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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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eine hustete und der andere sich rührte, tauschten wir ein paar Belanglosigkeiten über die Großartigkeit des Kosmos und die Nichtigkeit des Erdenmenschen und so weiter aus, und dann traten wir einen Schritt ans Licht, schüttelten einander die Hände und stellten uns vor. Zu meinem Glück erwies es sich, dass mein neuer Reisegefährte auf dem Heimweg von einem Astronomischen Kongress nach Kapstadt war. An den folgenden Abenden trafen wir uns jeweils nach dem Dinner auf dem Sonnendeck, wo er mir unter freiem Sternenhimmel schwer verständliche Dinge über das Wesen des Lichts, die Krümmung des Raumes und die rasende Ausweitung des Kosmos erklärte. Mein neuer Freund war wohl in meinem Alter, vielleicht sogar zwei oder drei Jahre jünger, aber er stand mit der kalten Poesie des stellaren Räderwerks, unter dem alle menschlichen Leidenschaften null und nichtig sind, derart heiter und gelassen auf vertrautem Fuß, dass er mir gleichzeitig uralt und ewig jung erschien. Am letzten Abend vor der Ankunft in Kapstadt standen wir wiederum beisammen in der lauen Sternennacht, als aus der Dunkelheit Spicer Simson an uns herantrat, um nun seinerseits ein Referat über Galaxien, gefrorene Sterne und Sonnensysteme zu halten. Mein neuer Freund hörte eine Weile zu, dann sagte er höflich: «Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen nicht zustimmen kann. Die Sterne sind sozusagen mein Beruf.»
    «Ach ja?», versetzte Spicer. «Nach dem Unfug zu urteilen, den Sie in den letzten Tagen erzählt haben, möchte man das aber nicht glauben. Ich selbst bin ausgebildeter Navigationsoffizier und weiß, wovon ich rede.»
    Der Fremde musterte Spicer verwundert, verabschiedete sich von mir und verschwand im Dunkeln, worauf Spicer sich neben mich an die Reling stellte.
    «Einen komischen Vogel haben Sie da aufgegabelt, Hanschell», sagte er.
    «Ganz wie Sie meinen, Commander», erwiderte ich. «Wenn Sie mir die außerdienstliche Bemerkung erlauben: Der komische Vogel ist Sydney Samuel Hough, Direktor des königlichen Observatoriums am Kap der Guten Hoffnung und Vorsitzender der Philosophischen Gesellschaft Südafrikas.»
    «Was Sie nicht sagen!», sagte Spicer und lachte laut heraus. «Na, immerhin kann er dort keinen Schaden anrichten. Als Navigationsoffizier könnte ich ihn nicht gebrauchen.»
     
     
    Auf diese Weise zum Gespött der Lianstephen Castle geworden, waren wir froh, in Kapstadt endlich wieder an Land zu kommen. Kaum aber hatten wir festen Boden unter den Füßen, ließ uns Spicer auf der Hafenmole – und unter dem hämischen Grinsen der Besatzung – wieder einmal in Paradeformation Aufstellung nehmen. Dann paradierten wir durch die ganze Stadt bis zum Hotel, und in den folgenden Tagen reihte sich eine Parade an die andere: Wir paradierten vor der altehrwürdigen Burg der Guten Hoffnung, dann auf dem Paradeplatz selbst und über die gesamte Länge der Long Street, dann paradierten wir noch mal vor dem Hotel und je einmal vor den Botschaften Großbritanniens, Frankreichs und Australiens, und eine letzte Parade hielten wir kurz vor der Weiterreise auf dem Bahnhofsplatz ab. Nie in der Militärgeschichte der Menschheit hat ein hochgeheimes Expeditionskorps derart viele Paraden abgehalten.
    Du kannst Dir meine Erleichterung nicht groß genug vorstellen, als wir nach einer letzten Parade über den Bahnsteig endlich in den eigens für uns bereitgestellten Sonderzug paradieren durften. Erst als die Lokomotive anfuhr und uns hinauszog in die menschenleere, tausend mal tausend Meilen große Kalahari-Wüste, konnte ich einigermaßen sicher sein, dass Spicer Simson bis auf Weiteres keinen Vorwand zum Paradieren mehr finden würde.
    Die Fahrt dauerte zwei Wochen und war köstlich. Die Lokomotive arbeitete zuverlässig, Mimi und Toutou fuhren gut verpackt auf zwei Güterwagen mit, und unsere Truppe verfügte über einen komfortablen Salonwagen, in dem wir bequem alle Platz fanden. Der Zug durchquerte grandiose Landschaften, mit deren Beschreibung ich Dich erst nach meiner Heimkehr langweilen werde. Tagsüber war es, da die Trockenzeit noch andauerte, freundlich warm, und nachts angenehm kühl. Zu den Essenszeiten hielt der Zug für eine Stunde oder zwei irgendwo auf offener Strecke, damit die Köche ihre Feldküchen aufstellen und wir uns im Schatten der Güterwagen hinlegen konnten.
    Da Spicer sich große Sorgen machte, dass Sprühfunken aus dem Schornstein Mimi und Toutou in Brand setzen könnten, mussten über die gesamten zweitausend Meilen

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