Eine Frage der Zeit
aus Landaus Privatsammlung, vor allem Werke des französischen Impressionismus. Der Wert der geraubten Bilder wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt.
Der Tatbeteiligung dringend verdächtig war der in Waldenthal lebende und international renommierte Restaurator und Kunstexperte Alexander Stürmer. Er verschwand nach der Tat zunächst spurlos. Seine stark verweste Leiche wurde ein Vierteljahr später im Pfälzerwald gefunden. Die Polizei verdächtigte außerdem Thomas Schatz, einen ehemaligen Angestellten Landaus, der Mittäterschaft an dem Kunstraub. Er tauchte wenige Tage nach dem Überfall unter.
Am Montag dieser Woche erhielten die festgefahrenen Ermittlungen der Kriminalpolizei einen neuen Impuls, als der Kleinkriminelle Martin Rothaar auf dem Parkplatz bei den neuen Einkaufszentren in der Zeppelinstraße ermordet aufgefunden wurde. Rothaar, den die Polizei bislang nicht zu den Verdächtigen des Kunstraubes gezählt hatte, trug eine Armbanduhr, die zweifelsfrei Alexander Stürmer gehört hatte. Die Kripo hat ihn deshalb in Verdacht, an dem Überfall auf Konstantin Landau beteiligt gewesen zu sein. Nach der Tat, so ein Szenario der Ermittler, könnte Rothaar seinen Komplizen Stürmer im Streit um die Aufteilung der Beute ermordet und die Uhr an sich genommen haben.
Nach Erkenntnissen der Polizei gibt es außerdem eine Verbindung zwischen Martin Rothaar und Thomas Schatz. Beide hatten mehrere Jahre lang zeitgleich in der JVA Frankenthal eingesessen und sind nach dem Überfall auf Konstantin Landau untergetaucht. Von Schatz fehlt bis heute jede Spur. Rothaar hat sich Polizeiangaben zufolge in den zurückliegenden drei Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Region um Waldenthal aufgehalten. Über seinen zwischenzeitigen Wohnort und die Gründe seiner Rückkehr in dieser Woche ist nichts bekannt.
Der Kriminelle wird von der Polizei zum Umfeld von Bernd Fleischmann gezählt. Der mehrfach vorbestrafte Nachtclubbesitzer betreibt in der Pfalz mehrere Bordelle, unter anderem auch die Mausefalle in Waldenthal. Gegen ihn wurde nach dem Mord an Landau ebenfalls ermittelt, allerdings konnte die Polizei ihm damals keine Tatbeteiligung nachweisen.
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Illustriert mit Fotos von Konstantin Landau und Alexander Stürmer erschien der Bericht am frühen Nachmittag vorab auf der Homepage des Waldenthaler Morgenkurier . Die nächsten Stunden verbrachten Velten und Marcks damit, Pressemitteilungen, die während ihrer Recherche zu den Kunstraub-Morden liegengeblieben waren, zu sichten. Am frühen Abend verließen die beiden Journalisten die Redaktion. Als sich Velten eben auf dem Parkplatz von Marcks verabschieden wollte, deutete sie auf seinen Golf: „Schauen Sie mal, die Windschutzscheibe Ihres Autos...“
„Das darf doch nicht wahr sein!“ Er eilte zu seinem Wagen. Offenbar hatte jemand mit einem Knüppel oder Stein mehrfach auf die Frontscheibe eingedroschen. Von den Einschlagstellen zog sich ein Spinnennetz feiner Risse über die gesamte Glasfläche „Wer zum Teufel...“
Plötzlich hörten sie eine laute Stimme in ihrem Rücken: „Hey, Ihr Presseschmierer!“ Sie drehten sich ruckartig um. Aus einer Hausecke des Morgenkurier -Gebäudes löste sich eine bullige Gestalt. Es war Fleischmann! In seiner Rechten hielt er einen Baseballschläger, den er rhythmisch in seine linke Hand klatschen ließ. Langsam kam der Zuhälter auf die beiden zu. „Der freundschaftliche Klaps auf die Nase hat dir wohl nicht gereicht, du Pressevogel. Ich hatte dich gewarnt, meinen Namen in deinem Drecksblatt zu erwähnen, erinnerst du dich? Und trotzdem kann ihn jetzt jeder auf eurer Homepage lesen. Jetzt werden andere Saiten aufgezogen. Und wenn ich mit dir fertig bin, ist die kleine Schlampe an der Reihe.“
Velten stellte sich zwischen den wütenden Nachtclub-Besitzer und seine junge Kollegin und hob beschwichtigend die Hände: „Herr Fleischmann, ich schlage vor, Sie legen den Schläger weg und wir reden in Ruhe über alles.“ Der Zuhälter reagierte nicht. Wie in Zeitlupe kam er auf die beiden zu. Velten war geschockt, doch seltsamerweise geriet er nicht in Panik. Das Adrenalin, das durch seine Adern pumpte, ließ sein Gehirn mit rasender Geschwindigkeit arbeiten. Seine Blicke, die hektisch hin und her jagten, erfassten jedes Detail der Umgebung. Die Maserung des Baseballschlägers in Fleischmanns riesigen Pranken. Den Golf mit der zerstörten Scheibe, der den Fluchtweg blockierte. Die unerreichbar weit enternte
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