Menschen, auf die sich jeder verlassen und an die sich jeder wenden kann, wenn er Hilfe braucht. Jetzt wird von ihnen erwartet, dass sie auch das Kochen, das Baden der Kinder und das Bügeln übernehmen. In einigen Fällen hat es zu Gefühlen überwältigender Hilflosigkeit und Unfähigkeit geführt, die in einer Depression enden können.«
VERGEWALTIGUNG
Werden auch Männer Opfer sexueller Gewalt?
Die Vorstellung, dass auch Männer Opfer sexueller Übergriffe und Gewalttaten werden können, unterliegt in unserer Gesellschaft einem derart starken Tabu, dass viele offenbar die reine Vorstellung als absurd empfinden. So nennt auch Patricia Overberg, Leiterin einer Zufluchtsstätte in den USA, die sowohl männlichen als auch weiblichen Opfern von Gewalt in der Partnerschaft offensteht, als erste Reaktion auf das Thema vergewaltigte Männer Gelächter. Und selbst im deutschen Strafrecht wurden männliche Vergewaltigungsopfer lange übergangen. »Wer eine Frau mit Gewalt oder durch Drohung …« begann bis zum Jahre 1997 der entsprechende Paragraf 177 im Strafgesetzbuch.
Tatsächlich habe ich im Laufe meiner männerpolitischen und journalistischen Arbeit des Öfteren mit Personen zu tun gehabt, die männliche Opfer sexueller Gewalt aus ihrem eigenen Umfeld kannten. So berichtete mir »Chris« (der vollständige Name ist mir bekannt) von der Sexual-Beratungsstelle Mayday, den ich für eines meiner Bücher interviewte: »Vergewaltigte Männer, egal ob sie von Männern oder von Frauen vergewaltigt wurden, haben es noch schwerer als Frauen (auch wenn eine Steigerung von schwer in diesem Zusammenhang sehr makaber ist). Sie werden noch weniger ernst genommen, es gibt keine Hilfsangebote, keine Ansprechpartner, und oft genug glaubt man ihnen auch einfach nicht. Selbstzweifel, Impotenz und Depression ist da die Regel, Selbstmord häufig. Die Dunkelziffer ist riesig. Ich kenne fast keine gemeldeten Fälle, in meinem persönlichen Bekanntenkreis finden sich aber bereits mehrere Betroffene.«
Viele Vergewaltigungszentren kümmern sich dementsprechend auch nur um weibliche Opfer. Nachdem eines von ihnen sich auch Männern öffnete, schnellte die Zahl der Männer, die dort Hilfe suchten, binnen drei Jahren von anfangs null auf zehn Prozent. Im Jahr 2005 bezifferte eine Osloer Anlaufstelle für Vergewaltigungsopfer die Rate für sexuell missbrauchte Männer sogar bei 30 Prozent – als diese Einrichtung wenige Jahre zuvor geöffnet wurde, lag sie noch bei 13 Prozent. Da sich die Zahl weiblicher Sexualtäter in so kurzer Zeit nicht mehr als verdoppelt haben dürfte, haben wir es hier vermutlich mit einem Aufweichen der Dunkelziffer zu tun. Endre Førland, der Leiter der Anlaufstelle, spricht von einer Wahrnehmungsbarriere bei Opfern, Medizinern und staatlichen Stellen, die weibliche Täterschaft in unserer Gesellschaft praktisch unsichtbar werden lasse.
Wie hoch sind nun die Zahlen der Betroffenen? Es gibt hierüber inzwischen mehrere internationale Studien, deren Ergebnisse ich in meinem Buch »Nummer Sicher« in einem eigenen Kapitel darlege. Dort erkläre ich auch ausführlich die seelischen Folgen eines solchen Verbrechens bei weiblichen und männlichen Opfern und stelle Ratschläge zusammen, wie man als Betroffener oder dessen Partner mit dieser Situation umgehen kann. Ich möchte an dieser Stelle auf Bastian Schwithals Doktorarbeit »Weibliche Gewalt in Partnerschaften« verweisen, in der er die Ergebnisse von 55 internationalen Studien und Untersuchungen auch zum Thema »sexuelle Übergriffe« zusammengefasst hat. Dabei gelangt er zu folgendem Ergebnis: »Hinsichtlich sexueller Gewalt lässt sich die Feststellung machen, dass Frauen häufiger diese Form der Gewalt erleiden als Männer. Allerdings lässt sich anhand der Ergebnisse in der Tabelle auch ablesen, dass Männer ebenfalls und im weitaus größeren Ausmaß als bisher angenommen sexuelle Gewalt (auch schwere Formen) erfahren. Beim Verüben von sexueller Gewalt ergibt sich ein Geschlechtsverhältnis von 57,9 % Männer gegenüber 42,1 % Frauen und hinsichtlich ›erlittener Gewalt‹ ein Männer-Frauen-Verhältnis von 40,8 % zu 59,2 %.« Männer und Frauen werden also in erkennbar unterschiedlichem Ausmaß Opfer bzw. Täter, aber das Verhältnis ist weit entfernt von 100 zu 0, wie man glauben könnte, wenn man sich mit diesem Thema noch nie näher beschäftigt hat.
VORHAUT
Wozu ist die Vorhaut über dem Penis
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