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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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einem solchen Maß von der Liebe zu Seamus erfüllt, dass sie ihre Gelübde überdenken würde.
    Als er die Stufen zu ihrem Apartment hinaufstieg, hörte er, wie sie die Tür öffnete. Sie stand auf der Schwelle und wartete auf ihn, als er den Treppenabsatz erreichte. Sie trug Jeans und ein weiches grau-grünes T-Shirt, das einen wunderbaren Kontrast zu ihrem Haar und ihrer hellen Haut bildete.
    »Hast du geschlafen?«, fragte er, als er vor ihr stand.
    »Nicht wirklich. Und du?«
    »Ich auch nicht.«
    Sie standen wie angewurzelt da. Sie blickte ihn an, und er kämpfte gegen das Verlangen an, sie zu berühren, sie in die Arme zu schließen. Das hatte er sich die ganze Nacht gewünscht. Nach allem, was geschehen war, fühlte er sich ihr näher als je zuvor.
    »Was jetzt?«, fragte sie nach ein paar Minuten.
    »Wir werden versuchen, noch einmal mit ihm zu reden.«
    »Sollen wir wieder zum Hotel fahren? Ich möchte ihn nicht vor seinen Kollegen aus der Fassung bringen.«
    »Wohin sonst? Wir wissen doch nicht, wo er wohnt.«
    »Du hast recht.«
    Sie blickten sich an, und es fiel Tom zunehmend schwer, sich zu beherrschen. Sie war wunderschön. Sie in normaler Kleidung vor sich zu sehen, war, als würde sich ein Schalter in seinem Inneren umlegen. Er hatte sich jahrelang mustergültig verhalten, wenn er ihr Tag für Tag begegnete, mit ihrem schwarzen Habit, dem Schleier und dem Rosenkranz, der von ihrem Gürtel herabhing und ihn daran erinnerte, dass sie ihr Leben Gott geweiht hatte und für ihn unerreichbar war.
    »Wir könnten im Hotel anrufen und uns nach seiner Telefonnummer erkundigen«, sagte sie.
    »Die dürfen sie uns von Rechts wegen nicht geben. Ich könnte Sixtus oder Niall bitten, einen Ermittler einzuschalten.«
    »Ermittler?«
    Tom nickte. »Anwälte nehmen ihre Dienste häufig in Anspruch, um Recherchen durchzuführen.«
    »Wir ziehen doch nicht etwa in Erwägung, deine Cousins einzuweihen, oder?«
    »Ich möchte, dass sie es erfahren, Bernie. Das wollte ich von Anfang an.«
    »Was erfahren?« Sie runzelte die Stirn.
    »Dass wir einen Sohn haben. Dass wir uns geliebt haben … dass ich dich noch immer liebe.«
    »Tom.« Sie wich zurück.
    Er konnte nicht dagegen an. Er ergriff ihre Hand, sah ihr in die Augen und meinte bis auf den Grund ihrer Seele blicken zu können. Ihre Gefühle lagen blank, strömten aus ihr heraus, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen.
    Obwohl er sie seit Kindesbeinen kannte, war sie immer noch ein Rätsel für ihn. Sie hatte stets einen Großteil ihrer Persönlichkeit verborgen; selbst die Aspekte, die sie offenbarte, waren für ihn zu kompliziert, um sie zu verstehen. Er hatte sich oft gewünscht, sie möge ihm einen Blick oder einen Ausdruck um ihren Mund »übersetzen«, erklären. Doch sie dachte nicht daran – das war der springende Punkt. Bernie blieb für ihn ein Buch mit sieben Siegeln – vielleicht sogar für sich selbst, wie er stark vermutete.
    »Bernadette.« Er nahm ihren Kopf in seine Hände.
    Sie schloss die Augen und schmiegte sich an ihn. Er sah, dass sie mit sich kämpfte. Sie runzelte die Stirn, und ihre Augen bewegten sich hinter den Lidern wie bei jemandem, der einen schlimmen Traum hatte. Er beugte den Kopf und streifte ihre Lippen mit seinem Mund. Sie wich nicht zurück, und ihm war, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten, der im ganzen Körper spürbar war.
    »Ich liebe dich, Tom.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Bernie …«
    Sie versteifte sich, trat einen Schritt zurück. Ihre roten Haare waren zerzaust. Er fragte sich, wie sie die Mähne unter dem Schleier gebändigt hatte. Sein Herz klopfte, und er umklammerte ihre Hand für einige Sekunden, bis sie sich ihm entzog.
    Plötzlich verließ ihn der Mut. Sie hatte schon oft von Liebe gesprochen. Bei den Nonnen herrschte kein Mangel daran, und Bernie war da keine Ausnahme. Die Sache war nur, dass sie nicht den »Nonnenliebe-Ton« angeschlagen hatte wie bei ihren Schülerinnen, Novizinnen und Mitschwestern im Star of the Sea oder bei Toms Hilfskräften. Dieses Mal war der Ton anders, tiefgründiger, schwermütiger.
    »Was versuchst du mir zu sagen, Bernie?«, fragte er.
    »Wir befinden uns in einer Umbruchsituation. Wir haben gerade unseren Sohn gefunden, Tom. Wir sind beide aufgewühlt und auf Vermutungen angewiesen, was seine Gefühle betrifft.«
    »Meine Gefühle kenne ich, ich möchte mit dir zusammen sein. Das wollte ich schon immer, aber jetzt ist mir dieser Wunsch

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