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Eine franzoesische Affaere

Eine franzoesische Affaere

Titel: Eine franzoesische Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Écoute
bébé! Ich werde immer bei dir sein. Egal, was passiert. Das kann ich dir
versprechen. Ich kann nicht glauben, dass sie dich einfach ohne Grund bei mir
gelassen hat. Vielleicht ist sie sehr krank? Wir werden ihr ein Zeichen setzen…
Ich werde dich Sidonie taufen lassen. Sidonie St. Pierre! Wir werden hier auf
sie warten. Nous deux! Hein*? “
(*Wir zwei, ja?)
    Bertrand
streichelte mit der Kuppe seines Zeigefinders über die samtweiche Wange seiner
Tochter, die sich in seinen Armen beruhigt hatte. Als praktisch veranlagter
Mann überlegte er schon, wie er sein Kind versorgen sollte, wo er doch keinen
blassen Schimmer davon hatte. Aber er würde einen Weg finden, sich gut um die
Kleine zu kümmern, bis ihre Mutter wieder zur Besinnung kam.
    Juno kam
aber nie mehr wieder… Und Bertrand hatte nie gewagt, seiner Tochter die
Wahrheit zu sagen. Er mochte nach außen hin als ein grimmiger Mann bekannt sein
und erhob gerne seine Stimme, wenn ihn die Wut packte, doch seine Tochter
schaffte es meist, ihn sehr schnell zu besänftigen. Sie war sein kleiner
Sonnenschein, den er von ganzem Herzen liebte.
     
     

10. Es werde Licht
     
    Sonntag,
21.Oktober; Brooklyn, Flatlands, abends
    Von außen war
die baufällige Villa aus der Kolonialzeit mit dicken Brettern verrammelt und
bröckelte an allen Ecken und Enden. Sie stand ziemlich trostlos in der Nähe eines
verfallenen Friedhofes, auf dem man hauptsächlich Kranke und Selbstmörder
beerdigt hatte, die noch nie jemand vermisst oder besucht hatte. In dem
Wäldchen zwischen Gebäude und Friedhof sangen schon lange keine Vögel mehr,
doch niemand in der nahe gelegenen kleinen Gemeinde kümmerte sich um die Villa,
die den Ruf hatte, verflucht zu sein. Nicht einmal Teenager trauten sich in
ihre Nähe, nachdem in den späten Achtzigern einige angetrunkene Reisende
verschwunden waren, die in ortsansässigen Bars damit angegeben hatten, den Ruf
des Geisterhauses einmal testen zu wollen und die man danach nie wieder gesehen
hatte. Natürlich sagten sich die Anwohner, dass sie einfach nach Hause gefahren
waren, nachdem sie die Nacht in dem verfallenen Haus nicht als besonders
gemütlich erachtet hatten. Keiner von ihnen fühlte sich bemüßigt, nach den
Fremden zu suchen, sie waren schließlich nur ein paar vorlaute Neugierige
gewesen.
Niemand bemerkte die schmale Gestalt, die sich zwischen eine Lücke im
baufälligen Bretterzaun durch zwängte und dann über den zertretenen Rasen zur
Rückseite des Hauses huschte, wobei sie ihren Kopf ruckartig hin und her zucken
ließ, als wäre sie ein ängstlicher Vogel, der sich davor fürchtete, aus den
dunklen Schatten der wild wachsenden Büsche um sie herum angegriffen zu werden.
Aus der Nähe betrachtet sah sie vollkommen harmlos aus. Mausbraune Haare, die
von grauen Strähnen durchwirkt und in einem nachlässigen Knoten im schmalen
Nacken zusammengefasst waren. Eine Brille mit goldenem Rand, die ein wenig
schief auf der Nase saß. Ein schmales Gesicht, das an ein Nagetier erinnerte,
weil ihre Augen zwar durch die Gläser vergrößert wurden aber dennoch knopfartig
wirkten. Sie sah von Kopf bis Fuß aus wie die schüchterne Bibliothekarin, die
sie früher gewesen war.
    „ El Señor
me espera*! “, wisperte sie mit eifriger Stimme, als auf ihr Klopfen gegen
eine ebenfalls verrammelte Tür mit Eisenbeschlägen ein Guckloch geöffnet wurde.
(*Der Herr erwartet mich)
    Mit
quietschenden Angeln wurde eine Tür in der Tür geöffnet, die Frau am dünnen Arm
gepackt und in das düstere Haus gezogen, doch sie machte keinen Piep, man hörte
sie nur erwartungsvoll atmen, während sie durch das Erdgeschoss gezerrt wurde,
dann eine Treppe hinunter, die in den bewohnten Teil des Hauses führte. Sie
hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als sie oben auf tierische Überreste
getreten war, an denen noch Hautfetzen und Fell hafteten, als hätte ein
Raubtier sie eben noch erlegt und gerade verspeist.
Es fiel ihr schwer, auf den glatten, ausgetretenen Stufen Halt zu finden, da
ihre Füße in nagelneuen Pumps mit einem hohen Absatz steckten, die für sie
absolut ungewohnt waren, weil sie sonst nur praktisches Schuhwerk trug. Die
knochigen Beine hatte sie in glänzende Strumpfhosen gesteckt und ihr bestes
Kostüm angezogen, weil sie noch keine Zeit gehabt hatte, sich etwas Aufregenderes
zu besorgen. Schließlich hatte sie eine wichtige Aufgabe zu erledigen, bei der
sie sich keine Fehler leisten durfte.
Ihre schmalen Lippen glänzten von grellrotem

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