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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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Mädchen. „Die Galerie Linaud aus Saarbrücken führt mehrmals im Jahr Ausstellungen bei uns durch. Der Inhaber ist ein Bekannter von Frau Doktor. Manchmal verliebt sich ein Patient in ein Gemälde und kauft es.“
     
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    „Die Volkmer strahlt so viel Wärme aus wie ein Gletscher. Ich war froh, als ich die Praxis wieder verlassen konnte“, schloss Marcks den Bericht über ihren Besuch bei der spröden Zahnärztin ab. Velten hatte ihr zuvor von seinem Gespräch mit Susanne und der Identifizierung von Stürmers Leiche anhand des DNA-Abgleichs erzählt. Die beide saßen sich an ihren Schreibtischen eine Weile schweigend gegenüber. „Was ist eigentlich ein Barockengel ? Sie sagte, dass sie so einen fährt.“
    „Ein BMW aus der gleichen Zeit wie mein Benz.“ Velten warf ärgerlich seinen Autoschlüssel auf den Schreibtisch „Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Der Vergleich der Zähne und der DNA lässt keinen Zweifel daran, dass der Tote im Wald Alexander Stürmer war.“
    „Aber wo machen wir weiter?“
    Er überlegte einen Augenblick: „Die vielen Bilder, die vor drei Jahren geraubt wurden, müssen ja irgendwo sein. Soviel ich weiß, ist keines davon jemals wieder aufgetaucht. Wir sollten uns mit jemandem unterhalten, der sich im Kunsthandel und in der regionalen Sammlerszene auskennt.“
    „Ich habe da vielleicht eine Idee, eine Sekunde“, sagte Marcks und gab etwas in ihren Rechner ein. „In der Praxis dieser schrecklichen Zahnärztin hingen Bilder einer Galerie Linaud aus Saarbrücken. Ich habe gerade ein wenig gegoogelt. Der Inhaber Eric Linaud ist im Saarland und in der Westpfalz anscheinend eine große Nummer. In der Fachpresse taucht sein Name sehr häufig auf. Ich werde versuchen, für uns einen Termin mit ihm zu vereinbaren.
    „Gut, ich gehe in der Zwischenzeit zu Kreutzer. Er hat mir ausrichten lassen, dass er mich sehen möchte.
    Die Tür zum Büro des Chefredakteurs stand offen. „Kommen Sie rein, Velten. Nehmen Sie Platz.“ Die beiden Männer setzten sich an den großen Besprechungstisch.
    Velten fühlte sich i n dem großen Büro immer etwas unwohl. Die wuchtigen, dunklen Schränke an der Längsseite des Raumes, denen man ansah, dass sie bereits seit Jahrzehnten hier standen, und die braunen Vorhänge verliehen dem Büro etwas Bedrückendes. An den Wänden hingen Fotos, die ihn zusammen mit allen möglichen Prominenten aus Politik, Kultur und Wirtschaft zeigten, die in den vergangenen Jahren aus den unterschiedlichsten Gründen einen Abstecher nach Waldenthal gemacht hatten. Auf seinem Schreibtisch standen die Prunkstücke der Sammlung: Kreutzer, händeschüttelnd mit einem längst verblichenen Bundespräsidenten und Kreutzer an einem festlich gedeckten Tisch neben einem Literaturnobelpreisträger.
    Kreutzer trug einen dunklen, dreiteiligen Anzug, dessen Weste über seinem Bauch erkennbar spannte, dazu eine blau-graue Krawatte und ein passendes Einstecktuch. Velten konnte sich nicht erinnern, ihn in der Redaktion jemals in der legeren Kleidung gesehen zu haben, die Journalisten üblicherweise bevorzugten. Doch wer Dieter Kreutzer wegen seines antiquierten Büros oder seines steifen Auftretens für rückständig und altbacken hielt, verkannte ihn völlig. Der Achtundfün fzigjährige hatte sein ganzes Berufsleben beim Morgenkurier verbracht und viele Höhen und Tiefen mit- und überlebt. Der gebürtige Hauensteiner hatte seine Karriere als Volontär in der Waldenthaler Redaktion begonnen und sich durch Beharrlichkeit, Fleiß und Durchsetzungsfähigkeit eine beachtliche Machtposition innerhalb und außerhalb der Zeitung aufgebaut. Vor einigen Jahren war er zum Chefredakteur aller Morgenkurier -Ausgaben aufgestiegen. Während die Ableger in den Nachbarstädten jedoch von Lokalchefs geleitet wurden, übte Kreutzer diese Funktion in Waldenthal noch selbst aus. Trotz seiner hohen zeitlichen Beanspruchung ließ er es sich nicht nehmen, hin und wieder eine seiner messerscharfen Analysen zur Lokalpolitik zu schreiben.
    „Mein Gott, was ist mit ihrer Nase passiert?“
    Velten berichtete von seiner Unterhaltung mit dem Zuhälter Fleischmann.
    Kreutzer betrachtete die ramponierte Nase halb besorgt, halb fasziniert: „Sie erinnern mich an einen Pavian, den ich im Waldenthaler Zoo einmal gesehen habe. Ich komme nicht darauf, wie diese Art mit der blau-roten Schnauze heißt.“
    „Mandrill“, brummte Velten. Ninas Prophezeiung schien wahrgeworden zu sein.
    „Stimmt. Die Ähnlichkeit

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