Eine franzoesische Affaere
Juno?“, fragte er gepresst und wandte sich dann wortlos ab, als
sie zur Antwort nur kurz mit einem hochmütigen Ausdruck in ihrem makellos
schönen Gesicht nickte. Er war nach draußen gestürmt, hatte sein Jackett vom
Haken der Garderobe gerissen und hatte dann die Tür hinter sich zugeknallt.
Voller Wut war er durch die dunklen Straßen gelaufen und hatte die Ringbox in
seiner Hand mit festem Griff umschlossen.
Mit all der glühenden Leidenschaft, mit der er Juno geliebt hatte, zwang er
sich, sie nach dieser demütigenden Abfuhr zu hassen. Schließlich blieb er am
Straßenrand neben einer schmutzigen Mülltonne stehen, wo er den Ring samt Box
hineinwarf, weil er ihn nicht länger in Händen halten wollte.
Er hätte sich niemals auf sie einlassen dürfen, er hätte auf seine innere
Stimme hören sollen… Bertrand spuckte verächtlich auf den Haufen Müll, zog das
Revers seines Sakkos hoch und stapfte mit düsterer Miene durch die Straßen
Manhattans, wobei vor seinem inneren Auge Bilder davon aufstiegen, wie Juno
sich gerade auf einer Party ein neues Opfer suchte, das ihren
Verführungskünsten wie ein hirnloser Idiot verfallen würde.
Weit
gefehlt … Juno saß immer noch auf ihrem Platz und weinte bittere Tränen. Sie
hatte genau gewusst, was sie sagen musste, um seinen Stolz so sehr zu
verletzen, dass er niemals wieder ein Wort an sie richten würde. Ihre Hand
umklammerte den goldenen Skarabäus, den sie um den Hals trug, bis die Kette
unter der Spannung riss und der Käfer mit einem leisen Poltern über den
Parkettboden kullerte, wo er immer wieder die Flammen der Kerzen auf dem Tisch
mit den Flügeln auffing, die in allen Regenbogenfarben aufblitzten, bis sie er
liegen blieb und einen leichten orangenen Schimmer annahm.
Juno schlug die Hände vor das Gesicht, um dem Bild zu entgehen und brach
schließlich weinend auf der Tischplatte zusammen, die früher am Abend so
liebevoll von Bertrand gedeckt worden war. Er hatte ihr seinen Antrag noch vor
Auftragen der Vorspeise gemacht, weil er es nicht mehr ausgehalten hatte. Ihr
wollte das Herz brechen. Sie wünschte sich, sie hätte ihn früher kennengelernt.
Sehr viel früher.
Paris, ein
paar Monate später
„ Ouvre la
porte, Bertrand! Je sais que tu es là! “
(Öffne die Tür, Bertrand! Ich weiß, dass du da bist!)
Die Stimme der Frau in dem schwarzen Mantel und dem Kopftuch, das ihre Haare
vollkommen bedeckte, klang durchdringend durch das dunkle Treppenhaus, während
sie mit der linken Faust gegen die Tür donnerte. Mit erstaunlicher Kraft, so
dass das Holz des Türblattes leicht in den Angeln vibrierte.
Ganz plötzlich sank sie mit der Stirn gegen die Tür und legte die Hand flach
auf das warme Holz. Man hörte ihre schweren Atemzüge und dann ein leises „Nicht
weinen!“. Sie wich gerade noch rechtzeitig zurück, als die Tür schließlich
geöffnet wurde.
„Juno!“,
stieß der junge Mann ungläubig aus und starrte sie an, als würde er einen Geist
sehen. Sein Blick klebte förmlich auf ihrem Gesicht, das unerwartet verhärmt
aussah. Schatten unter den Augen und eingefallene Wangen wollten einfach nicht
zu der Frau passen, die er vor etwa acht Monaten zum letzten Mal gesehen hatte.
Nicht, dass es ihrem Liebreiz einen Abbruch tat.
„Willst du
mich nicht rein bitten?“, fragte sie leise, ohne seinen Blick zu suchen.
Seine Hand auf der Türklinke zitterte, bevor er einen Schritt zur Seite machte.
Die junge Frau huschte mit gesenktem Kopf an ihm vorbei und blieb im dunklen
Flur stehen, nachdem ihr Gastgeber die Tür wieder ins Schloss gedrückt hatte.
Bertrand war wie vor den Kopf geschlagen. Es kam ihm vor, als hätte er sie erst
in den letzten Sekunden überwunden, so innerlich wund und aufgerissen fühlte er
sich plötzlich wieder.
„Ich gehe in
die Küche und brühe uns Kaffee auf.“, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme,
wobei er versuchte, ihr keine weitere Beachtung zu schenken. Der kurze Blick in
ihr blasses Gesicht hatte ihm vollkommen ausgereicht. Er wollte nicht wieder
durch diese Hölle gehen müssen. Es würde niemals eine andere Frau für ihn
geben. Niemals, jamais!
„Ich… dürfte
ich kurz dein Bad benutzen?“
Ihre Stimme umwehte ihn trotz der gemurmelten Worte wie der Hauch einer
wunderbaren Erinnerung, so dass sein Herz einen schmerzvollen Satz machte.
„Den Gang
runter, die letzte Tür links!“
Bertrand
lief, ohne sich zu ihr umzudrehen, in seine kleine aber heimelige Küche, in der
es nach Kräutern und dem
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