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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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gerade … mit Schwester Anastasia gesprochen«, sagte Bernie.
    »Im St. Augustine’s? Sind Sie mit ihr befreundet?«
    »Wir haben sie heute erst kennengelernt«, antwortete Tom.
    »Wie kommt sie dazu, Ihnen etwas über mich zu erzählen?«, fragte er lachend. Plötzlich wurde sein Blick besorgt. »Ist alles in Ordnung mit ihr? Ist ihr etwas passiert?«
    »Nein«, beeilte sich Bernie zu erwidern, gerührt von der Besorgnis, die in seinen Augen und in seiner Stimme zu erkennen war. »Es geht ihr gut. Sie hat uns auch nur … mitgeteilt, wo wir dich finden.«
    »Tut mir leid, dass wir dich James genannt haben«, ließ sich Tom vernehmen. »Wir wussten nicht, dass du den Namen Seamus bevorzugst.«
    »Er ist mir lieber. Ich habe es allerdings noch nicht geschafft, Schwester Anastasia davon zu erzählen. Von ihr stammt der Name James. Das ist nicht mein Geburtsname, aber so hat sie mich genannt. Es könnte undankbar erscheinen, wenn sie erfährt, dass ich ihn geändert habe. Ich sehe sie nicht oft … Gut, dass Sie mich daran erinnert haben, sie häufiger zu besuchen.« Er stand reglos da, und alle schwiegen. Bernies Herz klopfte zum Zerspringen. Er lachte nervös. »Keine Ahnung, warum ich Ihnen das erzähle«, sagte er schließlich.
    »Ich glaube, ich weiß, warum«, erwiderte Bernie sanft.
    Seamus sah sie verdutzt an, hob die Hände, die Innenflächen nach oben gekehrt, und schüttelte den Kopf. »Was soll das heißen?«
    »Schau uns an. Errätst du nicht, wer wir sind? Ich wusste es vom ersten Augenblick an …«
    »Ich kann Ihnen leider nicht ganz folgen.«
    »Als du geboren wurdest, habe ich dir den Namen Thomas gegeben, nach deinem Vater.«
    Hohe, ausladende Bäume wölbten sich über ihren Köpfen, und die Blätter raschelten im Wind. Das Geräusch war erschreckend laut in der Stille. Sie sah, dass er einer Panik nahe war und sich dagegen sträubte, mehr zu erfahren.
    »Es gab bereits etliche Toms in St. Augustine’s«, fuhr sie fort. »Deshalb beschloss Schwester Anastasia, dich bei deinem zweiten Vornamen zu nennen – James.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Du kennst die Antwort«, flüsterte Bernie. »Wir haben lange gebraucht, um herzukommen, James … Seamus. Aber wir haben jeden Tag an dich gedacht.«
    »An mich gedacht? Sie kennen mich doch gar nicht. Wer sind Sie?«
    Die Worte blieben Bernie im Hals stecken. Sie sah Tom an, der wie erstarrt wirkte, seinem Sohn so nahe zu sein, betroffen von der Leidenschaft in den Augen und der Stimme des jungen Mannes. Doch plötzlich trat Tom einen Schritt vor.
    »Wir sind deine Eltern.«
    »Nein«, sagte Seamus. Und dann fügte er hitzig hinzu: »Ich habe Sie hier neulich mit den Kellys gesehen. Das sind wichtige Leute, Rechtsanwälte, sie residieren am Merrion Square.«
    »Meine Cousins«, erklärte Tom. »Ich heiße Tom Kelly. Ich bin dein Vater, Seamus.«
    Bernies Augen füllten sich mit Tränen, als sie die Worte aus Toms Mund hörte. Seamus blickte ihn fassungslos an und schüttelte heftig den Kopf.
    »Nein. Ich glaube Ihnen nicht.«
    »Und das ist deine Mutter, Bernadette Sullivan. Schau sie an, Seamus … Die Ähnlichkeit ist unverkennbar.«
    Der junge Mann wandte sich ihr zu, und sie schmolz dahin unter seinem Blick, jede Handbreit ihres Schutzpanzers fiel von ihr ab. Haare und Haut hatte er von ihr, die Augen von Tom, und sie sah, dass er die Übereinstimmungen wahrnahm. Er musterte sie, jede Einzelheit und jeden Gesichtszug, dann sah er Tom an.
    »Meine Eltern?« Er rang sich jedes Wort mühsam ab. »Ist das wahr?«
    »Ja, Seamus«, antwortete sie.
    »Ihr seid zusammen? Dreiundzwanzig Jahre, und ihr seid noch zusammen?«
    »Nicht ganz«, sagte Bernadette. »Es ist kompliziert … Wir würden gerne mit dir darüber reden.«
    »Für mich ist es keineswegs kompliziert«, entgegnete Seamus schneidend und mit brennenden Augen. »Es ist sogar verdammt einfach. Ich habe keinerlei Interesse, mehr darüber zu erfahren. Ich will nichts mit euch zu tun haben.«
    »Seamus.« Tom streckte die Hand aus und ergriff seinen Arm. Doch Seamus fuhr herum und versetzte Tom einen Faustschlag aufs Handgelenk.
    »Haut ab, lasst mich in Ruhe! Ich schwöre bei Gott, ich will nur eines – in Ruhe gelassen werden. Andere Kinder in St. Augustine’s haben davon geträumt, dass ihre Eltern auftauchen, haben dem Augenblick entgegengefiebert. Ich nicht. Das interessiert mich nicht, ihr interessiert mich nicht …«
    »Bitte.« Bernie stand reglos da, von Kopf bis Fuß

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