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Eine franzoesische Affaere

Eine franzoesische Affaere

Titel: Eine franzoesische Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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fühlen.
    Manasses
umfasste ihr Kinn mit fester Hand und strich dann mit dem Daumen über ihre
volle Unterlippe, um ihren Mund dann mit einem tiefen beinahe zärtlich
anmutenden Kuss zu verschließen.
„Ich hoffe, du nimmst meine Einladung an, über Nacht zu bleiben, Mina. Ich muss
mich aber zuvor um etwas kümmern.“
    Mina
schwindelte, das hatte beinahe wie eine Entschuldigung geklungen. Wenn sie es
nicht besser wüsste, dann würde sie annehmen, dass er einen Schlag gegen den
Kopf bekommen haben musste. Sie stützte sich auf ihre Ellenbogen auf und sah
ihm dabei zu, wie er sich wieder anzog und seinen Blondschopf mit den Händen
zurecht schob. Und schon war er beinahe wieder der unnahbare Lord. Der hätte
sich allerdings nicht dazu herabgelassen, ihr fürsorglich seinen Mantel um die
Schultern zu legen und dann mühelos vom Tisch auf den Stuhl zurück zu setzen.
    „Sieh mich
nicht so an, Mina. Du kennst mich gut genug, dass ich nicht viele Worte darüber
verlieren werde… Catalina hat mich gestern angerufen…“, gab er schließlich zu
und beugte sich über den Schreibtisch, um ein Bild unter dem verrutschten
Aktenstapel herauszufischen, das ihm wohl vorhin ins Auge gestochen war.
    Mina
beschäftigte sich damit, den Gürtel um ihre Taille festzubinden, damit er ihren
überraschten Gesichtsausdruck nicht sah. Sie wusste schließlich, dass die
Beziehung zwischen den beiden mehr als angespannt war. Cat hatte es sicher
einige Überwindung gekostet, diesen Schritt auf ihren Vater hin zu tun. Mina
lächelte gerührt, weil sie sicher war, dass Cat es geschafft hatte, Manasses
aufzurütteln. Und zwar äußerst gründlich, wie es ihr scheinen wollte. Sie war
aber zu sehr mit ihm vertraut, um ihn darauf anzusprechen. Seine Bitte hatte
Bände gesprochen. Sie war wie er auch kein Freund der großen Worte.
    „Stimmt etwas
nicht?“, fragte sie schließlich, als sie aufblickte und Manasses Gesicht zur
eisigen Maske erstarrt war.
    „Nur eine
Kleinigkeit, um die ich mich sofort kümmern möchte. Isst du mit mir zu Abend,
wenn ich zurück bin, Mina? Du findest alles, was du brauchst in deinem alten
Zimmer. Niemand hat etwas verändert. Ich werde nicht lange brauchen.“
Mit diesen Worten hatte er sich dann auch schon in Luft aufgelöst und ließ eine
vollkommen perplexe Mina Harker zurück.
     
    Frankreich,
Bretagne, Carnac
    Manasses
hatte sich für die spontane Reise in die offizielle Montur geworfen und tauchte
auf dem einsamen, sturmumtosten Stückchen Land auf, das störrisch ins Meer
hineinragte. Die Landschaft in dieser Gegend war ohnehin sehr karg und von den
Steinreihen, Menhiren und Dolmen dominiert, für die Carnac berühmt war.
Aber der Anführer der europäischen Krieger war sicher nicht wegen der örtlichen
Sehenswürdigkeiten gekommen. Sein Ziel war der verwitterte Leuchtturm, der
schon lange keinen Dienst mehr tat und sich in Privatbesitz befand. In seinem Besitz. Er gab nur eine kurze gedankliche Warnung und materialisierte sich dann
im zweitobersten Stockwerk des Gebäudes, wo sich der Wohnraum befand, von dem
man tagsüber und bei gutem Wetter einen phantastischen Ausblick über Land und
Meer hatte.
Eine schmale Gestalt, die lange Hosen, einen dicken Rollkragenpullover mit
Zopfmuster trug und die Haare unter einem bunten Seidentuch verborgen hielt,
beugte sich gerade über einen Holzstapel, um einige der Scheite ins Feuer des
schwarzen Bollerofens zu werfen, der die einzige Lichtquelle war.
    „ Mon Seigneur. “,
begrüßte sie ihn ehrfürchtig und verbeugte sich vor ihrem Besuch, wie es sein
Rang verlangte.
„Sie überraschen mich mit Ihrem Besuch. Ich hätte sonst die entsprechenden
Vorbereitungen getroffen.“, sprach die jung und zerbrechlich aussehende Frau
ihn an und wies mit einer grazilen Geste ihrer zierlichen Hand auf eine
gemütliche Sitzgruppe. Sie war nervös, da er sie noch nie hier in ihrer
Zuflucht aufgesucht hatte. Sie trafen entweder in London oder Paris
aufeinander.
    „Guten Abend, Honora Nuntia.* Sie können mir glauben, dass ich kaum gekommen wäre,
wenn es sich nicht um eine dringende Angelegenheit handeln würde… Aber zuvor
würde ich gerne bestätigt wissen, dass Ihr damaliger Bericht über den Verlust
des Skarabäus noch Gültigkeit hat?“
(*Lat. Honora Nuntia = Ehrenwerte Botschafterin, diplomatischer Titel der
Immaculate)
Manasses drehte sich von ihr weg und ließ den Umhang lässig von den Schultern
gleiten, um es sich dann auf dem Sofa bequem zu machen, das er mit seiner

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