Eine franzoesische Affaere
keinen Zweifel an der
Schwangerschaft geben konnte, die eigentlich doch unmöglich war. Sie war immer
noch ein Mensch. Und ihr Vater in jedem Fall auch, immerhin hatte sie
Totenwache bei ihm gehalten und ihn zu Grabe getragen.
Mit großen Augen sah sie sich in dem Raum um und begegnete den verschiedensten
Augenpaaren, die alle mehr oder weniger fassungslos auf sie gerichtet waren,
wobei sie Malcolm nicht direkt ansah und sich dann erneut aus dem Stuhl erhob.
Diesmal blieb sie auf den immer noch schwachen Knien stehen.
„Es tut mir
so leid… Ich wollte niemals einen solchen Eklat heraufbeschwören. Ich begreife
nicht, was mit mir geschieht. Trotz deiner Erklärung, Fiona… Ich danke dir für
deine Unterstützung und die wirklich feurige Rede. So ist noch nie jemand für
mich eingetreten… außer deinem Bruder.“, setzte Sid leise hinzu, ohne ihn dabei
anzusehen.
„Entschuldigt mich bitte, ich muss… dringend raus… an die frische Luft.“
Sid eilte an die Terrassentüren, die nach draußen in den Garten führen würden,
doch sie scheiterte an dem Öffnungsmechanismus, weil ihre Hände zu sehr
zitterten. Schließlich lehnte sie sich kraftlos mit der Stirn gegen den Rahmen
und kämpfte mit den Tränen.
Sie bekam ein Baby von dem Mann, den sie über alles liebte und die Vorstellung
erfüllte sie mit Grauen. Selbst irgendwann aus Malcolms unsterblichen Leben
verschwinden zu müssen, wäre schon schlimm genug, aber ein Kind in diese Sache
mit hineinzuziehen? Wie sollte sie das verantworten?
Für ihn hätte sie vielleicht sogar eines Tages die Sonne zurückgelassen, aber
das konnte sie kaum einem Kind zumuten.
Was dachte er nun von ihr? Fühlte er sich betrogen, dass ihr Körper sich
geweigert hatte, seinen Naturgesetzen zu folgen? Er hätte sie niemals
angefasst, wenn er das gewusst hätte, oder nicht? Würde er sie nun deswegen
verstoßen?
Sid spürte, dass er näher und näher kam und versteifte sich, als er hinter ihr
stehen blieb und sie die Wärme spürte, die sein Körper ausstrahlte. Seine
Präsenz schien sie von Kopf bis Fuß einzuhüllen und sie schloss einen Moment
die Augen, um die heftigen Gefühle in ihrem Inneren, die er durch seine bloße
Anwesenheit in einem Raum mit ihr auslöste, irgendwie erträglicher zu machen.
Wie sollte sie das überleben, wenn sie nicht mehr bei ihm sein konnte? Langsam
drehte sie sich zu ihm um und hob schließlich den leicht gehetzten Blick zu ihm
an, wobei sie sich noch schwer mit dem Rücken gegen die gläserne Tür lehnte.
Das mit ihm Erlebte schien wie im Zeitraffer vor ihren Augen vorüber zu ziehen,
bis sie an den Anfang gelangte. Der Nachmittag vor dem Diner, als sie ihn
einfach hatte ansprechen müssen.
„ Le scarabée …
An dem Tag, als wir uns kennen lernten… Er war es, der mir die Hand verbrannt
hat. Die Flügel sind sonst immer von einem bunt schimmernden Weiß, aber sie
haben die Farbe gewechselt und wurden blutrot und heiß wie Feuer, nachdem ich
mit dir gesprochen hatte. Ich umfasste ihn ganz in Gedanken und er brannte sich
in meine Handfläche… Dasselbe passierte noch mal in der Nacht, als du mich im
Diner besucht hast… Ich wollte es nicht glauben. Es ist doch bloß ein
Schmuckstück… Und dann an dem Abend, als ich dort draußen auf dem Platz vor ML
Enterprises saß, ohne es zu wissen… Bevor Du mich gewarnt hast, verfärbten sich
die Steine giftgrün, als wollten sie mich vor dem anstehenden Angriff der
Ratten warnen. Und dieser Geheimmechanismus, der sich mir in diesem Traum
erschlossen hat, der eigentlich keiner war? Juno trug sie vor mir… Und der
Brief, den ich in Vaters Nachlass gefunden habe… Ich wäre in Paris nicht
mehr sicher… Die Nacht wäre mein Feind … Oh, Malcolm, wie sollte ich ahnen,
dass es etwas mit den Immaculés zu tun hat?“
Sids rechte Hand legte sich völlig unbewusst über ihren Unterleib, wo nichts zu
spüren war. Ihr Bauch war flach wie immer und es könnte immer noch alles nur
Einbildung sein.
“ Nîer,
narnalirre! Nîer! Eele di nalleai enfesdirrar*! ”, flüsterte Malcolm
eindringlich in der alten Sprache und streckte langsam und bedächtig eine Hand
nach Sidonie aus, die vollkommen verängstigt zu ihm aufsah, als fürchtete sie
ernsthaft seinen Zorn oder Schlimmeres.
(*Weine nicht. Weine nicht, Liebste mein. Ich bleibe bei dir bis ans Ende der
Welt.)
Hinter ihm sog seine Mutter scharf die Luft ein, doch er ließ sich davon nicht
aus der Ruhe bringen, die er auf Sidonie zu übertragen suchte. Als sie vor
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